Abtransport der "Costa Concordia":Schwierige letzte Reise

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380 Kilometer weit soll die havarierte "Costa Concordia" in den Hafen von Genua geschleppt werden. Was passiert dort mit dem Schiffswrack? Was kostet die Aktion? Und was sagen italienische Umweltschützer?

Die wichtigsten Fragen und Antworten von Oliver Klasen

Zweieinhalb Jahre nach dem Schiffsunglück, bei dem 32 Menschen vor der italienischen Insel Giglio ums Leben kamen, tritt die Costa Condordia voraussichtlich am Mittwoch ihre letzte Reise an. 380 Kilometer weit soll das havarierte Schiff durch das Mittelmeer bis in den Hafen von Genua geschleppt werden. Ein riskantes Vorhaben.

Was haben die Bergungsteams in der vergangenen Woche erreicht?

Das wichtigste Ziel war es, die Costa Condordia wieder in Schwimmposition zu bringen. Das ist den Bergungsexperten vor einigen Tagen gelungen. Wie erhofft, konnte das Wrack von Plattformen angehoben werden, die auf dem Meeresboden befestigt worden waren, um das Schiff zu stabilisieren.

Das wurde möglich, weil Hunderte Ingenieure und Techniker 30 Wassertanks an beiden Flanken des etwa 50 000 Tonnen schweren Kolosses befestigt hatten. Mithilfe komprimierter Luft wurde das Wasser von Donnerstag bis Samstag nach und nach aus dem Tanks gedrückt. Dadurch bekam das Schiff einerseits Auftrieb und stieg etwa 14 Meter nach oben. Andererseits sorgten die Schwimmkörper dafür, die Costa Condordia aufrecht im Wasser zu halten. Um besser an den Wassertanks arbeiten zu können, wurde das Kreuzfahrtschiff außerdem 30 Meter hinaus ins Meer geschleppt.

Warum wurde der Abtransport mehrmals verschoben?

Das obere Bild zeigt die Costa Concordia am 16. Juli 2014. Auf diesem Foto vom 23. Juni 2012 ist das Schiffswrack aus derselben Perspektive zu sehen. (Foto: AFP)

Das Wetter bringt den Zeitplan des Bergungsteams durcheinander. Wegen starker Winde verzögerte sich der Abtransport der Costa Concordia um einen Tag, eigentlich hätte die Aktion am Montag beginnen sollen. Um das Wrack vor der Küste von Giglio nach Genua zu schleppen, dürfen die Wellen nicht zu hoch sein. Das Aufschwimmen des Schiffs (Ablassen des Wassers aus den Tanks) wurde am Montag fortgesetzt, es fehlten nach Reederei-Angaben noch drei Meter, um den geplanten Tiefgang von 17 Metern zu erreichen.

Es ist nicht die erste wetterbedingte Verzögerung: Wegen starken Winds waren die Unterwasserarbeiten zum Anheben des Wracks in der Nacht zum Donnerstag unterbrochen worden, um die Taucher nicht zu gefährden.

Bergung von Kreuzfahrtschiff vor Insel Giglio
:Bis zum Morgengrauen

Es ist vollbracht: Das Wrack des havarierten Kreuzfahrtschiffes "Costa Concordia" ist aufgerichtet. 19 Stunden hat die Bergungsaktion vor der Insel Giglio gedauert. Bis das Schiff wieder schwimmfähig ist und weggeschleppt werden kann, dauert es allerdings noch.

Die Bergung im Fototicker.

Das Wetter ist - und bleibt - ein großer Unsicherheitsfaktor. Ob der Abtransport am Mittwoch tatsächlich starten kann, entscheiden die Verantwortlichen je nach Voraussage.

Am Samstag trat plötzlich Öl aus - Grund zur Sorge?

Am Samstag kurz vor Mitternacht erspähten Helfer ausgetretenes Öl am Wrack. Daraufhin wurde das Areal sofort gereinigt. Zurzeit gebe es keine Hinweise auf ein Leck oder strukturelle Schäden am Schiff, hieß es. Trotz schwimmender Barrieren um das Wrack wurden am Sonntag an einem Strand der Insel Gegenstände angetrieben, die vermutlich von der Costa Concordia stammen, darunter eine Hose und eine Rettungsweste. Gemeindebürgermeister Sergio Ortelli sagte der Nachrichtenagentur Adnkronos, er sei bezüglich der Umwelt unbesorgt: "Ich fühle mich völlig sicher, denn die Situation und die Meeresbedingungen werden seit der Rotationsphase stetig überwacht. Alles ist unter Kontrolle."

Für Irritation, selbst bei italienischen Umweltexperten, sorgte unterdessen Frankreichs Umweltministerin Ségolène Royal. Die Politikerin verlangte Garantien, dass keine Schadstoffe austreten. Die Costa Concordia kommt beim Abtransport bis 30 Kilometer an die französische Insel Korsika heran. Ein Großteil der Treibstoffe war direkt nach der Havarie abgepumpt worden, das Wasser vor Giglio wird täglich analysiert - bisher ohne Auffälligkeiten.

Wie wird der Abschleppvorgang verlaufen?

Genau 208 nautische Meilen, etwa 385 Kilometer, sind es von der Insel Giglio, wo das Schiff verunglückte, bis in den Hafen von Genua, wo es zerlegt werden soll. Zunächst wird das Schiffswrack mit vier Schleppern und mehreren Begleitschiffen und Hubschraubern in südlicher Richtung von der Insel weggezogen. Danach dreht das Gespann ab und fährt durch das Tyrrhenische Meer westlich an den Inseln Montecristo, Pianosa, Korsika und Elba vorbei bis nach Genua. Die ganze Konstruktion bewegt sich dabei nur sehr langsam: mit etwa vier Kilometern pro Stunde. Deshalb dauert die Fahrt von Giglio bis nach Genua voraussichtlich vier Tage.

Was passiert mit der Costa Condordia, wenn sie in Genua angekommen ist?

Hunderte Experten arbeiten seit Wochen daran, die "Costa Concordia" für den Abtransport vorzubereiten. (Foto: AFP)

Nur etwa 20 Prozent des 114 000 Tonnen schweren Wracks werden endgültig verschrottet, 80 Prozent des Materials können wiederverwertet werden. Die Einwohner Giglios werden auch nach einem erfolgreichen Abschleppen noch mehrere Monate an das havarierte Kreuzfahrtschiff erinnert werden. So lange wird es ungefähr dauern, um die schwimmende Stadt zu entfernen, die rund um das Wrack entstanden ist.

Was kostet die ganze Aktion?

Die Bergung, Abschleppung und Verschrottung der Costa Condordia dürfte wohl der teuerste Einsatz werden, den es in der Seefahrt je gegeben hat. Auf insgesamt 1,5 Milliarden Euro beziffert Michael Thamm, der Vorstandschef der Reederei Costa Crociere, die Kosten, die infolge des Unglücks entstanden sind. Bereits jetzt ist etwa eine Milliarde Euro davon ausgegeben worden. Das Abschleppen wird von dem Firmenkonsortium Titan-Micoperi durchgeführt, das auch für das Aufrichten des Schiffs im September verantwortlich war.

Linktipp:

Die Mailänder Zeitung Corriere della Sera zeigt mit dieser Grafikgalerie, wie die Bergung abläuft und wie die einzelnen Phasen dabei aussehen.

© SZ.de/AFP/dpa/olkl/jst - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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