Nachruf auf Consul Weyer:Großhändler der Eitelkeit

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Der "Consul" im Jahr 1989. Hans-Hermann Weyer-Graf von Yorck, wie er nach einer Adoption im Jahr 1996 offiziell hieß, ist am Dienstag in Rio de Janeiro gestorben. (Foto: imago stock&people)

Hans-Hermann Weyer, der "schöne Consul", hatte ein einfaches Erfolgsrezept: Er mochte jeden, der ihn gut bezahlte. Nun ist der schillernde Titelhändler im Alter von 85 Jahren gestorben.

Von Christian Mayer

Es ist kein Geheimnis, dass man mit der Eitelkeit der Menschen viel Geld verdienen kann, und keiner wusste das besser als der Titelhändler Hans-Hermann Weyer. Zumal er selbst nicht frei von Allüren war, ein Aufsteiger, der sich einen adligen Namen zulegte, indem er sich von einer Gräfin von Yorck adoptieren ließ. Der 1938 in Berlin geborene Unternehmer war gewissermaßen ein Großhändler der Eitelkeit, er hatte ein feines Gespür für die Bedürfnisse einer neureichen Klientel, die oft alles hatte außer einer noblen Herkunft oder dem Gefühl, wirklich angekommen zu sein.

Im Grunde war der Titelhändler Weyer, der in den Siebzigerjahren als "der schöne Consul" bekannt war, ein Menschenfreund, er mochte einfach jeden, der ihn gut bezahlte. Südamerika war ein Schwerpunkt seiner Spezlwirtschaft, und es machte für ihn keinen Unterschied, ob die Staaten, mit denen er für die Titelverleihungen im Dienste seiner Auftraggeber kooperierte, demokratisch regiert wurden, von einer Junta oder einem Diktator. Titel ist Titel, und der Begriff "Honorarkonsul" hatte bei Weyer einen ganz eigenen Klang, die Honorare für seine Freundschaftsdienste waren teilweise beträchtlich.

Ob er tatsächlich 450 Millionen auf der Kante hatte, wie er 2019 der Abendzeitung erzählte? Für die Forbes-Liste der reichsten Deutschen hätte es jedenfalls knapp nicht gereicht, aber er vermittelte stets den Eindruck, Teil eines elitären Kreises von Eingeweihten zu sein. Diese Art von Gesellschaft, die das Abgehobene auf unterhaltsame Weise zelebriert und Hedonismus völlig unbekümmert lebt, ist ja nahezu verschwunden. Consul Weyer, halb Kunstfigur und halb Realität, war definitiv einer der letzten großen Vertreter.

Märchenhaft, fast wie aus einer anderen Zeit, klingen heute viele seiner Interviews. Dass so viele Leute mit Geltungsdrang so viel bezahlten wollten, um dazuzugehören, ob als Doktor, Baron, Graf oder Konsul, kann man sich dagegen gut vorstellen. Auch wenn Weyer eine bodenständige Seite hatte. Mit der Medizinerin Christina Weyer war er immerhin 33 Jahre zusammen, ein Jet-Set-Paar der alten Schule, flamboyant und äußerst extrovertiert, man pendelte zwischen dem Hauptwohnsitz an der Copacabana, ausgewählten Mittelmeer-Destinationen und dem Tegernsee. "Mein Mann ist ja bekannt wie eine Persil-Marke - er hat PR für sich nicht mehr nötig", dieser Einschätzung seiner Frau möchte man nicht unbedingt widersprechen.

Hans-Hermann Weyer 1999 mit seiner Frau Christina. Das Paar war 33 Jahre zusammen. (Foto: Pohlmann/Imago/Brigani Art)

Vielleicht machte ja genau das seinen Charme aus: die absolute Unbescheidenheit. Weyer selbst kokettierte manchmal damit, dass er als Kind im Internat der ärmste Schüler von allen war, der Vater war noch in russischer Kriegsgefangenschaft, die Mutter musste jeden Pfennig umdrehen und heiratete dann einen britischen Offizier. Es war offenbar der Stiefvater, der ihm dann den Weg ebnete in die Vermittlertätigkeit. Doch wie vieles in seiner Biografie bleibt auch das im Vagen. Ein Leben wie ein ständiger Triumphzug, so klang das in seinen Erzählungen, wofür ihn Talkshows und People-Magazine liebten. Ein Ausflug in die Politik mit der Deutschen Freiheitspartei (DFP), für die er sich sogar als Kanzlerkandidat positionierte, blieb aber eher eine Episode, um nicht zu sagen: eine Posse. Weyer sorgte sogar in der eigenen Partei für Unruhe, als er auf Sylt mit einem barbusigen Mädchen posierte.

Nun ist der Mann, der das Geschäft mit der Eitelkeit perfektionierte, nach kurzer Krankheit in Rio de Janeiro gestorben.

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