Vor dem Bürgerentscheid:Mutig für die einen, "Blödsinn" für die anderen

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Ob der Marienbrunnen versetzt werden soll, bleibt in Wolfratshausen eine strittige Frage. (Foto: Hartmut Pöstges)

Die Meinungen, ob man den Marienbrunnen versetzen soll oder nicht, gehen in Wolfratshausen weit auseinander.

Von Wolfgang Schäl, Wolfratshausen

In der Diskussion, ob der Wolfratshauser Marienplatz im Zuge einer Aufwertung des Ortszentrums umgestaltet werden sollte, gehen nach wie vor die Meinungen auseinander. Im Mittelpunkt der Debatte, die beim Bürgerentscheid am 11. Dezember ausgehandelt wird, steht die vom Stadtrat mit deutlicher Mehrheit beschlossene Versetzung des Marienbrunnens in Richtung Marktstraße, mit der Maßgabe, dass die beiden Platanen erhalten bleiben. Der Frage, ob dieser Eingriff in die Wolfratshauser Altstadt und seine Konsequenzen für die Stadtentwicklung vertretbar sind, widmete sich nun eine Versammlung der Grünen. Referent war Ernst Gröbmair von der Vereinigung Lebendige Altstadt Wolfratshausen. Er sieht das wichtigste Ziel aller Veränderungen in einer Aufwertung des Geschäftslebens und einer Stärkung des Einzelhandels - und wandte sich gegen das Argument, der Brunnen komme zu sehr in die Nähe der Ortsdurchfahrt. Weil die Marktstraße ja selbst schmaler werde, bleibe der bisherige Abstand erhalten. Auch die immer wieder angesprochene Kostenfrage mochte Gröbmair nicht gelten lassen. Man rechne schließlich damit, dass ein Großteil über staatliche Fördermittel bestritten werden könne. Und bislang liege ja noch nicht einmal ein Kostenvoranschlag für die Brunnenversetzung auf dem Tisch.

Vehement setzte sich Stadtrat Fritz Schnaller (SPD) für eine Neukonzeption der Innenstadt und damit für eine Brunnenversetzung ein. "Wir müssen endlich den Mut haben, was zu riskieren", forderte Schnaller, der an das immer wieder zu vernehmende Schlagwort von der Stadt als "Stillstandshausen" erinnerte. Auch das zentrale Wolfratshauser Problem, der Durchgangsverkehr, sei darauf zurückzuführen, dass man es vor 40 Jahren aufgrund von Bedenkenträgern nicht auf die Reihe bekommen habe, eine Umgehungsstraße durchzusetzen. Beispielhaft für den Mut zu Veränderung seien heute dagegen Städte wie Murnau, Weilheim und Bad Tölz mit ihren florierenden Innenstädten, sagte Schnaller.

Ein Versammlungsgast zeigte sich allerdings besorgt, dass die zu erwartenden langen Bauarbeiten für die Umgestaltung der Marktstraße der Geschäftswelt zum Verhängnis werden könnten. "Da müssen 90 Prozent der kleinen Ladeninhaber zusperren." Ein anderer Besucher befürchtete, dass mit einer wachsenden Attraktivität der Stadt auch die Parkplatzprobleme zunehmen. Eine Besucherin wiederum konnte nicht nachvollziehen, "warum man sich denn so an den Brunnen klammert". Pragmatisch gab sich ein weiterer Gast: Man müsse mit der Umgestaltung des Stadtzentrums "erstmal anfangen und dann schauen, wie es weitergeht". Unwidersprochen blieb das Argument, dass Wolfratshausen mit der Versetzung des Brunnens viel deutlicher den Charakter eines Stadtzentrums erhalte. In diesem Sinne äußert sich auch Ewald Brückl, der Ehrenhauptmann der Gebirgsschützenkompanie. "Unsere Mariensäule fristet ein bescheidenes Dasein." Mit einer Verschiebung zur Straße hin erhalte "die Schutzfrau unseres christlichen Bayerns einen respektablen Standort und stünde nicht weiter im Schatten der Platanen".

In einer ausführlichen Erklärung hat sich auch Ex-Bürgermeister Helmut Forster (Wolfratshauser Liste) zu Wort gemeldet. Der Marienplatz sei "das Herzstück unserer historischen Innenstadt, ein beliebter und sicherer Ort, weg vom Verkehr und dennoch zentral". Diese Ruhezone werde bei einer bauliche Veränderung "empfindlich gestört". Der Platz genieße Ensembleschutz, auch wenn Generalkonservator Matthias Pfeil dies in Abrede stelle. Dessen Argument, der Brunnen sei schon mehrfach versetzt werden, stimme einfach nicht. Das Bauwerk sei lediglich mehrfach saniert worden. Als Unterstützer für seine Argumente zitiert Forster auch den Wolfratshauser Steinmetz Karl Dirnberger, der schon vor drei Jahren die angestrebte Brunnenversetzung als "Blödsinn" bewertet habe. Einen entsprechenden Auftrag würde Dirnberger ablehnen, denn das Bauwerk müsste nach seiner Ansicht mit Spezialgeräten zerschnitten werden und würde damit irreparabel beschädigt. Dafür hohe Kosten aufzuwenden, ist laut Forster in "wirtschaftlich schwierigen Zeiten nicht zu akzeptieren." Die Wolfratshauser Liste habe innerhalb von sechs Wochen nahezu 3000 Unterschriften gesammelt, dies sei eine Zahl, die für sich spreche.

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Von Wolfgang Schäl

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