Frankreich:Von den Flammen im Schlaf überrascht

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In dem aus Lehm und Holz erbauten Freizeitheim in Wintzenheim bei Colmar in Frankreich hat sich ein Feuer in der Nacht sehr schnell ausgebreitet. (Foto: Patrick Kerber/dpa)

In Wintzenheim im Elsass sterben elf Menschen bei einem Feuer in einem Freizeitheim. Die Ursache ist noch nicht geklärt, aber die Ermittler gehen davon aus, dass sich der Brand sehr schnell ausgebreitet hat.

Von Thomas Kirchner, Paris

Um 6.33 Uhr ging der Alarm bei der Feuerwehr ein. Ein Freizeitheim in Wintzenheim bei Colmar im südlichen Elsass stand in Flammen. Knapp eine Viertelstunde später waren die Rettungskräfte zur Stelle. 17 Menschen konnten sich aus dem brennenden Gebäude retten, elf gelang es nicht mehr. Bis zum Nachmittag wurden acht Leichen geborgen. Die übrigen drei wurden lokalisiert.

Das Unglück, das somit elf Opfer forderte, traf zwei Gruppen von geistig leicht behinderten Erwachsenen aus der Region Grand Est, die mit ihren Betreuern aus Nancy und Besançon in Wintzenheim Urlaub machten. Das Gebäude war früher eine Fachwerk-Scheune, die zum Ferienhaus umgebaut wurde. Obwohl der Brand laut Feuerwehr recht schnell gelöscht wurde, zerstörte er 300 von 500 Quadratmetern Wohnfläche. Das gesamte Dach stürzte auf den ersten Stock und ein Zwischengeschoss. Dort hielt sich eine Gruppe auf, von der nur fünf Menschen die Flucht gelang. Von der zweiten Gruppe, die im Erdgeschoss untergekommen war, starb niemand. Einer der Überlebenden erlitt leichte Brandverletzungen, ein anderer einen Schock. Die Angehörigen der Opfer wurden in einem speziellen Raum in Wintzenheim von Ärzten und Psychologen betreut.

Die Suche nach den Leichen, die von Hunden und einer Drohne unterstützt wurde, werde durch Schutt und viele eingestürzte Teile erschwert, sagte Philippe Hauwiller, der die Rettungsarbeiten leitete. Der Boden sei sehr instabil. Wahrscheinlich sei das Feuer im ersten Stock ausgebrochen.

Die Brandursache ist noch nicht geklärt. Das Gebäude sei jedenfalls renoviert und in hervorragendem Zustand gewesen, sagte der stellvertretende Bürgermeister von Wintzenheim, Daniel Leroy. "Diese Unterkunft hat sehr gut funktioniert und keine Probleme gemacht." Vertreter der Gemeinde hätten das Haus von innen gesehen. Gegenüber der Zeitung Le Parisien deutete Leroy allerdings an, dass das Ferienheim möglicherweise überbelegt war. Die Besitzerin des Hauses, die direkt gegenüber wohnt, stand unter Schock und konnte zunächst nicht befragt werden. Sie hatte die Schreie der Feriengäste gehört und den Brand bei der Feuerwehr gemeldet.

Was genau die Opfer davon abhielt, sich rechtzeitig in Sicherheit zu bringen, werden Ermittler nun klären müssen. Leroy vermutete, sie seien im Schlaf überrascht worden. Dass ihre Behinderung eine Rolle spielte, ist eher unwahrscheinlich. Unter den Toten ist auch ein Betreuer. Anzunehmen ist, dass das vor allem aus Lehm und Holz errichtete Gebäude sehr schnell Feuer fing.

"Angesichts dieser Tragödie denke ich an die Opfer, an die Verletzten, an die Menschen, die ihnen nahestehen", schrieb Frankreichs Präsident Emmanuel Macron auf dem früher unter dem Namen Twitter bekannten Kurzmitteilungsdienst "X" zu dem Brand. Vertreter fast aller Parteien äußerten ihre Bestürzung. Premierministerin Élisabeth Borne traf am Nachmittag in Wintzenheim ein und ließ sich über den Stand der Rettungsarbeiten informieren.

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