Zimmes & Zores:Experimente in Obergiesing

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Käsespätzle stehen auf der Mittagskarte des "Zimmes & Zorres". (Foto: Catherina Hess)

Das Zimmes & Zores passt eigentlich nicht ins graue Obergiesing, denn die Küche dort ist schon fast experimentell.

Hanne Rübenbauer

Dieser Artikel ist leider nicht mehr aktuell, das Restaurant gibt es nicht mehr.

Zwischen Obergiesing und dem Glockenbachviertel liegen mehr als nur die Isar und das Hochufer. Die beiden Viertel trennen vielmehr Welten. Im Glockenbach finden sich Szenelokale, ausgefallene Boutiquen und begehrte Altbauwohnungen, in "Obergiasing", wie Einheimische gerne betonen, reihen sich Wohnblocks aus den sechziger Jahren dicht aneinander, und statt trendiger Bars dominieren die Sportkneipen.

So gesehen war es überraschend, dass Zimmes & Zores 2005 aus dem Lieblingsquartier der Intellektuellen und Akademiker-Familien ins traditionelle Arbeiterviertel zog. Wo Schweinsbraten und Jägerschnitzel auf den Speisekarten zu finden sind, würde da jemand karamellisierten Paprikasalat mit gegrilltem Loup de Mer oder Kürbisravioli essen wollen?

So gesehen ist es auch überraschend, dass Zimmes & Zores den Umzug in die gastronomische Wüste der Warngauer Straße überlebt hat. Das liegt sicher nicht daran, dass sich im Nebenzimmer gelegentlich Vereine und Parteigruppen treffen - zum Beispiel der SPD-Ortsverein, der ja derzeit wenig zu lachen hat und dessen Mitglieder wohl kaum große Summen zurücklassen dürften. Inzwischen ist das Lokal auch nicht mehr von mittags bis Mitternacht geöffnet. Das hat sich offensichtlich nicht rentiert, obwohl gegenüber ein Versicherungs-Büroklotz steht. Die Türen öffnen sich nun erst um 17 Uhr.

Am Abend immerhin war das Restaurant stets gut besucht - obwohl das Ambiente alles andere als heimelig ist, und manches lieblos, ja sogar ein wenig ungepflegt wirkt: Das Neonlicht von der Decke ist zu hell, das Leder mancher Bank arg verschlissen, der Parkettboden schwarz vom Schaben der Stuhlbeine, an einer Lampe fehlte eine Glühbirne.

Wenn man dann noch, wie einmal geschehen, eine geschlagene Stunde auf das Essen warten muss, kann man entweder mit seinem Handy spielen oder gleich trübsinnig werden. Die eklektische, zum Glück kärgliche Dekoration - hier eine kitschige Jesusfigur, dort eine fernöstlich wirkende Schablonenmalerei - ist wohl dem Namen geschuldet: Zimmes ist ein jüdischer Eintopf und Zores bedeutet Durcheinander.

Von Zores auf der Speisekarte ist aber nichts zu spüren. Sie ist, wie schon vor fast acht Jahren die Kollegin Klara Wein über das frühere Glockenbach-Zimmes & Zores anmerkte, wohltuend übersichtlich. Sie bietet ein, zwei Suppen, drei oder vier Salate, zweimal Pasta und ein Fleischgericht, zwei Desserts. Fisch scheint man hier weniger zu mögen.

Beibehalten wurde auch das schöne Konzept der halben Portionen, die man sich zusammenstellen kann. Für 15 bis 25 Euro lässt sich so ein leichtes Drei- oder sogar Vier-Gänge-Menü bauen, nach dem man gesättigt, aber nicht magenschwer das Lokal verlässt. Gemessen an der Qualität und auch Originalität der Speisen sind die Preise mehr als angemessen.

Ausrutscher gab es nur wenige, zum Beispiel die sahnegesättigte, fade Steckrübensuppe. Ansonsten dominieren geschmacklich gut abgestimmte Kompositionen. Die Linsensuppe hatte sich dank knackig gekochter Zutaten und Pfefferkörnern einen angenehmen "Biss" bewahrt. Die Maispoulardenbrust auf einem Kräutersalat mit einem Nest aus Ziegenkäse zerging auf der Zunge, beim Rote-Beete-Salat peppten Meerrettich-Streifen die farbige Wurzel geschmacklich auf.

Sehr fein und zart schmeckte auch das Spanferkel mit Cranberries und Maronen. Die Entenbrust hätte ein paar Minuten weniger in der Pfanne vertragen, dafür entschädigte ein außergewöhnliches, fruchtiges Apfel-Sellerie-Kartoffelgratin. Auch die Ravioli, mal mit Kürbisfüllung, mal mit Ricotta, überzeugten durch Bissfestigkeit und Geschmack. Die Desserts - wir probierten Gâteau au chocolat und Nougatmousse - waren ordentlich, wenn auch nicht sensationell.

Die Weinkarte ist klein, aber gut sortiert, mit einem Schwerpunkt auf Spanien und Portugal, was eine angenehme Abwechslung zu den sonst dominierenden Italienern bietet. 0,2 Liter kosten zwischen 4,50 und 6,50 Euro. Für Suppen muss man um die vier Euro zahlen, für Salate etwa neun Euro. Hauptgerichte kommen auf etwa 15 Euro. Nachtisch ist für 2,50 bis vier Euro zu haben

© SZ vom 23.11.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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