Wu Lyf in München:Rebellen mit Geheimnis

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Einst versteckten sie ihre Gesichter hinter Masken und hinterließen chiffrierte Codes an Hauswänden. Heute gehören Wu Lyf aus Manchester zu den angesagtesten Acts der Indie-Szene. In der Kranhalle begeistern sie das Münchner Publikum - und Sänger Ellery Roberts erinnert an einen Rebellen von früher.

Beate Wild

So sehen die vier also aus, die ein paar Jahre als Großbritanniens geheimnisvollste Musiker galten. Man ist überrascht, denn man blickt in vier sehr junge Gesichter. Lausbuben, möchte man fast sagen. Alles begann 2008, als das Künstlerkollektiv Wu Lyf anfing, in Form von kryptischen Botschaften an Häuserwänden durch die Straßen Manchesters zu geistern. Man wusste nichts von ihrer Identität, ihre Gesichter und Interviews verweigerten sie der Öffentlichkeit vehement.

Hautnah am Publikum: Wu Lyf in der Kranhalle in München. (Foto: Beate Wild)

Und jetzt stehen sie an diesem Mittwochabend auf der Bühne in der Münchner Kranhalle. Jung, frech, leidenschaftlich - und hauen das Publikum glatt um mit ihrer energiegeladenen Musik.

Wu Lyf, das ist die Abkürzung für "World Unite! Lucifer Youth Foundation". Hierzulande gelten die Jungs aus Manchester noch als Geheimtipp, doch in ihrer Heimat England sind sie derzeit einer der angesagtesten Acts - was nicht zuletzt an der unglaublichen Bühnenpräsenz des Sängers Ellery Roberts liegen dürfte. Roberts, gerade mal 22 Jahre alt, stürmt mit einem Selbstbewusstsein ins Rampenlicht, das an den jungen David Bowie erinnert. Auch seine toupierte Rockabilly-Frisur und seine Jeansjacke haben diesen Achtziger-Jahre-Touch, der an Roberts einfach unwiderstehlich wirkt.

Er gibt den vorlauten Bengel, doch er beeindruckt nicht nur mit seiner Attitüde, sondern auch mit seiner rauchig-tiefen Stimme, bei der wohl auch mittels Soundtechnik ein wenig nachgeholfen wurde. Dazu spielt er Keyboard - zumindest hin und wieder.

Gitarrist Evans Kati wirkt mit seinem roten Hawaiihemd gegen ihn wie ein gemütlicher Teddybär. Schlagzeuger Joe Manning ist eher vom Typ schüchterner Musiker und Bassist Tom McClung versucht sich in Rockstarposen. Sein Background-Gesang ist übrigens so scheußlich, dass er schon wieder süß ist.

Doch so unterschiedlich die vier sind, sie harmonieren perfekt zusammen. Bei ihrem Konzert in München spielen sie sämtliche Songs ihres bisher einzigen Albums "Go Tell Fire To The Mountains". Die bekanntesten Songs daraus sind "Heavy Pop" und "Dirt". Aber egal, was die Band anstimmt, alles wird vom Publikum begeistert gefeiert. Gitarrenwände, an Afro-Beats erinnernde Percussions, treibende Rhythmen und der rotzige Schreigesang von Roberts sind typisch für Wu Lyf. Manchmal erinnert der Sound ein bisschen an Joy Division, die stets als eines der Vorbilder der jungen Briten genannt werden.

Ihr mysteriöses Image wollen Wu Lyf jedenfalls loswerden. Die Geister, die sie zusammen mit ihrem Manager Warren Bramley anfangs riefen, fangen an sie zu nerven, wie sie in Interviews, die sie der ausgehungerten und neugierigen Presse seit neuestem geben, nicht müde sind zu betonen. Keine geheimnisvollen Botschaften mehr auf Hauswänden, keine chiffrierten Codes mehr auf der Website und keine Auftritte mehr mit Masken. Wu Lyf wollen Gesicht zeigen, doch man kann nicht bestreiten, dass die anfängliche Geheimnistuerei ihren Erfolg nur anheizte.

Am Ende des Konzert springt Sänger Ellery Roberts mehrmals ins Publikum, umarmt seine Fans und tanzt mit ihnen auf der Bühne, als die euphorische Meute gegen Ende nach oben stürmt. Ein großartiges Konzert einer außergewöhnlichen Band. Von den Jungs wird man noch viel hören. Sehr viel.

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