Berlin bekommt den Frauentag:Der zehnte freie Tag

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Die Ja-Stimmen überwiegen: Der Internationale Frauentag am 8. März wird zum gesetzlichen Feiertag in Berlin. (Foto: dpa)
  • Berlin, mit bislang neun arbeitsfreien Tage das feiertagsärmste Land, bekommt einen neuen gesetzlichen Feiertag: den Internationalen Frauentag am 8. März.
  • Berlin wäre nicht Berlin, wenn sich nach und während solch einer Feiertagsdebatte nicht auch Häme und Kritik über ebenjenes Berlin ergießen würde.

Von Friederike Zoe Grasshoff

Das Leben ist ungerecht. Und weil das so ist, werden die einen am 20. Juni Prozessionen in der Münchner Innenstadt abhalten und die anderen bis 12 Uhr im Bett bleiben, ohne zu wissen, was das eigentlich ist, Fronleichnam. Die Angestellten in Berlin aber werden am 20. Juni wahrscheinlich in der U 8 oder der U 2 sitzen und zur Arbeit fahren. Ähnliches Szenario am 1. November, Allerheiligen, das 2019 auf einen Freitag fällt, heißt: langes Wochenende für katholisch geprägte Bundesländer wie Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und auch Bayern, das mit 13 Tagen im Jahr das Land mit den meisten Feiertagen ist. Heißt aber auch: ganz normaler Arbeitstag für Menschen, die in Berlin wohnen.

Nun aber bekommt Berlin, mit bislang neun arbeitsfreien Tagen das feiertagsärmste Land, einen neuen gesetzlichen Feiertag, den Internationalen Frauentag am 8. März. Das Abgeordnetenhaus beschloss am Donnerstag eine Gesetzesnovelle, nachdem die regierende rot-rot-grüne Koalition bis zur Einigung Ende November ein halbes Jahr lang über verschiedene Daten diskutiert hatte. Die Linke wollte zunächst den 8. Mai,erinnernd an den Tag des Kriegsendes 1945, Kirchenvertreter plädierten für den Reformationstag. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) brachte den 18. März in Erinnerung an die Märzrevolution 1848 ins Spiel. Schließlich einigten sich die Koalitionspartner auf den 8. März. Die Initiative war aus der SPD gekommen.

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Nach der Entscheidung im Abgeordnetenhaus sagte Derya Caglar, gleichstellungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, die Entscheidung sei "ein ganz großes Zeichen dafür, dass wir auf dem Weg der Gleichstellung von Frau und Mann weiterkommen". Müller äußerte sich ähnlich, im Deutschlandradio sagte er: "Es gibt immer noch keine echte Gleichstellung zwischen Männern und Frauen, wenn man alleine an die Arbeitswelt denkt, wo Männer mehr verdienen als Frauen für die gleiche Arbeit." CDU, FDP und AfD kritisierten, dass die Wahl auf den Frauentag fiel und nicht auf den Reformationstag.

Berlin wäre nicht Berlin, wenn sich nach und während solch einer Feiertagsdebatte nicht auch Häme und Kritik über ebenjenes Berlin ergießen würde, in dem die Amtstermine rar und Flughafeneröffnungen noch rarer sind (und bereits vor der Gesetzesnovelle keine Amtstermine für den 8. März mehr online buchbar waren). So sagte etwa Maren Jasper-Winter von der FDP am Donnerstag, dass sich die Stadt gar keinen neuen Feiertag leisten könne. Doch Berlin hat ihn jetzt, den zehnten freien Tag. In sechs Wochen wird der 8. März zum ersten Mal als Feiertag begangen. Und wie eigentlich? Das fragt man beim Abgeordnetenhaus nach; "da ist mir nichts bekannt", sagt ein Sprecher, ein offizieller Rahmen sei nicht geplant. Aber: "Die Frauen werden sich freuen." Die Männer vielleicht auch. Unter anderem deshalb, weil sie auch einen Tag frei bekommen.

© SZ vom 25.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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