Extremismus:„Knockout 51“-Verfahren geht weiter: Video thematisiert

Lesezeit: 2 min

Der Eingang des Justizzentrums Jena mit dem Oberlandesgericht. (Foto: Bodo Schackow/dpa/Archivbild)

Vor dem Oberlandesgericht in Jena läuft ein Staatsschutzverfahren gegen vier Männer, die Mitglieder einer rechtsextremen Kampfsportgruppe gewesen sein sollen. Ein Verteidiger hatte beantragt, dass der Prozess beendet wird. Doch er geht weiter.

Direkt aus dem dpa-Newskanal

Jena (dpa/th) - Entgegen dem Antrag der Verteidigung geht der Prozess gegen vier mutmaßliche Mitglieder der rechtsextremen Gruppe „Knockout 51“ vor dem Thüringer Oberlandesgericht in Jena weiter. Der Staatsschutzsenat des Gerichts lehnte am Montag eine Einstellung des Verfahrens ab. Es sei nicht erkennbar, dass die Rechte eines Angeklagten in der Vergangenheit so stark verletzt worden seien, dass der Mann kein faires Verfahren erwarten könne, sagte der Vorsitzende Richter. Die Beweise, auf denen die Anklage gegen die Männer fuße, seien erlangt worden, ohne dass rechtsstaatliche Prinzipien verletzt worden seien.

In dem Verfahren wirft der Generalbundesanwalt vier Thüringer Rechtsextremisten im Alter zwischen 21 und 25 Jahren vor, schwerste Straftaten vorbereitet zu haben. Nach den Ermittlungen waren alle Männer Mitglieder der in Eisenach angesiedelten, rechtsextremen Kampfsportgruppe „Knockout 51“. Die Gruppe soll spätestens ab April 2021 auf Körperverletzungen und die Tötung von Angreifern aus dem linksextremen Lager ausgerichtet gewesen sein, wie der Vertreter des Generalbundesanwalts bei der Verlesung der Anklage gesagt hatte.

Der Verteidiger des Hauptangeklagten hatte vor wenigen Tagen das Ende des Verfahrens gegen seinen Mandanten gefordert. Der Generalbundesanwalt habe das Recht des 25-Jährigen auf ein faires Verfahren verletzt. Der Verteidiger argumentierte, sein Mandant sei gezwungen worden, im vor wenigen Monaten beendeten Prozess gegen die Linksextremistin Lina E. vor dem Oberlandesgericht Dresden auszusagen. Dabei sei dem Mann sein ihm eigentlich zustehendes Aussageverweigerungsrecht vorenthalten worden.

Die von ihm dann während dieses Prozesses zu „Knockout 51“ gemachten Angaben hätten schließlich zur Anklage des Generalbundesanwalts gegen ihn beigetragen. Der Staatsschutzsenat wies diese Einschätzung zurück.

Erstmals in dem Verfahren wurden am Montag auch Zeugen vernommen. Einer von ihnen hatte im Februar 2022 eine Party veranstaltet, auf der einer der Angeklagten gemeinsam mit anderen aufgetaucht sei und einen Polizeibeamten geschlagen haben soll, der privat auf dieser Feier war.

Vor Gericht gab der 18-Jährige zunächst an, er könne sich an viele Dinge des Abends nicht mehr erinnern. Erst auf Drängen des Gerichts und des Vertreters des Generalbundesanwalts räumte er ein, dass er zum Beispiel gesehen habe, wie sich einer der mutmaßlichen Angreifer einen Mundschutz vor die Zähne geschoben habe, ehe es zu dem Übergriff kam.

Nachdem der Zeuge zunächst gesagt hatte, er habe nach dem Auftauchen des Angeklagten und seiner Begleiter „so ein neutrales Gefühl“ gehabt, räumte er später ein, dass er deswegen „Angst und Panik“ verspürt habe. Viele Dinge des Abends habe er verdrängt, sagte er. Ein 21-jähriger Zeuge äußerte sich ähnlich. Er gab zudem an, ihm seien Konsequenzen für den Fall angekündigt worden, sollte er bei der Polizei aussagen.

Die Verhandlung wird am Donnerstag fortgesetzt. Dann soll nach Gerichtsangaben auch ein Video im Saal gezeigt werden, in dem der Vorsitzende Richter verhöhnt und beleidigt wird. Das Video war vor kurzem in rechtsextremen Kreisen aufgetaucht. Sowohl die Verteidiger als auch der Vertreter des Generalbundesanwalts erklärten, sie hätten erst durch die Medienberichterstattung aus den vergangenen Tagen von diesem Video erfahren. Sie würden es nicht kennen. Da das Video möglicherweise verfahrensrelevant sei, wollten sie es aber sehen.

Das Video, das der dpa vorliegt, war kurz nach dem Ende des ersten Verhandlungstags in diesem Verfahren im Internet aufgetaucht. Es zeigt ein Standbild, auf dem mehrere Rechtsextreme hinter einem Eingangsschild posieren, das direkt vor dem Gerichtsgebäude des Justizzentrums Jena steht. In diesem Gebäudekomplex hat auch das Oberlandesgericht seinen Sitz. In der Musik, mit der das Bild unterlegt ist, wird der Richter mit unflätigen Worten beschimpft.

© dpa-infocom, dpa:230918-99-237734/3

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: