Britney Spears:Schutz vorm Beschützer  

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Britney Spears kann über ihr Vermögen derzeit nicht selbst bestimmen. (Foto: Mario Anzuoni/Reuters)

Über die Vormundschaft von Britney Spears soll erst im Februar 2021 entschieden werden. Schon jetzt aber hat die Künstlerin einen Antrag bei Gericht eingereicht - und sich so deutlich wie noch nie zum Einfluss ihres Vaters geäußert.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Aus gegebenem Anlass zwei Beiträge, die Britney Spears in den vergangenen zwei Wochen auf Instagram veröffentlicht hat. Sie hat zum Beispiel gesagt, dass sie während der Coronovirus-Pandemie angefangen habe, Kristalle zu sammeln, um sie bei Gebet und Meditation einzusetzen: "Ich habe schon 33!"

Außerdem ein Video von sich selbst, sie trägt gelbe Shorts und schwarzes Oberteil: "Ich schwitze mittlerweile beim Training und genieße das; ich weiß schon, dass meine Haare gerade ein krasses Chaos sind!"

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Der Account soll ein Fenster ins Wohnzimmer von Spears sein, so sehen das zumindest ihre Fans, und auch Spears selbst behauptet, dort einen Einblick in ihren Alltag zu geben. Es gibt nur ein Problem: Die 1250-Quadratmeter-Villa auf dem 8,5-Hektar-Anwesen im kalifornischen Thousand Oaks verfügt laut Maklerfotos über Fenster im dreistelligen Bereich. Selbst wenn der Blick durch dieses eine Fenster aufschlussreich sein mag, so gibt es doch noch viele Zimmer, die im Dunklen bleiben.

Das ist wichtig, denn es geht nun wieder mal um die Vormundschaft, unter der Britney Spears seit zwölf Jahren steht. Richterin Brenda Penny hat, wie zu erwarten war, entschieden, den Fall auf 1. Februar 2021 zu vertagen. Bis dahin bleibt Jodi Montgomery, die bis September vergangenen Jahres als sogenannte "Care Managerin" Arztbesuche und Medikationen verwaltet hatte, verantwortlich für das Vermögen von Spears und auch das Privatleben der Sängerin, die noch nicht einmal ihr Anwesen verlassen darf, um sich ein Eis zu kaufen.

Einen "Witz" nennt der Vater die Vorwürfe

Interessanter als die Entscheidung der Richterin sind die Anträge, die gemacht worden sind und bis zum 18. September gemacht werden. Sie behandeln unter anderem eine spannende Frage: Wie viel Geld hat die Marke Britney Spears verdient, und wie viel davon ist der Privatperson geblieben?

Die Gerichtsdokumente, die der Süddeutschen Zeitung vorliegen, weisen für Ende 2019 ein Gesamtvermögen in Höhe von 57,4 Millionen Dollar auf, davon 2,7 Millionen Dollar als Geld auf verschiedenen Konten. Das ist ein ordentlicher Betrag - angesichts geschätzter Einnahmen in Höhe von mehr als 500 Millionen Dollar dann aber auch wieder nicht besonders viel. Wohlgemerkt: Spears ist nun 38 Jahre alt, sie darf seit mehr als zwölf Jahren nicht mehr frei über ihr Geld verfügen.

"Einen Witz" nannte Spears' Vater Jamie Vorwürfe, er habe etwas vom Vermögen für sich selbst abgezwackt. "All diese Verschwörungstheoretiker haben keine Ahnung, und es geht auch niemanden was an", sagte er kürzlich der New York Post: "Ich muss jeden Nickel, den ich ausgebe, dokumentieren und dem Gericht melden. Wie zur Hölle sollte ich da was stehlen können?" Aus den Gerichtsakten geht hervor, dass er gerne wieder die Verantwortung über die Geschäfte übernehmen würde - gemeinsam mit Andrew M. Wallet, mit dem er sich den Job bis März vergangenen Jahres mehr als zehn Jahre lang geteilt hatte. "Wir wollen, dass das Gericht entscheidet, was das Beste für meine Tochter ist", sagt Spears: "Wir wollen auf jeden Fall keine Fans, die Leute verfolgen und bedrohen."

Da ist was dran: Bei der Anhörung am 18. August zum Beispiel hatten sich zahlreiche Fans vor dem Gerichtsgebäude in Los Angeles versammelt, und in den vergangenen Monaten hatte sich so ziemlich jeder geäußert, der jemals auch noch im Entferntesten mit der Sängerin zu tun hatte - manchmal mit Namen wie Gesamtkunstwerk Paris Hilton ("Sie wird behandelt wie ein Kind"), Make-Up-Artist Billy Brasfield ("Das ist eine ernste Angelegenheit, ich mache mir Sorgen") oder ihr einstiger Freund Charlie Ebersol, der zu den Gerüchten, dass er von ihrem Vater 1000 Dollar pro Woche fürs Erhalten der Beziehung bekommen habe, sagt: "Das stimmt nicht."

Der interessanteste Einblick stammt deshalb von Britney Spears selbst, aus dem Antrag, den sie bei Gericht eingereicht hat. Der sieht vor, dass Montgomery auch über den 1. Februar 2021 verantwortlich bleibt, das Vermögen jedoch erst einmal von einem Finanzunternehmen verwaltet wird. Sie werde "derzeit nicht auftreten", und sei "strikt dagegen", dass ihr Vater wieder die Vormundschaft übernehme. Es ist das erste Mal, dass sich Spears - wenn auch über ihren Anwalt Samuel D. Ingham - derart deutlich über ihren Vater äußert.

Der Antrag sieht drei Stufen vor, die Vormundschaft komplett aufzuheben. Zunächst müsse sie "vor einer Pleite bewahrt werden, dem Ausnutzen durch rücksichtslose Individuen und dem finanziellen Ruin". Das sind heftige Vorwürfe, zumal angedeutet wird, dass Spears erst wieder als Entertainerin auftreten will, wenn dieser Punkt geklärt ist. In der dritten Phase solle dann geklärt werden, wie das öffentliche Bild von Spears über Instagram, Auftritte oder Interviews gezeichnet werden soll.

Vereinfacht ausgedrückt: Die Marke Britney Spears will erst wieder Einnahmen generieren, wenn die Privatperson bestimmen darf, was damit passiert.

"Wir rechnen damit, dass James Spears heftig dagegen vorgehen wird", schreibt Ingham. Das ist bereits passiert, und Vater Spears hat beantragt, sämtliche Dokumente unter Verschluss zu halten: "Es würde doch nur für noch mehr Öffentlichkeit sorgen, das würde dem Wohlergehen der Beschützten schaden." Vielleicht ist dies das entscheidende Wort: Jamie Spears glaubt, dass seine Tochter beschützt werden muss, und aus den Unterlagen geht hervor, dass Britney das ähnlich sieht - sie glaubt jedoch, dass sie vor ihrem Vater beschützt werden muss, um ein möglichst normales Leben zu führen. So normal das Leben einer Frau eben sein kann, die schon mit drei Jahren auf einer TV-Bühne stand.

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