Landgericht Bochum:Vier Jahre Haft für Stalker

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Ein 50 Jahre alter Mann ist zu einer Haftstrafe verurteilt worden, weil seine Ex-Freundin, eine 49 Jahre alte Frau, sich das Leben aufgrund seiner Nachstellungen nahm.

Von Moritz Geier

Er wollte nicht einsehen, dass sie sich von ihm getrennt hatte. Er belauerte, belästigte, beleidigte sie. Ließ sie nicht in Ruhe, bis sie sich vor etwa einem Jahr das Leben nahm. Stalking heißt das im Volksmund, Nachstellung mit Todesfolge in der Sprache der Juristen. Die Schwurgerichtskammer am Landgericht Bochum hat den 50-jährigen Thomas P. aus Gelsenkirchen am Mittwoch deswegen zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Es ist der erst zweite bekannte Rechtsspruch dieser Art in Deutschland, 2017 hatte das Landgericht Stuttgart Justizgeschichte geschrieben, als es einen Mann wegen Nachstellung und dem Zusatz "mit Todesfolge" zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilte. Stalking gilt erst seit 2007 als gesetzliche Straftat, vor zwei Jahren wurde der Nachstellungsparagraf 238 im Sinne der Opfer nochmals reformiert.

Auch die Schwurgerichtskammer in Bochum sah einen kausalen Zusammenhang zwischen den Nachstellungen des 50-Jährigen und dem Suizid seiner Ex-Freundin Nicole H., 49. In ihrer Begründung hob die Kammer laut Gerichtssprecherin Katja Nagel die "narzisstische Persönlichkeit" des Angeklagten hervor und die Intention, sein Opfer zu zermürben, in seiner Freiheit einzuschränken und "fertigzumachen". Der früher bereits zwei Mal verheiratete Mann habe seine Frauen "stets isolieren und für sich alleine haben" wollen.

Nicole H. hatte sich nach einer einjährigen Beziehung im Herbst 2017 von Thomas P. getrennt. Sie begab sich in psychiatrische Behandlung, bekam ihr Alkoholproblem in den Griff, das sich infolge der belastenden Beziehung mit Thomas P. entwickelt hatte. Nachdem sie aus der Klinik entlassen wurde, begann Thomas P., ihr nachzustellen, ab März 2018, so stellte das Gericht nun fest, immer beharrlicher. Er rief sie an, immer wieder. Er lauerte ihr auf, immer wieder. Er schrie sie an, beleidigte sie auf offener Straße als "Schlampe". Einmal kletterte er gar auf den Balkon ihrer Wohnung in Herne.

Sein Ziel, ihr Leben systematisch zur Hölle zu machen, habe Thomas P. erreicht, sagt Gerichtssprecherin Katja Nagel. Nicole H. litt unter Depressionen, war nicht mehr fähig, ein normales Leben zu führen. Wenn sie den Hund ausführen musste, sei sie irgendwann nur noch mit Videokamera aus dem Haus gegangen.

"Motiviert durch die Nachstellungshandlungen", sagt Gerichtssprecherin Nagel, habe sich die Frau letztlich umgebracht. So habe es die Gerichtskammer gesehen. Für einen Schuldspruch reiche es dabei, wenn der Tod fahrlässig verursacht werde. Wegen Verstößen gegen das Gewaltschutzgesetz war Thomas P. zudem bereits vorbestraft. Nicole H. hatte ihn angezeigt, nachdem er Annäherungsverbote missachtet hatte, die sie mithilfe mehrerer Gewaltschutzanordnungen erwirkt hatte. Am Ende hat das alles nicht geholfen.

© SZ vom 01.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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