Syrien und Türkei:UN: Suche nach Überlebenden wird langsam eingestellt

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Die ohnehin vom Bürgerkrieg gezeichnete Provinz Aleppo wurde auch vom Erdbeben schwer getroffen, wie auf dieser Aufnahme vom 10. Februar zu sehen ist. (Foto: RAMI AL SAYED/AFP)

Jetzt gehe es unter anderem um die Schaffung von Unterkünften, sagt der Nothilfekoordinator der Vereinten Nationen, Martin Griffiths. Vor allem in Syrien gestaltet sich die Versorgung mit Hilfsgütern weiter schwierig.

Die Einsätze zur Rettung von Erdbebenopfern in Syrien und der Türkei gehen nach Worten von UN-Nothilfekoordinator Martin Griffiths langsam ihrem Ende entgegen. "Die Rettungsphase, bei der Menschen lebend aus den Trümmern gezogen und bei der unter Trümmern Verstorbene gefunden werden, neigt sich dem Ende", sagte Griffiths während eines Besuchs im syrischen Aleppo am Montag. Jetzt beginne die humanitäre Phase, um Betroffene mit Unterkünften, "psychosozial" sowie mit Lebensmitteln, Schulunterricht und "einem Sinn für die Zukunft" zu versorgen.

Während seines Besuchs traf Griffiths auch Syriens Präsident Baschar al-Assad. Dessen Regierung kontrolliert mit Verbündeten etwa zwei Drittel des zersplitterten Bürgerkriegslandes. Assad habe betont, dass Hilfsgüter alle Teile Syriens erreichen müssten, darunter auch die "besetzten und die unter Kontrolle bewaffneter terroristischer Gruppen", berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Sana. Die Zersplitterung des Landes, in dem 2011 ein Bürgerkrieg ausbrach, erschwert die Arbeit der Vereinten Nationen und Hilfsorganisationen nach der Katastrophe mit mindestens 37 500 Toten in der Türkei und Syrien.

Zur Verbesserung der humanitären Hilfe will Assad nun zwei weitere Grenzübergänge in die Türkei öffnen. Bab Al-Salam und Al Ra'ee sollten für drei Monate geöffnet werden, berichtete Griffiths dem UN-Sicherheitsrat mehreren Diplomaten zufolge.

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Allein die Türkei meldet inzwischen mehr als 35 000 Opfer. Obwohl seit dem katastrophalen Erdbeben schon mehr als sieben Tage vergangen sind, werden noch Menschen gerettet.

UN-Hilfen in Gebiete im Nordwesten, die nicht von der Regierung kontrolliert werden, kommen derzeit nur über einen Grenzübergang zur Türkei zu den Opfern. Eine geplante Lieferung aus Regierungsgebieten in die Provinz Idlib wurde laut Aktivisten von der Miliz HTS blockiert, die das Gebiet dominiert.

Am Montag trafen 75 Lastwagen mit Hilfsgütern aus den autonomen Kurdengebieten in den Rebellengebieten ein. Sie sollten der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte zufolge in Idlib, Afrin und Dschindiris verteilt werden. Am meisten benötigten die Menschen dort Zelte, weil sie durch die Katastrophe ihre Häuser verloren und nun draußen im kalten Winterwetter ausharrten.

Ein Konvoi des Kurdischen Roten Halbmonds mit Zelten, Matratzen, Babynahrung und Arzneimitteln wartete unterdessen weiter auf Genehmigung der syrischen Regierung zur Durchfahrt nach Aleppo. Das Assad-Regime will humanitäre Hilfe komplett durch die von ihm kontrollierten Gebiete fließen lassen.

Verbündete Staaten wie Russland, China und Iran sowie regionale arabische Nachbarn hatten an die Regierung Assads, der im Westen politisch stark isoliert ist, Hilfen geschickt. Viele Länder sehen von einer direkten Zusammenarbeit weiterhin ab, weil sie unter anderem Korruption fürchten. Es gab immer wieder Berichte, dass die Regierung sich an Hilfsgütern bereichert oder dass die Waren auf dem Schwarzmarkt landen. Griffiths hatte zuvor Versäumnisse der Vereinten Nationen bei der Hilfe für die syrischen Erdbeben-Opfer eingeräumt. Aktivisten und Retter in den Rebellengebieten hatten in den vergangenen Tagen mangelnde Hilfe der UN beklagt.

Unterdessen sind mehrere Such- und Rettungsteams aus Deutschland nach tagelangem Einsatz in der Türkei in die Heimat zurückgekehrt. Am Flughafen Köln/Bonn landete am Montagabend ein Flugzeug mit fast 100 Einsatzkräften an Bord. Dabei handelt es sich um ein 50-köpfiges Team des Technischen Hilfswerks (THW) sowie ein 42-köpfiges Team der NRW beheimateten Hilfsorganisationen I.S.A.R. Germany und BRH Bundesverband Rettungshunde.

Die Helfer aus NRW waren seit vergangenem Dienstag mit sieben Hunden im Einsatz. In Kirikhan retteten sie vier Menschen lebend aus den Trümmern, wie die beiden Organisationen am Montag mitteilten. Darunter war eine 40-jährige Frau, die in einer rund 50 Stunden dauernden Rettungsaktion aus einem eingestürzten Gebäude befreit wurde. Sie starb in der darauffolgenden Nacht im Krankenhaus. "Dieses Beispiel zeigt die Tragik dieser Katastrophe", sagte Einsatzleiter Steven Bayer in einer Mitteilung.

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