Mehr Bedarf, weniger Bewerber:Auf der Suche nach Familienpaten

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Die nächste Schulung für Familienpaten bietet der Kinder- und Jugendförderverein Wolfratshausen ab dem 25. März an. (Foto: Hartmut Pöstges)

Die Anzahl der ehrenamtlichen Unterstützer ist wegen Corona gesunken. Der Kinder- und Jugendförderverein Wolfratshausen braucht dringend Interessenten

Von Tilman Voss, Wolfratshausen

Im Grunde ist es eine Erfolgsgeschichte des Landkreises: Seit acht Jahren gibt es in Wolfratshausen die Möglichkeit, Familien als ehrenamtlicher Pate zu unterstützen. Nach der Phase des Wachstums gehen dem Kinder- und Jugendförderverein Wolfratshausen (KJFV) nun jedoch die Paten aus - bei gleichzeitig steigendem Bedarf in den Familien. Daher werben KJFV-Geschäftsführer Fritz Meixner und Standortkoordinatorin Sonja Weißbacher vor der Schulung für potenzielle Paten ab dem 25. März um Interessierte.

Seit 2014 ist Wolfratshausen nun schon Standort des "Netzwerk Familienpaten Bayern", drei Jahre später kamen die Umlandgemeinden Münsing, Icking, Eurasburg und Egling dazu. Im bayernweiten Vergleich sei der Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen ein Vorzeigeobjekt, wenn es um das Maß an Bereitschaft der Ehrenamtlichen gehe, betont Bianca Ludwig von der Fachstelle Familienförderung im Landratsamt. So schulten die Fachleute des Netzwerkes allein für Wolfratshausen binnen acht Jahren 152 Patinnen und Paten - Zahlen, von denen andere Landkreise laut Ludwig nur träumen könnten. Doch im Zuge der Pandemie sank diese Bereitschaft, während gleichzeitig immer mehr Familien einen Paten nachfragten. Laut Meixner sähen viele Interessierte von einem Engagement ab, weil sie Angst vor einer Infektion hätten. Darüber hinaus sei die Patentätigkeit in der letzten Zeit durch die staatlichen Kontaktauflagen erschwert worden.

Derzeit arbeitet Weißbacher mit 39 Patinnen und Paten in Wolfratshausen und den Umlandgemeinden - Tendenz sinkend. Allein zum Jahreswechsel beendeten sieben Paten ihre Tätigkeit. "Es tut weh, einer Familie, die auf einen Paten wartet, abzusagen", sagt Weißbacher. Nach ihren Angaben warten manche Familien schon seit einem halben Jahr auf Unterstützung. So hoffen Meixner und Weißbacher, möglichst viele Menschen für die Schulung zu begeistern. Diese ist in sechs Teile gegliedert, inklusive Vor-Ort-Besuch bei einer Familie zum Abschluss. Eine Teilnahme an der Schulung verpflichtet nicht zum Einsatz als Pate. Der Interessent muss keinen beruflichen Hintergrund auf dem Gebiet der Pädagogik haben, um an dem Projekt teilzunehmen. Jeder, der motiviert sei und Lust daran habe, Familien zu helfen, ist willkommen, so Weißbacher.

Das Aufgabenfeld eines Paten ist breit gefächert. Ob Arztbesuche, Einkäufe oder Spielplatzausflüge - je nach Familie variieren die Tätigkeiten. Der Pate besucht die Familie in der Regel einmal pro Woche, um dort zu unterstützen. Dabei soll er laut Weißbacher vor allem eine Bezugsperson für Familien in angespannten Situationen sein und Entlastung bieten. Meixner spricht von niedrigschwelliger Unterstützung und "Hilfe zur Selbsthilfe". Das Netzwerk arbeitet eng mit dem Jugendamt und anderen Familienorganisationen zusammen. So können eventuelle Härtefälle an entsprechende Institutionen weitergeleitet werden, die diese dann professionell begleiten. In den meisten Fällen handelt es sich aber vor allem um Entlastung für gestresste Eltern.

So auch im Fall von Miriam Frede, die das Angebot in Anspruch nahm, als sie 2016 mit ihrem Mann und zwei Kindern im Alter von wenigen Monaten und einem Jahr nach Wolfratshausen zog. Da ihr Mann beruflich stark eingespannt war, betreute sie die beiden Kinder weitestgehend alleine. Eine Aufgabe, die Frede zusehends überforderte. So bekam sie eine Patin vermittelt - eine große Erleichterung. "Wenn man weiß, man hat drei Stunden in der Woche Unterstützung, dann ist das alleine für den Kopf unglaublich", sagt sie. Frede freundete sich damals mit ihrer Patin an und fand so auch einen ersten Anknüpfungspunkt in der neuen Stadt.

Einer der derzeitigen Paten, Klaus Steinberger, übt die Arbeit bereits zum zweiten Mal aus. Ihm gefiel die Schulung damals sehr. Man lerne dabei nicht nur viel über die Tätigkeit als Pate, sondern auch viel über sich selbst, sagt er. Steinberger ist als Pate sehr engagiert. Allein im vorigen Jahr kamen bei ihm fast 200 ehrenamtlich geleistete Stunden zusammen - eine Arbeit, die er neben seiner Beschäftigung an der LMU in Garching gerne leistet.

Interessenten können sich bis 7. März bei der Fachstelle Familienförderung unter Telefon 08041/505- 423 zur Schulung anmelden. Bei Rückfragen steht Sonja Weißbacher zur Verfügung, Telefon 0176-205 912 90.

© SZ vom 23.02.2022 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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