Einzelhandel:Wolfratshausen will Weichen stellen

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Auch wenn immer mehr im Internet bestellt wird, wird es weiterhin stationären Handel geben, ist Cima-Experte Hörmann überzeugt. (Foto: Florian Peljak)

Bei einer Sondersitzung im Rathaus soll eine Strategie gefunden werden, wie sich der Einzelhandel im Zentrum neu beleben lässt. Teil der Überlegungen ist das Gelände am Bahnhof.

Von Matthias Köpf, Wolfratshausen

Werktag für Werktag schwärmt aus den Gewerbegebieten eine Armada von Paketzustellern in ihren gelben, weißen oder braunen Lieferwagen aus. In den Laderäumen haben sie vieles, was die Menschen in Wolfratshausen und seiner Umgebung früher in der Innenstadt gekauft haben, aber heute längst im Internet bestellen. Die Hälfte aller Bücher ordern die Deutschen inzwischen online und mehr als ein Drittel ihrer Elektrogeräte. Die Wolfratshauser Stadträte wollen sich in der kommenden Woche in einer Sondersitzung mit einer Strategie befassen, wie sie den Einzelhandel in der Innenstadt trotz dieses anhaltenden Trends wieder beleben können. Teil dessen könnte auch ein neues Einkaufszentrum in der Nähe des Bahnhofs sein.

Als Diskussionsgrundlage dient den Räten ein Einzelhandelsgutachten des Beratungsunternehmens Cima. Das mehr als 130 Seiten starke Papier soll nicht nur die Lage analysieren und Verbesserungsvorschläge machen. Vielmehr sollen diese Vorschläge in aller Form als sogenanntes städtebauliches Konzept beschlossen werden. Sofern sie den Einzelhandel berühren, müsste sich die Stadt in allen Planverfahren der kommenden Jahre an die Vorgaben dieses Konzeptes halten und zudem nach und nach auch ältere, seit langem gültige Bebauungspläne entsprechend aktualisieren, um diese rechtssicher zu machen.

Denn wenn sich etwa auf die Klage eines abgewiesenen Investors ein Plan als hinfällig erweisen sollte, so hätte die Stadt danach überhaupt kein Instrument mehr, die Ansiedlung von Handel und Gewerbe zu steuern. So lautet die Warnung von Cima-Teilhaber Christian Hörmann, der das Einzelhandelsgutachten maßgeblich verfasst hat. Bisher hätten Investoren nur selten auf Konfrontation gesetzt, doch angesichts der großen Kapitalmengen, die derzeit angelegt werden müssten, sei es etwa in Wangen im Allgäu schon zu ersten Klagen gekommen.

Im SZ-Gespräch zeigt sich Hörmann überzeugt, dass der Anteil des Internet-Handels weiter zunehmen wird. Ebenso überzeugt sei er aber davon, dass es den stationären Handel weiterhin geben wird. In "qualifizierten Mittelzentren" einer gewissen Größe werde es auch auf lange Sicht die ganze Warenpalette in Läden geben. In kleineren Städten würden Einkäufer wohl nur noch ihren täglichen Grundbedarf decken können. Wolfratshausen, das nach landesplanerischer Definition mit Geretsried ein gemeinsames Mittelzentrum bildet, sieht er zwischen beiden Kategorien - also "genau auf der Kippe".

Hörmanns Einzelhandelsgutachten schien den Stadträten zu umfangreich, als dass sie es in ihrer November-Sitzung ausdiskutieren oder gar als Konzept beschließen hätten können. Sie hatten das Thema einschließlich der Verträglichkeitsstudie für ein Einkaufszentrum auf dem Kraft-Areal am Bahnhof und der Aufstellung eines dazu nötigen Bebauungsplans daher auf eine Sondersitzung an diesem Dienstag, 13. Januar, um 18 Uhr verschoben.

Inzwischen hat Projektentwickler Bernd Schwarz den Räten die Pläne der Kraft-Stiftung für das Gelände ihres jetzigen Baustoffhandels erläutert. Zahlreiche Bedenken vor allem in Hinblick auf den zu erwartenden Verkehr an dieser sensiblen Stelle hat Schwarz dabei aber nicht zerstreuen können. So hat am Donnerstag auch der Wolfratshauser Hans Gärtner an die Stadträte appelliert, mit jeder Entscheidung über das Einkaufszentrum zumindest bis zum nächsten Runden Tisch zur geplanten S 7-Verlängerung zu warten, mit dem wohl in den kommenden Wochen zu rechnen sei. Von Gärtner stammen die Vorschläge, auf deren Grundlage Innenminister Joachim Herrmann (CSU) beim ersten Runden Tisch vor einem Jahr die in Wolfratshausen ultimativ verlangte Tieferlegung der Gleise unter die Sauerlacher Straße noch einmal prüfen lassen wollte.

© SZ vom 10.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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