Neues Lautsprechersystem:Die Bahn möchte verstanden werden

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Hier ist viel los und dementsprechend viel Lärm: Aufnahme vom Frankfurter Hauptbahnhof. (Foto: dpa)
  • Die Deutsche Bahn testet am Frankfurter Hauptbahnhof für ein halbes Jahr ein neues Lautsprechersystem.
  • Die Technik soll in der Lage sein, Schallwellen gezielt auf bestimmte Punkte zu lenken; so erhalten Reisende beispielsweise nur die Infos, die für sie an einem bestimmten Bahnsteig relevant sind.

Von Jan Willmroth

"Wegen Ihrer Anschlussmöglichkeiten achten Sie bitte auch auf die örtlichen Lautsprecherdurchsagen", das ist einer dieser Sätze, die im Gedächtnis von Bahnreisenden und Pendlern einen festen Platz haben. Wenn es nur so einfach wäre, dem nachzukommen.

Entweder ist die Lautsprecherdurchsage schon fast vorbei, bevor der Fahrgast seinen Koffer aus dem Zug gewuchtet hat, oder die Information geht auf dem Bahnsteig im kakofonen Konzert aus Computerstimmen und Live-Durchsagen, aus quietschenden Zügen und piepsenden Türen unter. Die Standardmimik des deutschen Zugreisenden am Bahnhof ist Ratlosigkeit: Was wurde hier gerade durchgesagt? Suchend schweifen Blicke umher. Wo ist ein Bahnmitarbeiter, der mir helfen kann? Oder wo ein Fahrgast mit besseren Ohren?

Halbes Jahr Testphase

Nun, die Bahn arbeitet immerhin daran, dass irgendwann in näherer Zukunft jeder hören kann, was die Stimmen aus den Lautsprechern erzählen. Am Frankfurter Hauptbahnhof, genauer auf den unterirdischen Gleisen 103 und 104, wo jeden Tag 50 000 Menschen in S-Bahnen ein- und aussteigen und alle paar Minuten ein Zug fährt, wo also der Schall besonders vieler Durchsagen durch die Hallen schwingt, hat der Konzern am Mittwoch ein neuartiges Lautsprechersystem vorgestellt.

Mit der Technik der jungen Berliner Firma Holoplot, an der sich die Bahn schon vor Jahren beteiligt hat, sollen Fahrgäste nur die für sie relevanten Informationen hören - genau dort, wo sie stehen. "Nie mehr Bahnhof verstehen", steht dort nun auf kleinen Plakaten, mit denen die Bahn und die regionale Verkehrsgesellschaft RMV das Pilotprojekt bewerben.

Holoplot verspricht, Schallwellen ähnlich wie Lichtstrahlen gezielt auf beliebige Punkte im Raum fokussieren zu können. Gerade in unterirdischen Hallen mit viel Publikumsverkehr soll das die Geräuschkulisse deutlich dämpfen.

Und tatsächlich: Während Holoplot-Gründer Roman Sick, RMV-Geschäftsführer Knut Ringat und Bahn-Regionalbereichsleiterin Susanne Kosinsky um ein Rednerpult gruppiert am Bahnsteig stehen, erklingt in etwa 40 Metern Entfernung klar und deutlich, man solle sein Gepäck bitte nicht unbeaufsichtigt lassen. Am gegenüberliegenden Bahnsteig ist das fast nicht mehr zu hören.

Ein halbes Jahr lang will die Bahn von nun an testen, wie gut das System in den Frankfurter S-Bahn-Katakomben funktioniert, es immer wieder neu ausrichten, die Lautstärke anpassen, Fahrgäste befragen. Nach dieser 150 000 Euro teuren Pilotphase sei es denkbar, Holoplot-Technik auch woanders einzusetzen.

Der erste Eindruck lässt hoffen, dass Reisende die Lautsprecherdurchsagen mittelfristig deutschlandweit besser verstehen. Die Form stimmte dann, es bliebe der Inhalt: Derzeit entwickelt die Bahn auch ihr Informationssystem weiter. Alle Anzeigetafeln, Durchsagen und App-Benachrichtigungen werden gebündelt, damit sich diese nicht mehr so häufig widersprechen.

© SZ vom 24.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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