Untermarkt:Zweites Rathaus statt Bürgerladen

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Die Stadt nutzt das Gebäude selbst für Büros, Andenkenladen und Kartenverkauf. Die Grünen kritisieren einen "finanziellen Blindflug".

Von Claudia Koestler, Wolfratshausen

Der Bürgerladen ist tot, die Stadt nutzt den Untermarkt 10 selbst: Der Antrag von Helmut Forster (BVW), Alfred Fraas (CSU), Günther Eibl (CSU) und Fritz Meixner (SPD) auf Instandsetzung und Nutzungsänderung der städtischen Immobilie ist beschlossen. Gegen die Stimmen von Grünen und Stadträtin Ulrike Krischke (BVW) stellte sich in der Fortsetzung der Stadtratssitzung am Mittwoch die Mehrheit hinter das Projekt, das Gebäude künftig für Stadtmarketing-Zwecke herzurichten. Allerdings nicht ohne hitzige Diskussion - insbesondere über die noch offenen Kosten.

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Hans Schmidt (Grüne) bemängelte, dass im Antrag nichts zur Finanzierung stehe. Er wollte das Projekt lieber "wirklich auf Null stellen" und alle Optionen prüfen - Eigennutzung der Stadt, teilweise Eigennutzung und Vermietung oder Vergabe in Erbpacht an die Städtische Wohnungsbaugesellschaft. "Bislang wurde weder der Sanierungsumfang klar definiert, noch eine Zweitmeinung über Sanierungskosten eingeholt." Er könne keiner Entscheidung zustimmen, die eine Nutzung jetzt schon festlege, ohne dass die finanziellen Konsequenzen für die Stadt über einen längeren Zeitraum bekannt sind. "Finanziellen Blindflug können wir uns bei dieser Haushaltslage und Perspektive nicht leisten."

Forster aber verstand Schmidts Antrag nicht und sah ihn mit zweierlei Maß gemessen: "Wenn der Bürgerentscheid anders ausgegangen wäre, hätten wir die Diskussion nicht." Am Bürgerladen hatten sich die 16 Stadträte von CSU, SPD und Teilen der BVW um Forster gestört, weil ein kommerzieller Ladenbetreiber subventioniert worden wäre. "Danach hieß es: Dann legt ein anderes Konzept vor. Das haben wir getan", sagte Forster. "In jeder besseren Stadt gibt es eine Tourist-Info. Wir leben da, wo andere Urlaub machen, nutzen aber das Potenzial nicht", so der Wirtschaftsreferent. Was Schmidt hingegen vorhabe, bedeute weitere drei Jahre Leerstand. Der Zweite Bürgermeister Fritz Schnaller (SPD) sprang Forster bei: "Der Vorschlag ist vernünftig, arbeiten wir doch endlich einmal erfolgsorientiert."

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Schmidt reagierte: Ihm gehe es darum, Alternativen zu berechnen. Klar sei, man brauche dort eine nachhaltige Sanierung, "die Frage ist aber, wie viel diese kostet." In der gegenwärtigen, finanziellen Lage der Stadt sei es nicht richtig, "erst mal Augen zu und dann schauen wir, was es kostet." Erst nach einer Kostenberechnung wolle er eine Entscheidung treffen.

Forster konterte, dass laut Antrag bis Mai die Kosten vorgelegt werden: "Man kann doch nur Kosten berechnen, wenn man weiß, für welchen Zweck." Als "Blödsinn" betitelte Forster zudem jene Kritikpunkte, die Annette Heinloth (Grüne) bereits am Vorabend ins Feld geführt hatte: Dass wohl eine zusätzliche Stelle für den Ticketverkauf nötig werde, das Trauzimmer nicht attraktiv und das Großraumbüro ungeeignet sei. Eibl antwortete, zu klein sei es nicht, sondern luftig. Manche städtischen Mitarbeiter teilten sich momentan zu zweit gerade mal sechs Quadratmeter am Arbeitsplatz.

"Eine Kuh hat sechseinhalb Quadratmeter", kommentierte Bürgermeister und Landwirt Klaus Heilinglechner (BVW). Hinsichtlich der Diskussion fand der Rathaus-Chef die Idee "charmant", wenn die Baufachleute im Rat einen Planer, der auch die Kostenermittlung übernehmen würde, unterstützten und Kosten sparten. Die Räte ermächtigten ihn, einen Planer zu beauftragen, Vorschläge reichen die Fraktionen bis nächste Woche ein.

Meixner betonte am Schluss, dass sich alle 16 Stadträte einig seien, hiermit keinen finanziellen Blankoscheck auszustellen. "Die zu hohen Kosten waren einst ein Hauptargument gegen den Bürgerladen". Sollte man das neue Konzept nicht in einen finanziellen Rahmen bringen, "müssen wir auch dafür die Reißleine ziehen", schloss er. Heilinglechner hingegen hielt sich eine Option für die Zukunft des Untermarkts 10 offen: "Sofern sich ein Mieter für das ganze oder einen Teil des Gebäudes mit guter Bonität findet, wird das dem Rat zur Entscheidung vorgelegt."

© SZ vom 19.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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