Freiluftmalerei:"Ich will wilde Schönheit einfangen"

Lesezeit: 3 min

Freilichtmalerin Stephanie Paula bei der Arbeit. (Foto: Privat/oh)

Stephanie Paula malt im Freien, bei Sonne, bei Schnee und am liebsten in den Bergen. Dort stellt sie nun auch aus: auf 1825 Metern Höhe am Brauneck.

Interview Von Stephanie Schwaderer, Lenggries

SZ: Frau Paula, Sie malen im Sommer am Starnberger See und im Winter auch mal auf der Skipiste. Ist das nicht ein bisschen ungemütlich?

Stephanie Paula: Dass man sich den Widrigkeiten des Wetters aussetzt, gehört für mich einfach zum Malen dazu. Schönheit, berührende Situationen, spannende Erlebnisse, all das findet nun mal nicht im Atelier statt. Im Sommer bin ich mit großem Hut und mit Sonnenschirm unterwegs. Im Winter bin ich eingemummelt wie ein Skifahrer. Manchmal regnet es oder ein Schneesturm setzt ein, das ist schon anstrengend und oft zum Verzweifeln. Aber ich mache das, weil ich die Atmosphäre, das Wetter und die Stimmung mit allen Sinnen erfahren möchte, um die Schönheit, die ich sehe, einzufangen.

Frieren da nicht die Finger ein?

Doch! Das ist teilweise recht schmerzhaft. Am Kitzsteinhorn in Kaprun habe ich mir im vergangenen Winter einen schlimmen Sonnenbrand und einen Sonnenstich geholt, weil ich die Strahlung und die Reflexion auf 3000 Metern Höhe unterschätzt hatte.

Auch auf der Piste ist Stephanie Paula mit der Staffelei unterwegs. (Foto: Privat/oh)

Sie setzen sich also gerne mit Haut und Haar der Situation aus, die Sie in Ihren Bildern einfangen. Sind Skifahrer nicht zu schnell für diese Art der Malerei?

Ich male draußen manchmal mehrere Tage an einer Idee, um Licht, Farben und die Stimmung einzufangen. Bewegungen und Details, sofern sie wichtig sind, ergänze ich zu Hause aus Skizzen und Fotos, die ich vor Ort mache. Skifahrer zum Beispiel lege ich draußen in Farbe und Wirkung an und arbeite im Atelier noch nach, damit die individuellen Bewegungsabläufe und die Persönlichkeit stimmen. Bei Landschaften oder Tieren ist das nicht nötig. Kühe ähneln sich in ihren Bewegungen, da darf man dann auch einmal ein paar Tiere mischen und eine Kuh woanders hinstellen. Die Fallschirmspringer am Brauneck habe ich direkt vor Ort gemalt, auch die Gäste vor der Tölzer Hütte. Da ist es auch nicht so wichtig, wer mit seinem Bierkrug dasitzt. Hauptsache, er sitzt da und das Licht spiegelt sich im Glas.

Wie reagieren die Leute, wenn Sie mit der Staffelei in der Landschaft stehen?

Die finden das spannend. Manche sind zögerlich und höflich zurückhaltend. Manche sehen mich einfach als als Hintergrund für eigene Fotos.

Auf der Tölzer Hütte ist das erste Bild der Serie entstanden, die Sie nun auch dort präsentieren. Welche Verbindung haben Sie zum Brauneck?

Mein Mann ist in Bad Heilbrunn groß geworden und hat seine Kindheit und Jugend beim Skifahren und Wandern in den Bergen um die Benediktenwand verbracht. Das Brauneck und die Tölzer Hütte sind für uns seit Jahren der erste Anlaufpunkt, wenn wir Sehnsucht nach Freiheit haben. Vergangenes Jahr hatten wir dort einen besonders schönen und sonnigen Skitag. Die Leute saßen vor der Tölzer Hütte, die Stimmung war gut, da habe ich zum Pinsel gegriffen. Das Bild heißt "Der perfekte Tag". Bei einem Glas Bier mit den Wirtsleuten kam die Idee auf, eine unkomplizierte Ausstellung im Herbst zu machen. Dann ist erst mal eine große Ausstellung in Salzburg dazwischen gekommen. Jetzt schließt sich der Kreis, und ich bin wieder da.

"Über dem Gipfel ist Ruh", Öl auf Leinwand, 70 x 120 cm. (Foto: Privat/oh)
"Liesi vor dem Skirennen", Öl auf Leinwand, 140 x 90 cm. (Foto: Privat/oh)

Sie sagen: Kunst beruht auf Können, harter Arbeit, sattem Leben und Inspiration. Sie lassen sich gerne von der Bergwelt inspirieren, warum?

Weil es dort noch so etwas wie ursprüngliche Schönheit und abenteuerliches Leben gibt. Und das Licht wird mit jedem Kilometer in den Süden immer schöner. Wenn auf der Garmischer Autobahn in der Früh die Berge auftauchen, kann eigentlich nichts mehr schiefgehen. Je weiter nördlicher man kommt, desto aufgeräumter wird die Landschaft und scheinbar gezähmter die Menschen.

Müssen sich die Besucher Ihrer Ausstellung den Kunstgenuss auch hart erarbeiten?

Der Aufstieg ist reizvoll, aber man darf auch die Gondel nehmen. Dann sind es nur noch zehn Minuten Fußweg.

Was zeichnet ein gutes Motiv für Sie aus?

Mein Leitmotiv ist Schönheit, aber nicht glatte und gleichförmige, sondern wilde, eigenartige und überraschende Schönheit. Die fehlt mir sehr oft in unserem Alltag. Zudem möchte ich meine Lebensfreude teilen. Zum Beispiel habe ich einen Gebirgsbach gemalt: das sprudelnde Wasser, in dem sich die Sonne spiegelt, dieses Grün, alles ist im Fluss.

Sie malen figürlich, impressionistisch und mit kräftigem breiten Pinselstrich. Wer hat Sie dazu ermutigt?

Ich wollte nie etwas anderes machen. Meine Vorbilder waren die Impressionisten. Aber es war ein langer, harter Weg. Ich habe Malerei in New York und an der Kunstakademie in Sankt Petersburg studiert. Dort haben mit mir Russen, Ukrainer, Kirgisen und Taiwanesen friedlich nebeneinander studiert, gemalt und miteinander gefeiert. Da hat Kunst wirklich Völker verbunden. Ich wollte einfach das Handwerk der Malerei von Grund auf lernen, um das, was mich bewegt, das, was ich sehe, wirklich ausdrücken zu können.

Auch wenn Sie die Herausforderung und das Abenteuer lieben: Eine Freiluftausstellung in den Bergen bei 10 Grad und Regen - gefällt Ihnen dieser Gedanke?

Ich hoffe ja, dass es trocken bleibt! Sonst müssen wir die Ausstellung halt einen Tag kürzer machen oder die Bilder in der Tölzer Hütte ausstellen. Das wird dann ziemlich gemütlich werden. Aber meine Kunst hält das schon aus.

Stephanie Paula: Berge - Menschen - Wasser, Freilichtausstellung auf der Tölzer Hütte, Freitag, 23. September, 12 bis 16 Uhr, und Samstag, 24. September, 9 bis 16 Uhr

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: