Versammlung in der Loisachhalle Wolfratshausen:Widerstand gegen Corona-Schutzmaßnahmen

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In der Loisachhalle hat Josef Hingerl Unterstützer um sich geschart. (Foto: N/A)

Dem Wolfratshauser Golfplatzbetreiber Josef Hingerl schließen sich Unternehmer wie Reinhold Krämmel an. "Offener Brief an die Politik"

Von Wolfgang Schäl, Wolfratshausen

Es war ein Großeinsatz, den 28 Münchner Polizisten am 27. Februar in Wolfratshausen zu absolvieren hatten. Die Beamten wurden zum Golfplatz am Bergkramerhof gerufen, der an diesem Tag geöffnet war, wie andere Sportstätten aufgrund einer Corona-Regelung aber hätte geschlossen sein müssen. Dahinter stand eine erklärte Absicht: Anliegen des Geschäftsführers Josef Hingerl war es, gegen die behördlich angeordnete Schließung zu protestieren, ihm ging es ums Grundsätzliche, um Verfassungsrecht.

Hingerls Standpunkt: Aufgrund der von ihm auf der Anlage und in den Betriebsräumen getroffenen Vorsichtsmaßnahmen habe keine Handhabe bestanden, den Betrieb der Golfanlage zu verbieten. Rechtsanwalt Hingerl beruft sich dabei auf Artikel 8 des Grundgesetzes, der die Versammlungsfreiheit gewährleistet. Und: Das Golfplatzgelände müsse im Sinne des bayerischen Naturschutzgesetzes als "freie Natur" betrachtet werden, dürfe mithin von jedermann betreten werden - von Fußgängern, Joggern, Mountainbikern und eben auch von Golfern.

Bußgeld in Höhe von 15.000 Euro

Hingerl nimmt eine Menge Geld in die Hand, um diesen Standpunkt gerichtlich durchzusetzen. Denn die drohenden Bußgeldbescheide, für die er verantwortlich zeichnet, belaufen sich nach Hingerls eigenen Angaben zusammengerechnet auf 15 000 Euro. Die Zahlung will er verweigern, um so ein öffentlichkeitswirksames juristisches Verfahren in Gang zu setzen, eine Strategie, mit der er sich nicht nur Freunde macht - der Bayerische Golfclub distanziert sich von diesem Verhalten und befürchtet einen Imageschaden für die ganze Sportart.

Der beherzte Jurist betrachtet sich aber nicht nur als Chef eines Golfclubs, sondern auch als mittelständischer Unternehmer. In dieser Eigenschaft richtet Hingerl flammende Appelle an die gesamte regionale mittelständische Wirtschaft, die er davon zu überzeugen sucht, dass die Corona-Politik der Regierung die reine Katastrophe sei. Um dieses Anliegen zu verdeutlichen, hat Hingerl am Wochenende kurzfristig regierungskritisch eingestellte Unternehmer aus dem ganzen Oberland zusammengetrommelt und mit seiner Initiative beachtlichen Zuspruch erzielt. Rund 60 Gäste fanden sich in der Loisachhalle ein, die den Rednern immer wieder lautstarken Szenenapplaus spendeten.

Hingerl entwarf bei seinem Auftritt ein düsteres Szenario: "Die ganze Gesellschaft, meine Familie, mein Arbeitsplatz, alles ist gespalten, Freundschaften gehen auseinander." Dabei könne doch alles leichter gehen, wenn die Regierung "bei den Corona-Maßnahmen nur mal nachdenken würde", schließlich gelte Deutschland doch "als Land der Dichter und Denker". Es müsse die Frage gestellt werden, was das eigentlich bedeute, an Corona zu sterben. Viele Todesfälle würden schnell mal unter der Pandemie subsumiert, kritisierte Hingerl, auch wenn die eigentlichen Todesursachen im Einzelfall nicht immer eindeutig geklärt seien. Nicht zuletzt gebe es auch "ganze Industriezweige", die offenkundig sehr an den Restriktionen interessiert seien -"warum schreien da nicht alle auf?" Es sei mittlerweile "zehn nach zwölf", erklärte Hingerl unter begeistertem Beifall, statt Lockdown müsse die Devise jetzt lauten: "Sofort aufmachen."

In ähnlichem Sinne äußerte sich Reinhold Krämmel, Seniorchef des gleichnamigen Wolfratshauser Bauunternehmens. Er zitierte ausgiebig einen Leserbrief an eine hiesige Lokalzeitung, in dem von "Stillstand in der Wirtschaft" und "riesigen Kollateralschäden" für die Wirtschaft die Rede war, von der "Angst und Panik", die von den Medien verbreitet würden, von Repressionen der Regierung und von "unerträglichen Einschränkungen der Grundrechte". Ängste in der Bevölkerung und in der Wirtschaft müsse man ernst nehmen, und vor allem gelte es, "die überbordende Bürokratie" zu bekämpfen, die zu einer Entmündigung der Bürger führe und die Wirtschaft und den gesamten Kulturbetrieb außer Gefecht setze. Sogar die Gefahr einer Impfpflicht sieht Krämmel heraufziehen, obwohl dies doch immer heftig dementiert werde. Indiz dafür ist für den Unternehmer der Impfpass, der in Brüssel vorbereitet werde.

"Reine Propaganda"

Markus Dettendorfer, ein Maschinenbauunternehmer aus Rosenheim, appellierte in der Loisachhalle an die Versammelten, "endlich den Schulterschluss zu suchen". Gebraucht würden "Leute, die Mut haben, die als Multiplikator auftreten und Gas geben". Eine Ansbacher Fotografin bewertete die Aktivitäten der Regierung "nicht als Krisenbewältigung, sondern als reine Propaganda". In einem "offenen Brief an die Politik" haben sich Hingerl zufolge schon mehr als 2000 Unternehmer zusammengetan, mit einem Katalog von Forderungen: Rückgabe der persönlichen und unternehmerischen Freiheit sowie "Eigenverantwortung und Selbstbestimmung im Umgang mit gesundheitlichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Risiken".

© SZ vom 22.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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