Frankreich:Rocky Macron

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Stolzer Hahn oder bereit für den nächsten Kampf? Emmanuel Macron inszeniert sich fotografisch als Boxer. (Foto: Soazig de la Moissonnière / Présidence de la République)

Die Zähne gebleckt, die Fäuste geballt, der Bizeps gespannt, dass die Adern hervortreten: Frankreich ist halb belustigt, halb befremdet über das neueste Foto seines Präsidenten. Wem sagt Emmanuel Macron den Kampf an?

Von Oliver Meiler, Paris

Die Macht der Bilder, mit diesen Muskeln dann noch! Die Franzosen sind halb belustigt und halb befremdet über ein Foto, das ihren Präsidenten beim Boxtraining zeigt. Mit ziemlich entschlossener Miene und sehr eindrucksvollem Bizeps drischt Emmanuel Macron auf einen Boxsack ein. Es gibt schon Spekulationen darüber, wem diese Schläge eigentlich gelten könnten, aber dazu später.

Man wusste ja, dass Macron boxt, schon lange. Seine Frau sagte neulich, er trainiere zweimal in der Woche. Aber reichen zweimal pro Woche für einen solchen Bizeps? Oder wurde da vielleicht ein bisschen nachgeholfen bei der Bearbeitung des Fotos, die dralle Ader vielleicht etwas betont? Nun, so viel ist klar: Das Bild ist nicht das Werk künstlicher Intelligenz. Man muss nicht lange hinschauen, um sich der Echtheit zu versichern, es ist also kein Witz aus der so plötzlich herübergewehten Zukunft.

Aufgenommen hat es Soazig de La Moissonnière, Macrons Hoffotografin, 42 Jahre alt. Und damit auch alle Zweifel ausgeräumt sind: Sie hat das Foto auf ihrem eigenen Account bei Instagram gepostet. Soazig de La Moissonnière begleitet den Präsidenten schon seit vielen Jahren und hält ihn in Schwarz-Weiß-Fotos fest - eine Sammlung, die die Amtszeit des Präsidenten dann einmal unbedingt überleben soll. Tolle Fotos, sehr ästhetisch. Kritiker sagen, sie seien überästhetisiert, die starken Kontraste dramatisierten und heroisierten das präsidiale Sujet in allen seinen Auftritten.

Die sozialen Medien sind voll mit Persiflagen von "Rocky Macron", mit mehr oder weniger witzigen Memes und Fotomontagen, und das war auch nicht anders zu erwarten gewesen. Vor Kurzem zeigte Carla Bruni der Welt ein Foto ihres Gatten Nicolas Sarkozy, 69 Jahre alt, Amtsvorvorgänger von Macron, auf dem der seinen linken Oberarmmuskel spannt, als hinge davon das Schicksal der Republik ab, und erntete dafür viel Spott. Aber "Sarko" war gestern.

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Die etwas ernsthaftere Analyse von Macrons Pose wird jetzt von Experten der politischen Kommunikation präsentiert. Mag die Nummer dem Laien auch als infantil erscheinen: Das Foto des boxenden Präsidenten, von diesem ganz bestimmt vorab genehmigt, passt nun mal gut zu ähnlich machohaft inszenierten Aufnahmen von Wladimir Putin, der Nemesis des Westens. Man hat den russischen Präsidenten schon als Judoka gesehen, der seine Gegner verdächtig leicht auf den Rücken legt, als Eishockeyspieler, als Reiter mit nacktem Oberkörper. Seit einigen Wochen macht es den Anschein, als wollte es der Franzose mit seiner wortreichen Kursverschärfung zum Krieg in der Ukraine auch persönlich mit Putin aufnehmen, gewissermaßen im Nahkampf.

Russlands Präsident Putin sitzt leicht bekleidet fest im Sattel. (Foto: Alexsey Druginyn/AFP)

Die Meinungen über Macrons Boxnummer gehen weit auseinander. Auf France Info zum Beispiel, einem öffentlichen Radiosender, stritten sich zwei Kommunikationsexperten darüber, ob der Präsident da nur mal wieder "primären Virilität" zur Schau stelle oder ob er viel mehr die Lust der Franzosen nach dem "Coq" verkörpere, dem stolzen Hahn, bereit zum Kampf. Die Exegese hat erst begonnen - und man wünscht sich schon, dass das Bild ein Witz aus der so plötzlich herbeigewehten Zukunft wäre.

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