Urteil:Elysium-Prozess endet mit langen Haftstrafen für Plattform-Betreiber

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So sah der Login der inzwischen vom Netz genommenen Elysium-Seite aus, auf der etwa 80 000 aktive Nutzer kinderpornografisches Material tauschten. (Foto: dpa)
  • Im Prozess um die weltweit operierende Kinderpornoplattform "Elysium" sind die vier Angeklagten zu langen Haftstrafen verurteilt worden.
  • "Elysium" war die erste von Deutschen betriebene Plattform zum Tausch von Kinderpornografie, die jemals aufflog - und eine der größten weltweit.

Aus dem Gericht von Jan Willmroth

Das Landgericht Limburg hat am Donnerstag vier Deutsche für den Betrieb der Kinderpornoplattform "Elysium" zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Die Männer im Alter von 41 bis 63 Jahren wurden wegen Besitzes und bandenmäßiger Verbreitung von Kinderpornografie schuldig gesprochen. Ein Angeklagter wurde zusätzlich wegen schweren Kindesmissbrauchs verurteilt.

Nach Überzeugung der Strafkammer hatten die vier Männer gemeinsam Elysium betrieben. Die Darknet-Plattform war zwischen Dezember 2016 und Juni 2017 online. Es war die erste von Deutschen betriebene Plattform zum Tausch von Kinderpornografie, die jemals aufflog - und eine der größten weltweit.

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Mit dem Urteil ging die Strafkammer größtenteils über die von der Staatsanwaltschaft geforderten Strafmaße hinaus. Der 41-jährige Frank M. aus Limburg, in dessen ehemaliger Autowerkstatt die Ermittler den Server fanden, muss nach dem Urteil für acht Jahre in Haft. Der Schwabe Joachim P., 59, der die Webseite hauptverantwortlich programmierte, bekommt eine Haftstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten. Bernd M. aus dem Raum Tauberbischofsheim hatte die Funktion eines Chat-Moderators übernommen. Den 57-Jährigen verurteile das Gericht zu drei Jahren und zehn Monaten Haft.

Der vierte Angeklagte, der 63-jährige Uwe-Michael G. aus Landsberg am Lech, verabredete sich im Elysium-Chat außerdem mit einem separat verfolgten Täter aus Wien, um dort dessen Sohn und Tochter im Alter von damals vier und sechs Jahren zu missbrauchen und Aufnahmen davon anzufertigen. Er war als Einziger der vier auch wegen schweren Kindesmissbrauchs angeklagt und erhielt eine Gefängnisstrafe von neun Jahren und neun Monaten mit anschließender Sicherungsverwahrung.

In dem Prozess, der nun nach sieben Monaten endete, waren alle Angeklagten zumindest teilweise geständig. Auf ihren Rechnern fanden Ermittler Tausende Aufnahmen, die teils schwersten Missbrauch von Kindern zeigten, und zahlreiche Beweise dafür, dass die Männer Material hochgeladen hatten.

"Das war sicher ein außergewöhnliches Verfahren, und sicher ist es auch außergewöhnlich, dass ein Verfahren dann so schnell vorbeigeht", sagte Richter Marco Schneider. Er lobte die Darstellungen der Staatsanwaltschaft in der Anklageschrift sowie im vergangene Woche gehaltenen Plädoyer. Was darin stehe, das sehe die Kammer "im Wesentlichen genauso".

Fast 112 000 Nutzerkonten

Als Ermittler der hessischen Zentralstelle für Internetkriminalität und des BKA die Plattform im Juni vor zwei Jahren abschalteten, hatte Elysium fast 112 000 Nutzerkonten. Nach Abzug der Mehrfach-Accounts, die manche Benutzer angelegt hatten, gingen die Strafverfolger von etwa 80  000 aktiven Personen aus. Erst durch einen Programmierfehler des Kfz-Meisters aus Hessen, durch den eine Lücke im sonst so dichten Darknet entstanden war, flog die Plattform überhaupt auf. Dass der Server in Deutschland stand, werteten die Ermittler als ungewöhnlich. Offenbar fühlten sich die Betreiber recht sicher; zusätzliche Verschleierungsmaßnahmen, mit Ausnahme der Verlagerung ins Darknet, den abgeschotteten Teil des Internets, hatten sie nicht genutzt. Details darüber, wie sie den Männern auf die Spur kamen, hielten die Ermittler geheim.

Der Prozess in Limburg machte auf grausame Weise deutlich, wie sauber Elysium sortierte und wie umfangreich binnen kurzer Zeit das kinderpornografische Material auf der Seite war. Für nahezu jede sexuelle Vorliebe von Pädophilen waren im Forum Unterkategorien eingerichtet, bis hin zu Darstellungen von Sadomaso-Praktiken, Sodomie sowie dem Missbrauch von Säuglingen. Im Laufe der 18 Prozesstage wurden zahlreiche explizite Darstellungen als Beweismittel gesichtet und die Angeklagten mehrfach zu Details vernommen.

Auch der im vergangenen Jahr verurteilte Haupttäter Christian L. aus dem Missbrauchsfall in Staufen war zwischenzeitlich als Zeuge geladen. Er hatte über Jahre hinweg den kleinen Sohn seiner Lebensgefährtin missbraucht und im Netz anderen Tätern angeboten. Kfz-Meister Frank M., selbst Vater von zwei Kindern, hatte über Elysium mehrere Bilder des Jungen in aufreizenden Posen bei L. bestellt.

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