Weil Geld fehlt:Aus für die Surfwelle

Lesezeit: 3 min

Nach einer emotionalen Debatte lehnt es der Wolfratshauser Stadtrat mehrheitlich ab, für die Finanzierungslücke von 63 000 Euro aufzukommen. Das ambitionierte Trendsport-Projekt ist damit so gut wie gescheitert

Von Konstantin Kaip, Wolfratshausen

Es ist das Aus für die Wolfratshauser Surfwelle: Der Stadtrat hat sich am Dienstagabend mit 14 zu elf Stimmen dagegen entschieden, die Finanzierungslücke von circa 63 000 Euro zu schließen, die sich durch geringere EU-Fördermittel aufgetan hatte. Trotz eindringlicher Appelle von Bürgermeister Klaus Heilinglechner (BVW) hielt die Mehrheit an dem im Februar für den städtischen Anteil beschlossenen Kostendeckel von 400 000 Euro fest und hat so das ambitionierte Pionierprojekt faktisch beerdigt.

Mit Ausnahme von Helmut Forster simmte lediglich die Bürgervereinigung Wolfratshausen geschlossen für die Aufhebung des Deckels - dazu Renate Tilke (CSU), Annette Heinloth und Rudi Seibt (beide Grüne). Der Rest der CSU, die gesamte SPD-Fraktion sowie Grünen-Fraktionssprecher Hans Schmidt wollten dabei nicht mehr mitgehen. Sie lehnten es ab, den städtischen Anteil zu erhöhen und nahmen damit in Kauf, dass die bereits geleistete Zahlung von 175 000 Euro für Planung und Gutachten umsonst war.

Der im Februar beschlossene Kostendeckel für den Eigenanteil hätte aufgehoben werden müssen, weil die in Aussicht gestellten Fördermittel des Leader-EU-Programms geringer ausfielen als zunächst erwartet. Das zuständige Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Rosenheim hat die Kosten für Beratung und die freihändige Vergabe der Objekt- und Tragwerksplanung als nicht förderfähig eingestuft, der Zuschuss sank damit von 335 000 auf 270 000 Euro. Um die Förderung zu erhalten, hätte sich die Stadt mit circa 463 000 Euro an den Gesamtkosten für die Welle von rund 800 000 Euro beteiligen müssen.

Heilinglechner gab zu bedenken, dass der Zuschuss immer noch deutlich über dem liege, was Leader gewöhnlich an regionale Projekte gebe. Das zeige die hohe Bedeutung der Welle für die ganze Region. Die Mehrkosten seien keiner Erhöhung der Baukosten geschuldet, für die zentrale Stahlkonstruktion gebe es ein Fixpreisangebot. "Nutzen wir also die Chance", appellierte der Bürgermeister.

Diesem Aufruf aber wollte die Mehrheit im Stadtrat nicht mehr folgen. "Für uns ist das Ende der Fahnenstange erreicht", erklärte CSU-Sprecher Günther Eibl. Man werde die Kostenverschiebung nicht mittragen. Auch gehe er nach wie vor von einer Baukostenerhöhung aus. In einer langen, emotionalen Debatte, bei der nahezu jeder Stadtrat seine Beweggründe darlegte, überwogen schließlich die Zweifel. "Es tut mir leid, dass es so gelaufen ist", sagte der Zweite Bürgermeister Fritz Schnaller (SPD). "Aber das Risiko, weiter dafür zu stimmen, ist eine viel zu große Verantwortung. Wir steigen aus." Und SPD-Fraktionssprecher Fritz Meixner konstatierte: "Das ist jetzt alles kein Spaß mehr." Dass man nach so vielen Jahren nun erst erfahre, was förderfähig sei, mache ihn "sprachlos". Alle Fraktionen hätten sich auf Grundlage der damals vorhandenen Zahlen zu dem Deckel von 400 000 Euro durchgerungen. Zwar schmerze es ihn, dass nun nach dem Bürgerladen "der zweite Bürgerprozess in die Hose geht", sagte Meixner. Aber: "Ich habe kein Vertrauen mehr in das Projekt. Ich bin raus."

Wie hier am Eisbach in München hätte es auch am Loisachkanal in Wolfratshausen aussehen können. (Foto: Florian Peljak)

"Wir stehen zu dem Projekt", erklärte indes BVW-Sprecher Josef Praller. Zwar werde es die Stadt mehr kosten, "aber uns ist es das wert". Die zusätzlichen 63 000 Euro seien angesichts eines Haushaltsvolumens von 41 Millionen "immer noch überschaubar". Praller plädierte deshalb dafür, den Zuschuss zu erhöhen - auch um dem Verein "Surfing Wolfratshausen", der sechs Jahre lang für die Welle gekämpft und mehr als 60 000 Euro an Spenden akquiriert hat, "ein klares Zeichen" zu geben. Das wollte auch Renate Tilke (CSU), die gegen ihre Fraktion stimmte. Der Verein habe eine "phänomenale Arbeit geleistet", sagte sie. "Ich fände es traurig, wenn man dieses Engagement abwürgt." Damit halte man auch andere Bürger davon ab, sich für die Stadt einzusetzen, weil man den Eindruck vermittle, dass das nichts bringe.

Die Surfwelle sei ein Projekt, das "dem Allgemeinwohl der Bürger dient und nicht nur den Wassersportler", sagte Annette Heinloth (Grüne). Entscheidend für ihre weitere Zusage seien nun vor allem die bereits geleisteten Planungskosten. "Diese in den Wind zu schreiben, um an einem starren, willkürlich gesetzten Deckel festzuhalten, ist nicht sinnvoll." Anton Höfft (BVW), gab zu bedenken, dass zu den bereits gezahlten Kosten auch "berechtigte Ansprüche" des Kraftwerksbetreibers für Gutachten hinzukämen. Grünen-Sprecher Hans Schmidt hielt indes an dem Kostendeckel fest: Den Beschluss von Februar nicht aufzuheben, sei auch "eine Frage der Glaubwürdigkeit", sagte er. Nach eineinhalb Stunden fiel der Beschluss gegen die Welle. "Das Projekt Surfwelle in Wolfratshausen ist beendet", stellte Bürgermeister Heilinglechner enttäuscht fest.

© SZ vom 12.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Aus für die Surfwelle
:Den Pioniergeist aufgegeben

Vielen Stadträten war der beschlossene Kostendeckel wichtiger als das Trendsport-Projekt selbst. Ob sich das auszahlt, wird die Kommunalwahl zeigen

Von Konstantin Kaip

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: