Neuseeland:Eine ziemlich klebrige Angelegenheit

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Plastikbecher gefüllt mit Wein (Symbolbild). In Neuseeland trinkt die Jugend vor allem "Bernie" - bislang. (Foto: N/A)

Junge Neuseeländerinnen und Neuseeländer trinken "Bernie". Nun wird die Produktion des Billig-Schaumweins eingestellt - und viele Menschen trauern.

Von Oliver Klasen

Man weiß ja wenig über Neuseeland, aber dort, das drang jetzt durch den Facebook-Post eines an der äußersten Südspitze der Insel gelegenen Spirituosenladens an die Öffentlichkeit, betrinkt sich die Jugend auf den ersten Blick stilvoller als in unseren Breiten. Kein Wodka-O, Wodka-E oder Wodka-A. Keine Biermischgetränke, die Drecksack oder Diesel heißen. Nein, junge Neuseeländerinnen und Neuseeländer trinken "Bernie". Das steht für "Bernadino Spumante", ein Schaumwein also, in weiß-rot-goldenem Etikett und zu haben für zehn bis zwölf neuseeländische Dollar, also umgerechnet etwa sechs bis sieben Euro.

Auf Abertausenden Studenten- und Schülerpartys am anderen Ende der Welt wurden Abertausende Flaschen Bernie geköpft - und wiederum Abertausende Menschen haben mit den Folgen von Bernie am nächsten Tag zu kämpfen gehabt. Vermarktet wird er zwar als leichter 9,5-Prozent-Alkohol-Sekt mit "natürlicher Süße, einem einzigartigen fruchtigen Geschmack und einem erfrischenden Finish", in Wahrheit ist das Ganze aber, wenn man den zahlreichen Laienprodukttests im Internet glauben darf, eine ziemlich klebrige Angelegenheit. Nicht umsonst kursieren in Neuseeland auch die Namen "Bernardino Spewmante" oder "Bernadino Spewmuchly", die nahelegen, das nach dem Genuss von zu viel Schaumwein leicht mal ein Malheur passieren kann.

Wobei es jetzt mit Bernie zu Ende geht. Denn die Herstellerfirma nimmt das Produkt vom Markt. "Der Schaumweinsektor ist sehr wettbewerbsintensiv. Angesichts der steigenden Kosten ist das Aufrechterhalten der Produktion leider kommerziell untragbar geworden", heißt es in einer Pressemitteilung des Unternehmens, die in neuseeländischen Medien zitiert wird.

Totenmesse zu Ehren von Bernie

Auf der Facebook-Seite des Liquor Stores, der die Nachricht in dieser Woche zuerst publik machte, sammelten sich in kurzer Zeit mehr als 16 000 Kommentare. Ein Schreiber berichtet von einer Totenmesse zu Ehren des aus der Welt scheidenden Bernie, eine andere Schreiberin fragt nach einer Selbsthilfegruppe für all jene, die jetzt einen treuen Freund verloren haben. Und eine junge Frau breitet in einem Blogeintrag die Dramen ihrer Jugend aus. "Es war eine Zeit, in der alles möglich schien, aber nichts wirklich möglich war. Bernadino half uns, wenn unsere Eltern 'fucking bitches' waren. Bernadino war der Freund, wenn Shanna dich nicht zu ihrer Geburtstagparty eingeladen hat, obwohl du dachtest, ihr seid die besten Freunde. Bernadino war da, als du durch die Mathe-Abschlussprüfung fielst."

Angesichts der vielen Kondolenzeinträge hat es wohl seine Berechtigung, wenn es auf der Website stuff.nz heißt, Bernadino sei der wichtigste "Coming-of-Age"-Drink für junge Neuseeländer und Neuseeländerinnen. Eine große Supermarktkette berichtete, sie habe nur noch 200 Flaschen vorrätig. Kann also gut sein, dass in den kommenden Tagen und Wochen ein paar Revival-Partys mit Bernie gefeiert werden.

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