Starnbräu-Gastronom auf der Wiesn:Eine Bühne für weißblaue Schönheiten

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Peter Reichert ist heuer erstmals Wirt auf der "Oidn Wiesn" - und setzt auf bayerische Kultur mit 500 Volksmusikern und bayerischem Essen. Auch der "Kini" findet seinen Platz.

Birgit Lotze

Der Weiß Ferdl ist schon da, der Baron Sulzbeck und auch die Liesl Karlstadt. Mittendrin in dieser überlebensgroßen Ahnengalerie und umringt von hunderten leerer Plätze sitzen Peter Reichert und seine Frau Gerda. Ihr Bierzelt "Zur Schönheitskönigin" steht. Noch zwei Tage bis zur Eröffnung der Wiesn.

Das Interesse ist groß beim ersten Presserundgang in der neuen "Schönheitskönigin" auf der Oidn Wiesn. Am Abend davor hat Festzeltbetreiber Peter Reichert  noch allein mit seiner Frau Gerda und dem Ehepaar Sperger vom Münchner Hofbräuhaus hier angestoßen. (Foto: Stephan Rumpf)

Es ist draußen schon dunkel. Wolfgang Sperger und seine Frau stoßen mit den frischgebackenen Festwirten an. Die Familie Sperger vom Hofbräuhaus in München ist mit den Reicherts eng verwandt. Klar, dass da keine Frage aufkommt, welches Bier in dem neuen Zelt auf dem Oktoberfest ausgeschenkt wird.

Das Herzkasperlzelt auf der Oidn Wiesn gibt's nicht mehr, statt Beppi Bachmaier haben heuer die Reicherts, die Wirtsleute des Starnbräus aus der Tölzer Marktstraße, den Zuschlag bekommen. "Do hängts", sagt Peter Reichert auf die Frage nach der Schönheitskönigin und zeigt auf Bally Prell, die recht üppige Vortragskünstlerin, die mit Krönchen und weißblauer Schärpe in den 50-er Jahren im Platzl eine Schönheitskönigin vom Land parodierte. "So eine Königin zu sein, ist nicht einfach, nein nein nein", singt Reichert unvermittelt dazu.

Die Jüngeren würden sie ja gar nicht mehr kennen, sagt er dann. Dabei gebe es mit ihr so viel zu lachen. Singt Peter Reichert nicht, ist er ins Gespräch vertieft mit seinen Verwandten über die hinterfotzigen Texte des Ferdl Weiß und dessen geistigen Vorfahren Papa Geis der in der Rolle des ewigen Studenten um 1900 auf der Bühne stand. Karl Valentin ist nicht im Zelt. Die Rechte seien zu schwer zu bekommen, erzählt Reichert.

Reichert ist nicht nur Gastronom, er ist auch Musiker und Volkskulturbewahrer. Am Starnberger See, wo er als Gastronom im Seehof in Herrsching begonnen hat, treffen sich beim ihm Volksmusiker aus ganz Bayern zum Musizieren. Bei romantischen Sonnenuntergängen holt er seine Trompete heraus, geht bis an die äußerte Stelle des Stegs und spielt das Lied von den Caprifischern. Dem Verfasser des Liedes, Rudi Schuricke, auch ein ehemaliger Wirt in Herrsching, hat er sogar ein eigenes Stüberl eingerichtet.

In der Schönheitskönigin will Reichert seinen Helden eine Bühne geben. Josef Sulzbeck, Münchens erster Volkssänger, der mit dem Landler - für viele Zungenbrecher - "Huraxdax packs bei der Hax" vor 180 Jahren im Hofbrauhaus aufgetreten ist, Mizzi Schneider, Georg vulgo Schorsch Blädel, Otto Ebner. Reichert will, dass die Jüngeren sie kennenlernen. "So kann man sie die echte bayerische Volkskultur spüren lassen. Erklären kann man das doch nicht."

"D'Leit solln wieda spuin"

Musikanten- und Volkssängerzelt nennt er seine Schönheitskönigin auch. 500 Musiker will er in den drei Wiesnwochen auftreten lassen, das ist ein Vielfaches dessen, was andere Bierzelte bieten. 80 Musikgruppen, Coupletsänger, Kabarettisten, bereits zum Frühstück stehen Gstanzlsänger oder Hochzeitslader auf der Bühne. Jeder Besucher ist eingeladen, mitzutanzen und mitzusingen.

Reichert will die Volksmusik fördern, "d'Leit solln wieda spuin", seinem Festzeltprogramm hat er sogar einen Gutschein für eine Schnupperstunde bei der Münchner Schule für Bairische Musik beigefügt. Die bayerische Kultur wird auch in der Speisekarte weitergetragen. Nicht nur die geschmorten Ochsenbackerl werden angeboten, sondern auch Liedtexte und Sätze von Ludwig Thoma, dessen Bücher Reichert im Bierzelt verkaufen möchte. Auch das Buch des Leibkochs König Ludwig II. ist zu erwerben.

Allabendlich wird im Zelt die Schönheitskönigin gewählt. Nicht um eine hübsche Nase gehe es da, sagt er. "Schön san ma ja alle." Gesucht werde "die Verreckteste, die Lustigste, die Hinterfotzigste". Dann setzt die Musik ein.

Die Techniker entlocken der Anlage die ersten Töne. Reichert muss das erste Lied im Zelt einfach mitsingen. "Bringts uns a Maßerl guates, echtes, gsüffiges, gschmackiges, ewiges, boarisches Bier." Auch die verblichenen Bilder der Schöpfer dieses Liedes, Jackl und Wastl Roider, findet man etwas verblichen, aber überlebensgroß in der Ahnengalerie.

© SZ vom 16.09.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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