Bluttat von Ludwigshafen: Prozessbeginn:"Ich wollte mich rächen"

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Er lockte seinen ehemaligen Lehrer unter einem Vorwand aus dem Klassenzimmer - und tötete den Pädagogen mit mehreren Messerstichen. Im Prozess hat Florian K. angegeben, aus Rache für erlittene Demütigungen gehandelt zu haben.

Am 18. Februar 2010 kehrte Florian K. an den Ort zurück, an dem ihm seiner Meinung nach, so viel Unrecht widerfahren war: die Ludwigshafener Berufsbildende Schule Technik 2. Dort tötete er einen ehemaligen Lehrer, bevor er mit bengalischen Feuern und einer Schreckschusspistole für Angst und Schrecken bei Schülern und Lehrern sorgte. Die Tragödie von Winnenden lag gerade ein Jahr zurück - viele dachten an einen Amoklauf.

Mit mehreren Messerstichen hat Florian K. einen ehemaligen Lehrer getötet: Vor dem Landgericht Frankenthal hat nun der Prozess gegen den 23-Jährigen begonnen. (Foto: dpa)

Vor dem Landgericht Frankenthal hat nun der Prozess gegen Florian K. begonnen: Er muss sich wegen Mordes verantworten. "Ich wollte mich für die jahrelange Demütigung rächen", sagte der 23-Jährige eingangs der Verhandlung zum Motiv für seine Bluttat.

Der ehemalige Berufsschüler, der im gestreiften Hemd und ins Gesicht gezogener Schirmmütze vor Gericht erschien, ist geständig: Er räumte ein, seinen früheren Lehrer unter einem Vorwand auf einen abgelegenen Flur der Schule gelockt und dort mit mehreren Messerstichen umgebracht zu haben. Zudem habe vorgehabt, noch weitere Lehrer und den Schulleiter zu töten.

Bei ihm zu Hause wurden neben einem Arsenal von Schreckschusswaffen, Munition und Chemikalien gefunden. Auch eine Art Todesliste mit den Namen mehrerer Lehrer und eines Schülers stellte die Polizei sicher.

Die Ermittlungen hätten ergeben, dass der 23-Jährige ursprünglich den Plan hatte, "dass es nicht bei einem Opfer bleiben sollte", sagte der Leiter der Staatsanwaltschaft Frankenthal, Lothar Liebig.

Bei der Polizei hatte Florian K. gesagt, er habe den Pädagogen für seine schlechten Noten verantwortlich gemacht. Zudem habe der 58-Jährige ihn auch nicht vor den Anfeindungen der anderen Schüler geschützt. Er sei wegen seines Übergewichts bereits seit der Grundschule gehänselt und auch körperlich angegangen worden. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Lehrer da nie etwas gemerkt haben", betonte der 23-Jährige vor dem Frankenthaler Landgericht.

Diese Behauptungen hatte der Schulleiter in seiner Trauerrede nach der Bluttat nicht gelten lassen. Er attestierte dem Opfer einen ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit, der es nicht zugelassen habe, "dass die schwachen Schüler benachteiligt wurden oder keine adäquate Hilfe bekamen".

Florian K. hatte die Berufsbildende Schule Technik 2 nur ein Jahr lang besucht - und das lag zum Zeitpunkt der Tat schon sechs Jahre zurück. Danach soll er mehrere Ausbildungen begonnen, aber keine abgeschlossen haben. Zuletzt war er in einer Fördermaßnahme.

Auf die Frage, was er heute fühle, wenn er an die Tat denke, zeigte Florian K. vor Gericht keine Reue. Er frage sich aber schon, "ob eine solche Tat der richtige Schritt ist". Nach Angaben seiner Anwältin Gabriele Haas leidet der 23-Jährige an einer Persönlichkeitsstörung.

Eine zentrale Frage in dem Verfahren wird sein, wie es zur Tatzeit um die Schuldfähigkeit des Angeklagten bestellt war. Ein Gutachter hatte laut Staatsanwaltschaft "gewisse Auffälligkeiten in der Persönlichkeitsstruktur" gefunden, die für eine verminderte Schuldfähigkeit sprechen könnten. Die Ermittler selbst gehen aber bislang davon aus, dass der junge Mann voll schuldfähig war.

An der Schule selbst ist die Verarbeitung des Verbrechens noch nicht abgeschlossen: "So etwas kann man nicht einfach ad acta legen", sagte der stellvertretende Leiter, Dieter Franz. Nach wie vor gibt es psychologische Betreuungsangebote für Schüler und Lehrer. Franz selbst hat bei sich und anderen eine erhöhte Wachsamkeit festgestellt: "Man ist aufmerksamer."

Die Stadt Ludwigshafen hat inzwischen die Lehrer in der Stadt mit Notfall-Handys ausgestattet - eine Maßnahme, die bereits vor der Bluttat beschlossen worden war. Außerdem sollen die Schulen mit einem Lautsprecher-Warnsystem ausgestattet werden.

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