Amoklauf in Thailand:"Er begann zu schießen, aufzuschlitzen"

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Völlig verstört suchen Menschen nach dem Amoklauf Trost bei ihren Angehörigen. (Foto: AP/AP)

Ein ehemaliger Polizist hat in einer Kindertagesstätte im Norden Thailands 36 Menschen getötet, darunter 23 Kinder. Das Entsetzen in Thailand ist riesig. Nun wird der Ruf nach Waffenkontrollen laut.

Von David Pfeifer, Karatschi

Der Amokläufer, der am Donnerstag 36 Menschen in Uthai Sawan, im Norden Thailands, getötet hat, sieht auf den Bildern, die man nun aus den sozialen Medien von ihm kennt, stolz aus, wie er da neben seiner Frau steht. Er trägt Polizeiuniform, sie eine pfirsichfarbene Kombination. Auf einem anderen Foto sitzt der Mann mit seinem Sohn auf dem Schoß vor einem Becher Eis. Wenn das alte Leben aus den sozialen Medien noch herüberglimmt, kann es besonders grausam in das neue leuchten. Der Mann in der Polizeiuniform soll an diesem Donnerstag Dutzende Menschen in einer Kindertageseinrichtung getötet haben, darunter 23 Kinder sowie seinen Sohn und seine Frau.

Zunächst meldeten die thailändischen Zeitungen, der ehemalige Polizist sei auf der Flucht. Daher auch die vielen Schnappschüsse, die von ihm in sozialen Medien geteilt wurden. Sie sollten helfen, den Mann ausfindig zu machen. Die Polizei identifizierte ihn rasch als einen Ex-Kollegen, der im vergangenen Jahr wegen Drogenvorwürfen entlassen worden war und dem ein Prozess wegen Drogenbesitzes bevorstand.

Mehr als 30 Menschen tötete der Angreifer in dieser Kindertageseinrichtung in Uthai Sawan im Norden Thailands. (Foto: AP/AP)

An diesem Donnerstag war er erst im Gericht gewesen und hatte sich dann zu der Kindertagesstätte begeben, um sein Kind abzuholen, wie Polizeisprecher Paisal Luesomboon dem Sender ThaiPBS am Nachmittag sagte. Als er seinen Sohn dort nicht fand, rastete er offenbar aus. "Er begann zu schießen, aufzuschlitzen und Kinder in der Kindertagesstätte Utai Sawan zu töten", so Paisal. Es befanden sich weniger Menschen als gewöhnlich in der Einrichtung, da starker Regen viele fernhielt, sagte die Bezirksbeamtin Jidapa Boonsom, die in einem nahe gelegenen Büro arbeitet, der Nachrichtenagentur Reuters.

"Der Schütze kam um die Mittagszeit und schoss zuerst auf vier oder fünf Mitarbeiter der Kindertagesstätte", erklärte Jidapa. Dann drang der Angreifer mit Gewalt in einen verschlossenen Raum ein, in dem die Kinder schliefen. Er erstach auch eine Erzieherin, die im achten Monat schwanger war. Danach flüchtete er nicht, sondern fuhr nach Hause, wo er seine Frau, sein Kind und anschließend sich selbst tötete.

Riesiges Entsetzen in Thailand

Das Kreiskrankenhaus der Provinz rief am Donnerstagnachmittag zu Blutspenden auf, weil viele Verletzte noch unmittelbar in Gefahr schweben. Das Entsetzen im Land ist riesig. Viele Menschen schrieben in sozialen Netzwerken erschütterte Kommentare und drückten den Angehörigen ihr Beileid aus. Premierminister Prayut Chan-o-cha, erst seit wenigen Tagen wieder im Amt, nachdem eine Prüfung seiner Dienstzeit vom obersten Gericht verlangt worden war, fliegt am Freitag nach Nongbua Lamphu, um den Angehörigen zu kondolieren.

Viele wollen helfen und melden sich zur Blutspende für die vielen Verletzten. (Foto: Warnwarn Ch/AP)

Die Hintergründe für dieses Massaker sind noch unklar. Bei dem Täter sollen zuvor Methamphetamin-Pillen gefunden worden sein. Es gab Spekulationen, ob er bei der Tat unter Drogeneinfluss gestanden haben könnte. Ein Polizeisprecher sagte, möglicherweise seien auch Wut über seine Entlassung und das gegen ihn laufende Gerichtsverfahren der Grund für die Tat. Die bei seinem Amoklauf verwendete Waffe sei legal erworben worden.

Waffenbesitz ist ein großes Problem in Thailand, es kommt regelmäßig zu Schießereien, doch ein Amoklauf wie dieser ist neu für das Land. Nun werden Rufe nach härteren Waffenkontrollen laut. Dabei hat Thailand eine sehr rigide Gesetzgebung, was Schusswaffenbesitz angeht, aber eine eher lasche Handhabung. Illegale Waffen, von denen viele aus unruhigen Nachbarländern wie Myanmar eingeführt werden, sind weit verbreitet. Nach Schätzungen aus dem Jahr 2017 sind insgesamt 10,3 Millionen Waffen im Umlauf, das wäre eine für jeden siebten Einwohner, davon waren etwa vier Millionen illegal.

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