Bayerische Mineralienfreunde:Quarzkristall und Haifischzahn

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Mineralientag in der Loisachhalle Wolfratshausen: eine Ausstellung für Mineralien, Fossilien, Edelsteine, Schmuck und Zubehör. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Der Mineralientag gibt Interessierten Gelegenheit, seltene Steine zu bestaunen und die eigene Sammlung zu erweitern. An rund 50 Ständen in der Wolfratshauser Loisachhalle wird geschaut, gekauft und getauscht.

Von Paul Schäufele, Wolfratshausen

Dieser Behandlung hält der faustgroße Stein nicht lange stand. Jörg Schlyia hat ihn mit geübten Handbewegungen in die Kette des Rohrabschneiders gespannt, übt zunehmend Druck aus. Ein dumpfes Knacken - und was von außen so unscheinbar aussah, entpuppt sich als mineralogische Schatzkammer. Im Innern der sogenannten Geode wuchs über Millionen Jahre eine glitzernde Quarz-Druse. Der Stand, an dem der Mineralienhändler Schlyia die Geoden öffnet, ist einer von etwa 50 Ständen, mit denen der Verein der Bayerischen Mineralienfreunde der Leidenschaft fürs Gestein ein Forum gibt.

Schon kurz nach Beginn des "Mineralientags" am Sonntag bildet sich eine Schlange vor der Wolfratshauser Loisachhalle. Es sind vor allem Sammlerinnen und Sammler seltener Steine, die noch vor Mittag ein attraktives Exemplar ergattern möchten. Doch auch Familien mit Kindern mischen sich unter die Interessierten. Zu den am meisten bestaunten Objekten gehört ein spiegelbildlich verdoppelter Quarzkristall, der im Fachjargon "Japaner-Zwilling" genannt wird und in dieser aus Peru stammenden Formation mit Bergkristall und Chalkopyrit gekoppelt entstand. Paul Weghorn schätzt den Wert auf etwa 1200 Euro. "So was verkauft man nicht jeden Tag. Aber der Witz ist ja, dass ich selbst sammle. Man gibt die Stücke deshalb auch nicht immer gern her", sagt der Garchinger, der seit 40 Jahren Mineralien ausstellt.

Olgun Schiederer ist Veranstalterin des Mineralientags. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Damit ist er fast von Anfang an dabei. Denn der Verein der Bayerischen Mineralienfreunde, der alljährlich Ausstellungen in Wolfratshausen und Landshut organisiert, wurde 1980 von Johannes Schiederer gegründet. Nun leitet seine Tochter Olgun Schiederer die Mineralien-Messe. Über mangelndes Interesse kann sie sich nicht beklagen. "Eigentlich ist die Loisachhalle zu klein", sagt sie. Immer wieder müssten ambitionierte Mineralienhändler abgewiesen werden. Und unter denjenigen, die die Ausstellung gesehen haben, finden sich regelmäßig solche, die, inspiriert vom Gesehenen, selbst mitmachen möchten. "Dürfen wir uns eintragen?", mit diesen Worten tritt eine Frau aus Grünwald an Schiederer heran.

Baryt und Calcit. (Foto: Harry Wolfsbauer)
Querschnitt eines Fruchtkolbens des Zitronenpulverbaums. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Nicht nur mineralogische Fundstücke werden ausgestellt. Auch Fossilien sind zu sehen, am Stand des studierten Geologen Martin Helmut etwa. Pflanzliche und tierische Stücke aus dem Kambrium, also der Zeitspanne der Erdgeschichte, die vor etwa 500 Millionen Jahren zu Ende ging, liegen neben solchen, die es auf immerhin 10 000 Jahre bringen. "Hier haben wir einen Megalodon-Zahn, einen Lurch aus dem Erdaltertum, aber auch was von einem Bison aus dem Pleistozän." So bietet Helmut seine Auswahl mit der Fachkenntnis des sammelnden Experten zum Verkauf an. Schließlich könne man nicht alles aufheben.

Auf der Bühne der Loisachhalle sind als Sonderausstellung mit dem Titel "Natur und Technik" gar Tierpräparate zu sehen: eine Vogelspinne, Riesen-Schmetterlinge, aber auch ein Wildschwein-Frischling. "Das ist unser Liebling", sagt Olgun Schiederer. Die Stücke sind allesamt aus der Sammlung ihres viel gereisten Vaters. "Aber das sind nicht einmal fünf Prozent", sagt sie. Der Rest wird auf einer Fläche von 300 Quadratmetern gelagert und soll irgendwann einmal einem Museum geschenkt werden.

Was auf den ersten Blick etwas deplatziert wirkt, soll sich ins Gesamtkonzept einer naturwissenschaftlichen Ausstellung einfügen. "Hauptsächlich sind Geologen hier, mit wissenschaftlichem Interesse", sagt Schiederer. Vereinzelt sind unter den Ausstellern auch solche, die den Steinen heilende Wirkung zuschreiben. Oliver Baßler zum Beispiel wirbt für Wasser, in dem eine gläserne, mit Steinen gefüllte Ampulle steht. "Das funktioniert recht simpel: Steine strahlen ja. Und Wasser ist ein Informationsträger", erklärt Baßler. Der Effekt des dergestalt informierten Wassers hänge von den Steinen ab. Eine Mischung aus Rosenquarz, Amethyst und Bergkristall soll beruhigend wirken. Die Mischungen werden zu Preisen einer Spanne zwischen rund 70 und 300 Euro vertrieben. Ob das nicht in Widerspruch stehe zum wissenschaftlichen Anspruch der Veranstaltung? "Nein", sagt Schiederer bestimmt. Was sie jemandem sagen würde, der den Heilungsversprechen durch Stein-Therapien mit Skepsis begegnet? "Der muss es nur probieren und fühlen, dann merkt er es schon."

Repräsentativer für den Minteralientag sind allerdings Sammler wie Andreas Steinberger vom Nachbarverein der Münchener Mineralienfreunde. Er ist als Kind mit seinem Vater und einem Buch losgezogen und hat Steine gesammelt, in Ziller- und Habachtal, in Spanien und Griechenland. "Man weiß nie, was einem die Natur bereitstellt, kein Stein ist gleich. Und dann der erste Mensch zu sein, der diesen Stein sieht, das ist was Besonderes", sagt Steinberger. Die Faszination hat ihn nie verlassen. Das verbindet ihn mit vielen, die sich jedes Jahr beim Mineralientag wieder treffen.

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