Wirbelsturm auf den Bahamas:"Familien erleben die schlimmsten Tage ihres Lebens"

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"Die betroffenen Familien erleben die schlimmsten Tage ihres Lebens", sagt Jenelle Eli über die Lage auf den Bahamas. (Foto: Reuters)

Der Hurrikan wütete gerade, da kam Jenelle Eli ins Katastrophengebiet. Nun hilft sich auf den Bahamas Menschen, die nach "Dorian" vor den Trümmern ihrer Existenz stehen.

Interview von Alexandra Dehe

Jenelle Eli ist Sprecherin der Hilfsorganisation "American Red Cross". Seit Mittwochabend ist die 36-Jährige auf den Bahamas im Einsatz und hilft Menschen, die nach Hurrikan Dorian vor den Trümmern ihrer Existenz stehen. Die Telefonverbindung wird mehrmals unterbrochen, weshalb wir das Interview schließlich schriftlich per Whatsapp weiterführen.

SZ: Frau Eli, wo auf den Bahamas befinden Sie sich gerade?

Jenelle Eli: Ich bin gestern Abend in Nassau angekommen und gerade noch in der Unterkunft. Wir werden sehen, was die nächsten Tage bringen werden. Noch heute werde ich zu den Abaco-Inseln aufbrechen. Dort werde ich mit den Menschen in den Notunterkünften sprechen und mir ein erstes Bild von der Lage machen.

Wie ist Ihr erster Eindruck?

Als ich ankam, haben die anderen Freiwilligen aus meinem Team mich erst mal fest in den Arm genommen - ich glaube, das sagt schon viel aus. Da wusste ich, dass ich am richtigen Ort bin. Die anderen waren schon seit dem ersten Tag da, da war es hier noch schlimmer. Hurrikan Dorian ist mittlerweile weitergezogen, deshalb können wir uns nun freier bewegen.

Was erzählen Ihre Kollegen?

Die betroffenen Familien erleben die schlimmsten Tage ihres Lebens. Die Menschen haben ihr Zuhause verloren. Andere konnten seit dem Sturm keinen Kontakt mehr mit Familienmitgliedern aufnehmen. Vor den Gemeinden hier auf den Bahamas liegt ein langer Weg.

Haben die Menschen denn überhaupt genug zu essen und zu trinken?

Nahrung und Wasser sind definitiv knapp, auf Abaco zum Beispiel ist das Trinkwasser verseucht. Freiwillige und Mitarbeiter des Roten Kreuzes verteilen warme Mahlzeiten und Lebensmittelrationen an Menschen, die möglicherweise seit Tagen ohne Nahrung sind. Außerdem gibt es nicht besonders viele Notunterkünfte.

Jenelle Eli, vom amerikanischen Roten Kreuz, nach Hurrikan "Dorian" auf den Bahamas im Einsatz. (Foto: Privat)

Wie ist Ihr Plan für die nächsten Tage?

Wir kümmern uns vor allem darum, die Menschen mit dem Nötigsten auszustatten. Außer mit Lebensmitteln versorgen wir die Betroffenen bei leichteren Verletzungen ärztlich. Und wir bringen ihnen Handkurbelradios und Powerbanks zum Aufladen für die Handys, sodass sie auch ohne Elektrizität ihre Angehörigen erreichen können. Der größte Teil der Telekommunikationsinfrastruktur ist zerstört. Wir konzentrieren uns also erst mal auf dringende Bedürfnisse, dann erst wird der Schwerpunkt auf die Verteilung von finanzieller Hilfe verlagert.

Haben Sie schon mal eine vergleichbare Situation erlebt?

Egal, wie viele Katastrophen ich gesehen habe, keine ist wie die andere. Ich erwarte, dass ich in den kommenden Tagen einige sehr schwierige Szenen erleben werde. Ich erwarte, Menschen mit Schmerzen zu treffen, zerstörte Häuser zu sehen und mit Familien zu sprechen, die nicht wissen, was der nächste Schritt in ihrem Leben ist.

Ist das volle Ausmaß der Zerstörung schon ersichtlich?

Luftaufnahmen bestätigen, was man befürchtet hatte: Ganze Landstriche sind verwüstet. Es ist klar, dass Zehntausende Menschen Hilfe bei der Bewältigung aller Probleme benötigen - von zerstörten Häusern bis hin zu kontaminierten Wasserquellen. Mehr als 13 000 Häuser sollen beschädigt oder zerstört worden sein. Das entspricht etwa 45 Prozent aller Wohnungen auf Abaco und Grand Bahama. Freiwillige des Roten Kreuzes der Bahamas helfen seit dem ersten Tag - obwohl einige von ihnen selbst vom Hurrikan betroffen sind.

© SZ vom 06.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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