Zulassung zum Studium:Wunschstudium - trotz schlechtem Abi

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Ein abgewiesener Architektur-Student hat gegen das Zulassungsverfahren der TU München geklagt - und Recht bekommen.

E. Müller-Jentsch und M. Thurau

Ein abgewiesener Architektur-Student hat sich erfolgreich gegen die Zulassungsbeschränkungen der Technischen Universität (TU) München gewehrt - mit Auswirkungen auf andere Studiengänge und Universitäten in Bayern.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) hat entschieden, dass das Eignungsfeststellungsverfahren der TU München nicht mit der grundgesetzlich garantierten Berufsausbildungsfreiheit vereinbar ist. (Foto: Foto: dpa)

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) hat die von der TU erlassene Regelung des sogenannten Eignungsfeststellungsverfahrens für unzureichend erklärt. Sie sei mit der grundgesetzlich garantierten Berufsausbildungsfreiheit nicht vereinbar.

Wer Abitur hat, darf studieren

Zusätzliche Zugangsvoraussetzungen müssten sich grundsätzlich am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit messen lassen. "Dies gilt insbesondere dann, wenn mit öffentlichen Mitteln geschaffene Ausbildungskapazitäten aufgrund hoher Eignungsanforderungen der Hochschulen nicht voll ausgeschöpft werden."

Die Richter betonen in ihrem Beschluss auch den Ausnahmecharakter des Eignungsverfahrens: Die Kriterien dafür müssten sich deshalb "möglichst genau an den besonderen Anforderungen des jeweiligen Studiums orientieren".

Wer sein Abitur bestanden hat, darf studieren. Allerdings können die Hochschulen für manche Studiengänge weitere Eignungsnachweise verlangen, wenn spezielle Anforderungen für das betreffende Studium erforderlich sind. "Gleichwohl steht es den Hochschulen nicht frei, den Zugang durch Eignungsfeststellungen uneingeschränkt zu begrenzen", sagt dazu jetzt der VGH.

Im konkreten Fall hatte die TU den Abiturienten bereits aufgrund seiner Noten abgelehnt und ihm die Möglichkeit eines Auswahlgesprächs verwehrt.

Richter pochen auf Chancenoffenheit

Daraufhin war der junge Mann vor Gericht gezogen. Tatsächlich verpflichtete schon das Verwaltungsgericht München die Uni, ihn zumindest vorläufig zum Bachelor-Studiengang Architektur zuzulassen. Einzelheiten sollten dann im Hauptsacheverfahren geklärt werden. Gegen diese Eilentscheidung legte die TU Beschwerde beim VGH ein. Aufgrund der gesellschaftlichen Verantwortung von Architekten gehöre ein grundsätzliches Interesse an technischen, ästhetischen und gesellschaftsrelevanten Fragen ebenso zu den Studienvoraussetzungen wie eine ausgeprägte soziale Kompetenz.

Der 7.VGH-Senat stellte fest, dass die TU-Satzung ein zweistufiges Eignungsfeststellungsverfahren vorsieht: Bewerber mit guten Noten werden direkt zum Studium zugelassen, die mit schlechten abgelehnt. Mit den dazwischen liegenden wird ein Auswahlgespräch geführt, auf dessen Basis unter Berücksichtigung des Abiturschnitts über die Zulassung entschieden wird.

In ihrer für ein Eilverfahren ungewöhnlich ausführlich begründeten Entscheidung, die im Hauptsacheverfahren kaum anders ausfallen dürfte, pochen die Richter auf "Chancenoffenheit": Wenn Bewerber nicht offensichtlich ungeeignet seien, "darf ihnen nicht die Möglichkeit verwehrt werden, ihre Eignung auch durch außerhalb der Schule erworbene einschlägige Fähigkeiten in einem... Eignungsfeststellungsverfahren nachzuweisen".

Das Gericht zieht in Zweifel, dass es sich bei den von der TU geforderten Kriterien um besondere, über die allgemeine Hochschulreife hinausgehende qualitative Anforderungen an den jeweiligen Studiengang handelt. Außerdem würden solche Eignungsparameter im Rahmen der Vorauswahl auf der ersten Stufe dann gar nicht geprüft - "und es bleibt möglicherweise geeigneten Bewerbern von vornherein verwehrt, dieses Eignungskriterium nachzuweisen".

Der Charme der Auswahlgespräche

So verfüge etwa der klagende Abiturient aufgrund eines mehrjährigen Schulbesuchs in Großbritannien über fließende Englischkenntnisse. Obwohl die TU für das Architekturstudium sprachliche Ausdrucksfähigkeit in mindestens einer Fremdsprache verlange, sei dies aufgrund der Schulnoten-Vorauswahl bei der ersten Stufe nicht berücksichtigt worden (Az. 7 CE 09.2466).

TU-Präsident Wolfgang Herrmann betont, dass man die Eignungsfeststellung nicht benutze, um künstlich die Zahl der Studierenden zu senken. Im Gegenteil habe man in manchen Fächern über die Kapazität hinaus Bewerber aufgenommen.

Einladungen für alle Aspiranten zum Auswahlgespräch auszusprechen, wie es das Gericht anmahnt, sieht Herrmann als Kapazitätsproblem. "Das hieße in einem Fach wie dem Maschinenwesen Termine für rund 3500 Bewerber anzusetzen."

Statt des Gesprächs einen schriftlichen Test einzuführen, hält Herrmann für ungünstig. Der "Charme" des Gesprächs bestehe gerade darin, dass die Bewerber gleichzeitig eine individuelle Beratung bekämen. "Wir werden die Modalitäten der Auswahl noch einmal genau prüfen lassen, das sind wir unserem Ruf als Pioniere beim Eignungsfeststellungsverfahren schuldig", sagt Herrmann.

© SZ vom 30.12.2009/jobr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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