Wolfratshausen:Schutzzone für Edmund Stoiber

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Seit drei Jahren ist Edmund Stoiber nicht mehr Ministerpräsident - besonders bewacht werden der bayerische Politiker und seine Wolfratshauser Doppelhaushälfte noch immer.

Matthias Köpf

In regelmäßiger Reihe erleuchten die Lampen den Fußweg, der am östlichen Loisachufer von der Wolfratshauser Altstadt Richtung Weidach führt. Nur um das nördliche Ende der Gartenstraße herum sind die Lampen plötzlich ziemlich dicht und eher wirr platziert, und die meisten von ihnen leuchten auch überhaupt nicht. Stattdessen linsen durch Löcher im blinden Lampenglas die Kameras, welche die Umgebung von Edmund Stoibers naher Doppelhaushälfte im Blick behalten sollen.

Schutz für Stoiber: Auch drei Jahre nach seinem Abschied aus der bayerischen Landespolitik wird Edmund Stoiber noch für viel Geld bewacht. (Foto: dpa)

Die uniformierten Polizisten, die früher stets vor Stoibers Anwesen auf und ab gingen, sind dagegen schon seit einiger Zeit nicht mehr zu sehen. Besonders beschützt wird der frühere bayerische Ministerpräsident aber auch noch drei Jahre nach seinem erzwungenen Abschied aus dem Amt. Über die Details schweigen die beteiligten Behörden - aus Sicherheitsgründen, wie es heißt.

Denn Stoiber steht immer noch und immer wieder im Blick politischer Gegner. Die Annahme, dass in den dunklen Lampen neben Kameras auch Mikrofone installiert sind, soll sogar hin und wieder oppositionell gesinnte Spaziergänger zu regierungskritischen Äußerungen veranlasst haben. Für so etwas sehen sich in Bayern und speziell in Wolfratshausen unter anderem die Grünen zuständig, die im Oktober beim Landratsamt einen Schweigemarsch mit Mahnwache vor Stoibers Haus anmelden wollten, um den ehemaligen Ministerpräsidenten und die Öffentlichkeit an das Milliardendebakel der Bayerischen Landesbank zu erinnern.

Anfang November haben die Grünen den Antrag dann wieder zurückgezogen - weil sie nicht genügend Schweigemarschierer gefunden haben, räumte der Wolfratshauser Ortsvorsitzende Rudi Seibt kürzlich bei einer Veranstaltung der Grünen ein, doch Schriftführer Hans Schmidt spitzte schnell zu: Weil man an der behördlichen "Bannmeile" um Stoibers Haus gescheitert sei.

Ein solche Bannmeile, wie sie rund um Parlamente üblich ist, gibt es um das Privathaus des ehemaligen Ministerpräsidenten aber nicht, versichert das Münchner Innenministerium. Vielmehr könne die zuständige Behörde, also das Landratsamt, im Einzelfall einen "befriedeten Bezirk" im Sinne des Bayerischen Versammlungsgesetzes festlegen, um wie bei jedem anderen Bürger auch die Persönlichkeitsrechte Stoibers und seiner Familie zu schützen. Dass dieser Einzelfall bei Versammlungswünschen in der Wolfratshauser Gartenstraße jedoch grundsätzlich eintritt, mag auch das Ministerium zumindest nicht ausschließen.

Das Innenministerium legt in Rücksprache mit Stoiber selbst den Grad der Belästigungsgefahr fest, in der der frühere Ministerpräsident aktuell schwebt. Während früher hin und wieder Militarismuskritiker, Mobilfunkgegner, Scheidungsväter oder die Gewerkschaftsjugend von Stoiber ferngehalten werden mussten, ist der Wolfratshauser Ehrenbürger für die Polizei inzwischen offenbar kein großes Thema mehr.

So fragt man sich etwa im Polizeipräsidium Oberbayern Süd in Rosenheim zunächst selbst, ob man von der - noch auf Beschluss der Regierung Stoiber aufgelösten - Polizeidirektion Weilheim auch die Zuständigkeit für den Objektschutz von Stoibers Haus geerbt hat. Für Auskünfte sei aber ohnehin das Innenministerium zuständig, heißt es schließlich. Das Ministerium gibt sich aber zugeknöpft und will grundsätzlich keine Details veröffentlichen, um nicht auf etwaige Sicherheitslücken aufmerksam zu machen.

Wie groß der Aufwand für Stoibers Sicherheit genau ist und wie viel das die Steuerzahler kostet, ist weder bei der Polizei noch im Ministerium zu erfahren. Eine gepanzerte Limousine wolle und brauche er jedenfalls nicht mehr, beschied Stoiber selbst im Jahr 2008 dem damaligen Staatskanzlei-Chef Eberhard Sinner während der Diskussion um sein üppig ausgestattetes Austragsbüro im Münchner Lehel mit 13 Zimmern, zwei Beamten und drei Angestellten. Alles zusammen kostet das den Freistaat laut Staatshaushalt 420.000 Euro im Jahr - allerdings nur noch bis zum Herbst 2011, wenn sich Stoiber von dem Büro trennen muss.

© SZ vom 11.12.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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