Elsass:Ehepaar entdeckt hundert Jahre alte militärische Botschaft

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Brieftauben haben in Deutschland eine lange Tradition - in beiden Weltkriegen wurden sie eingesetzt. (Foto: Sebastian Gollnow/dpa)

Eine Kapsel, darin Pergamentpapier: Ein Ehepaar hat im Elsass eine seltene Entdeckung gemacht - die offenbar eine Brieftaube verloren hatte.

Von Alexander Menden

Beim Spaziergang hat ein Ehepaar im Elsass eine ungewöhnliche Entdeckung gemacht: Auf einem offenen Feld nahe der kleinen Gemeinde Ingersheim im französischen Département Haut-Rhin fand das Paar eine winzige Metallkapsel, die ein eng gefaltetes Stück Pergamentpapier enthielt. Nachdem Kapsel und Dokument dem nahe gelegenen Musée du Linge übergeben worden waren, stellte sich heraus, dass es sich dabei um eine mehr als 100 Jahre alte militärische Botschaft handelt. Sie war wohl mit einer Brieftaube verschickt worden, die ihre Kapsel aber anscheinend über dem Feld fallen ließ.

Das Musée du Linge bildet Teil einer Gedenkstätte, die der "Bataille du Linge" gewidmet ist, einer besonders verlustreichen Schlacht zwischen Deutschen und Franzosen im Sommer und Herbst 1915. Die nun entdeckte Nachricht scheint jedoch bereits Jahre vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs abgesendet worden zu sein.

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Die Botschaft ist in alter deutscher Schrift verfasst

Laut Museumskurator Dominique Jardy ist die letzte Ziffer des Datums zwar verwischt, es handelt sich allerdings höchstwahrscheinlich um eine Null. Demnach wurde die Botschaft bereits am 16. Juli 1910 von einem Offizier eines preußischen Infanterieregiments verfasst, das zu dieser Zeit nördlich von Ingersheim stationiert war. Das Dorf lag damals auf deutschem Gebiet, es handelt sich also wohl nicht um einen Gefechtsbericht, sondern vielmehr um die Beschreibung eines preußischen Manövers zwischen den Orten Bischwihr und Ingersheim.

Jardy musste sich den verblichenen und in alter deutscher Schrift verfassten Text von einem deutschen Freund transkribieren lassen. In der mit "Brieftaubendepesche" titulierten Nachricht ist unter anderem davon die Rede, dass ein Truppenteil namens "Zug Potthof" unter Feuer geraten sei "als er die West-Grenze des Exerzierplatzes erreicht" habe. Der Zug habe das Feuer "aufgenommen" und sich dann "unter starken Verlusten" zurückgezogen. Unterzeichnet ist das Ganze mit dem Namen "Gänsbert".

Die Regionalzeitung Les Dernières Nouvelles d'Alsace zitiert den Kurator mit den Worten, es handele sich um einen "äußerst seltenen" Fund: "In 40 Jahren habe ich so etwas noch nicht gesehen", so Dominique Jardy. Er vermutet, dass die Brieftaubenkapsel in tieferen Erdschichten vergraben gelegen habe und im Laufe der Zeit, ähnlich wie Granaten aus der Weltkriegszeit, durch Bodenbewegungen langsam an die Oberfläche gedrückt worden sei. Das Pergamentzettelchen soll nun in einer Vakuumvitrine aus UV-sicherem Glas im Musée du Linge ihren Platz finden, und zwar direkt neben einer Uniform jenes preußischen Regiments, dessen Offizier Gänsbert sie vor 110 Jahren verfasste.

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