Angeklagter im Krankenhaus:Kalinka-Prozess ausgesetzt

Lesezeit: 2 min

Zu schwach für die Verhandlung: Der Prozess um den Tod der 14-jährigen Kalinka vor fast 30 Jahren ist für unbestimmte Zeit unterbrochen worden. Das Gericht glaubt dem deutschen Angeklagten offenbar seine Herzprobleme.

Der Prozess gegen den nach Frankreich entführten deutschen Mediziner Dieter Krombach ist auf unbestimmte Zeit unterbrochen worden. Der Gesundheitszustand des 75-Jährigen lasse die Fortsetzung des Verfahrens derzeit nicht zu, teilte das Gericht mit. Krombach steht unter Verdacht, vor fast 30 Jahren seine Stieftochter Kalinka betäubt, sexuell missbraucht und getötet haben.

Die 14-jährige Kalinka Bamberski starb 1982 unter mysteriösen Umständen. In Paris wird nun, fast 30 Jahre später, ihr Fall verhandelt. (Foto: Getty Images)

Die deutsche Justiz hatte das Verfahren gegen den Kardiologen in den achtziger Jahren wegen zu dürftiger Beweise eingestellt und sich geweigert, ihn nach Frankreich auszuliefern. Kalinkas leiblicher Vater, André Bamberski, der in Paris als Nebenkläger auftritt, hatte Krombach deshalb vor anderthalb Jahren nach Frankreich verschleppen lassen. Dabei wurde der Arzt schwer verletzt und wird seither in einem Gefängniskrankenhaus behandelt.

Während der Verhandlungen, wirkte Krombach angeschlagen und stützte sich beim Laufen auf eine Krücke. Am Sonntag war er ins Krankenhaus verlegt worden. Das Pariser Schwurgericht hatte daraufhin den Prozess für drei Tage unterbrochen. Ein weiteres medizinisches Gutachten sollte den Gesundheitszustand des 75-Jährigen klären. Während er selbst über Herzprobleme geklagt hatte, warf Bamberski ihm vor, nur zu simulieren. "Als Kardiologe weiß er sehr gut, wie man diese Art von Problemen simuliert", hatte der 73-Jährige gesagt.

Auch ein Arzt, der Krombach im Gefängnis untersucht hatte, bezweifelte zunächst, dass dieser, wie behauptet, mehrere Herzinfarkte gehabt habe. Auch er hatte angedeutet, der Angeklagte simuliere. Krombachs Anwalt erklärte dagegen, die Gesundheit seines Mandanten gehe vor. Der Prozess dürfe nicht um jeden Preis geführt werden. "Er ist kein Hund." Krombachs Angehörige betonen, der Angeklagte sei am Wochenende kurz vor einem totalen Herzkranzgefäßverschluss gestanden, am Montag sei ihm ein Stent eingesetzt worden.

Das Gericht ist nun offenbar zu einem ähnlichen Schluss gekommen. Nach Informationen des Radiosenders Europe 1 hatten zwei Ärzte in ihrem neuen Gutachten eine zweiwöchige Auszeit gefordert.

Bei den Ermittlungen nach Kalinkias Tod wurde in Deutschland seinerzeit geschlampt. Dies macht es heute so schwer, die Wahrheit herauszufinden. Die Anklage wollte mit Hilfe einiger Zeuginnen aus Deutschland beweisen, dass Krombach mehrfach Minderjährige missbraucht habe. Damit wäre jedoch noch nicht geklärt, ob er Kalinka ermordete. "Ich möchte betonen, dass ich Kalinka nicht getötet habe", hatte der Angeklagte vergangene Woche zum Prozessauftakt gesagt.

Für den leiblichen Vater des Mädchens, der von der Schuld des Arztes überzeugt ist, sollte der Prozess das Ziel eines jahrzehntelangen Kampfes werden. Nun muss er sich erneut gedulden. Die Vorsitzende Richterin sagte, das Verfahren solle möglichst vor Ende des Jahres vor einer neuen Jury von vorne beginnen. Dann müssen auch alle Zeugen neu vernommen werden. Beim Verlassen des Gerichts sagte Kalinkas Vater nun, er sei sich sicher, dass Krombach eines Tages gerichtet werde.

© AP/dpa/afis/nir/ul - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: