Straftaten:Helfer in der Not

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Der Weisse Ring kümmert sich um Opfer von Straftaten und kooperiert mit der Polizei

Von Benjamin Emonts, Wolfratshausen

Insgesamt 138 Strafanzeigen sind im vergangenen Jahr im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen wegen häuslicher Gewalt erstattet worden - das geht aus den Zahlen des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd hervor. Bundesweit lag die Zahl der Opfer häuslicher Gewalt bei 140 000. Und die Dunkelziffer ist noch deutlich höher. Nur etwa 20 Prozent der Betroffenen holen sich laut dem Bundeskriminalamt Hilfe.

Umso wichtiger ist die Arbeit des Weißen Rings, der auch im Landkreis aktiv ist. Er leistet Opfern sämtlicher Straftaten vertraulich Beistand und Unterstützung. Fast 100 Menschen aus der Region haben das Angebot im vergangenen Jahr wahrgenommen. Und wenn es nach dem Verein geht, dürfen sich gerne noch mehr anvertrauen.

Auch die Polizei hat längst den Nutzen der sozialen Einrichtung erkannt. Vor einem Jahr haben sich die Dienststellen im Landkreis darauf geeinigt, eng zusammenzuarbeiten mit dem Weißen Ring. Auf dem Wolfratshauser Revier trafen sich beide Seiten nun wieder und zogen eine erste Bilanz. "Wir und die Opfer haben viel gewonnen", betonte Andreas Czerweny, der Leiter der Wolfratshauser Polizeiinspektion. Die Zahl der Opfer, die von der Polizei an den Weißen Ring vermittelt werden konnten, sei gestiegen, die Zusammenarbeit intensiviert worden. Czerweny bedankte sich dementsprechend bei den Ehrenamtlichen. Der Polizei fehle die Zeit, die Opfer nach einer Straftat weiter psychologisch zu betreuen. "Wir haben dazu die Luft nicht."

"Hilfe holen ist ein Zeichen der Stärke", betonte Helgard van Hüllen. Die Gaißacherin ist Leiterin der Außenstelle Bad Tölz-Wolfratshausen und stellvertretende Bundesvorsitzende des Weißen Rings. Van Hüllen zeigte auf, welche Hilfsangebote zur Verfügung stehen. Opfer, die kein Geld haben, können eine Soforthilfe von 300 Euro in Anspruch nehmen oder einen Rechtsberatungsscheck in Höhe von 190 Euro. Der Weiße Ring versuche, den Opfern durch persönliche Gespräche neue Perspektiven aufzuzeigen und Hoffnung zu spenden. Die Ehrenamtlichen treffen sich dazu mit den Hilfsbedürftigen an einem neutralen Ort oder besuchen sie in ihrem Zuhause. In Fällen häuslicher Gewalt suchen sie Hotelzimmer oder Ferienwohnungen für die Opfer oder begleiten sie in entsprechende Einrichtungen wie Frauenhäuser. Sie geben Informationen, wo man sich rechtlich beraten lassen kann. Es ist eine lange Liste an Hilfestellungen, die der gemeinnützige Verein anbietet.

Die Außenstelle im Landkreis zählt derzeit acht aktive Ehrenamtliche, vier weitere "stehen in der Warteschleife", sagte van Hüllen. Alle durchlaufen eine Ausbildung, bevor sie mit Opfern in Kontakt treten.

Das Gros der Hilfesuchenden wurde konfrontiert mit häuslicher Gewalt, Stalking oder Missbrauch. Der Verein finanziert sich aus Spenden, Nachlässen und Bußgeldern. Das größte Kapital des Vereins aber ist der ehrenamtliche Einsatz. Christoph Fuchs, der stellvertretende Außenstellenleiter, sagt über die Arbeit: "Es ist eine Freude. Man gewinnt sehr viel, wenn man erreicht, dass es einem Opfer wieder besser geht."

© SZ vom 30.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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