Afghanistan:Britischer Youtuber von den Taliban freigelassen

Lesezeit: 2 min

Miles Routledge, 24, ein früherer Physikstudent aus Birmingham, war im Februar nach Afghanistan gereist. Schon bald verlor sich seine Spur. (Foto: Facebook/lordmiles)

Miles Routledges Geschäftsmodell war es, seine Fans in den sozialen Netzwerken mit gefährlichen Reisen zu beeindrucken. In Afghanistan wurde ihm das vor acht Monaten zum Verhängnis. Nun scheint der Trip doch noch ein gutes Ende gefunden zu haben.

Fast acht Monate war Miles Routledge, selbsternannter "Lord Miles", in den Händen der Taliban. Nun ist der britische "Gefahrentourist" freigelassen worden, wie die Hilfsorganisation The Presidium Network laut einem Bericht des Guardian mitteilte. Drei weitere britische Staatsbürger, unter ihnen ein Mediziner in Diensten des hohen Flüchtlingskommissars der UN, konnten ebenfalls in Sicherheit gebracht werden. Sie sollen am kommenden Dienstag in ihr Heimatland zurückkehren. "Wir sind alle erleichtert", schrieb der Mitgründer des Presidium Network, Scott Richards, auf der Kommunikationsplattform X.

Miles Routledge, 24, ein früherer Physikstudent aus Birmingham, unternahm immer wieder riskante Ausflüge und Reisen, um seine Fangemeinde auf Youtube zu beeindrucken: ein illegaler Grenzübertritt in Mexiko, ein Einbruch in ein verlassenes Psychiatrie-Gebäude oder eben ein Besuch bei den Taliban in Afghanistan. In Afghanistan filmte sich Routledge unter anderem dabei, wie er mit einem angeblich gefälschten US-Pass ins Land einreist, den Waffenmarkt von Dschalalabad besucht und vor den Augen eines Talib mit einem Sturmgewehr herumballert. Am Ende der Szene schütteln der bärtige Mann und der Youtuber sich die Hände. Das Video wurde mittlerweile 1,4 Millionen Mal aufgerufen und erhielt fast 50 000 Likes.

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Ende Februar verlor sich seine Spur in Afghanistan. Am 27. Februar postete er zum letzten Mal eine Nachricht auf Twitter, wie die Plattform X damals noch hieß. Ein paar Tage danach habe er noch eine Botschaft an die Chatgruppe geschickt, die ihn finanziell unterstützt, berichtete die britische Boulevardzeitung Daily Mail : "Yo, Jungs, ich bin vom afghanischen Geheimdienst geschnappt worden, weil ich so etwa 1000 Dollar über Western Union abheben wollte. Kein Internet, keinen Plan, wann dies gesendet wird, alles ist gut, aber bitte entschuldigt meine heruntergefahrene Kommunikation."

Über die genauen Umstände seiner Gefangennahme und seiner Freilassung ist bislang nichts bekannt. Ein Sprecher des britischen Außenministeriums sagte, die Regierung bedauere den Vorfall: "Im Namen der Familien der britischen Staatsangehörigen entschuldigen wir uns bei der afghanischen Regierung für etwaige Verstöße gegen die Gesetze des Landes." Der 54 Jahre alte Mediziner Kevin Cornwell, der ebenfalls zu den Befreiten gehörte, war im Januar bei einer Razzia in einem Hotel in Kabul festgenommen worden, angeblich wurde in seinem Safe eine Schusswaffe gefunden. Laut Medienberichten beschuldigten die Taliban ihn der Spionage. Über die beiden weiteren freigelassenen Briten gibt es noch keine genaueren Informationen. Die Hilfsorganisation Presidium Network, die an der Übergabe der Gefangenen beteiligt war, teilte lediglich mit, dass zwei der vier Männer medizinische Hilfe benötigten.

Für Youtuber Routledge war es nicht der erste missglückte Afghanistan-Trip: Im August 2021 war er von den britischen Streitkräften ausgeflogen worden, als die Taliban nach dem überstürzten Abzug der westlichen Streitkräfte Kabul gestürmt hatten und wieder an die Macht gelangt waren. Damals hatte er gesagt, er sei "erschöpft, aber erleichtert" und danke denjenigen, die ihm geholfen hätten, "da rauszukommen".

Das hielt ihn aber nicht davon ab, erneut nach Afghanistan zu reisen, trotz einer strikten Reisewarnung. Auf seinem X-Kanal war nach seiner Freilassung nun zu lesen, es sei "das beste Abenteuer" gewesen, das er jemals erlebt habe. Auch von "netten Jungs, die mich als Gast willkommen geheißen haben", ist die Rede. Es ist unklar, ob die Worte tatsächlich von Miles Routledge selbst stammen, über den Sommer hatte offenbar ein Freund von ihm den Account weitergeführt und versucht, Spenden einzutreiben. Über die Gefangennahme schreibt der angebliche Routledge, er habe bei einem Ausflug in die Berge nicht die nötigen Papiere bei sich gehabt. "Ich entschuldige mich und werde den Fehler nicht nochmal machen", steht dort. Und: "Nächsten Monat werde ich nach Kabul zurückkehren."

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SZ PlusGefahrentourismus
:"Yo, Jungs, ich bin vom afghanischen Geheimdienst geschnappt worden"

Der 23-jährige Miles Routledge besucht die Taliban und ballert mit einem Sturmgewehr herum, um seine Fans im Internet zu unterhalten. Kurz darauf wird er festgenommen. Seither fehlt von dem Briten jede Spur.

Von Tobias Matern

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