Sonderausstellung im Kloster Beuerberg:Scheinbar schwerelos

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Bildhauerin Christina von Bitter beeindruckt mit ihren licht- und luftdurchlässigen Plastiken aus Papier, die einen "Raum im Raum" erzeugen

Von Susanne Hauck, Eurasburg

Riesige Gespinste aus Draht und Papier sind das Markenzeichen der Künstlerin Christina von Bitter, die am Sonntag ihre Ausstellung "Raum im Raum" in Kloster Beuerberg eröffnet. Auf die Frage, was ihre Kunstwerke mit dem Saisonmotto der Klosterausstellung "Das Spiel beginnt!" zu tun haben, ist von Bitter um keine Antwort verlegen. "Sich auf Kunst einzulassen ist immer ein Spiel", findet sie. "Denn Kunst bietet Denkanstöße, die die Sicht weiten." Und für sie als Bildhauerin sei es ein spannendes Spiel, Raum zu erfinden.

Ihre mehrere Meter großen fragilen Gehäuse scheinen von der Decke zu schweben und die Schwerkraft aufzuheben. In dem schwarzen, fast sakral wirkenden Pavillon im Klostergarten, durch dessen Einlässe das Licht hereinkommt und Ornamente auf den Boden malt, heben sich die weißen Plastiken effektvoll ab und lassen den Betrachter an eine poetische Traumwelt denken. Manche erinnern an tanzende Ringe oder an einen übergroßen Reifrock. Von Bitter ermuntert die Besucher explizit dazu, sich ins Innere eines solchen von der Decke schwebenden Objekts zu begeben und sich so auf das Spiel zwischen Innen- und Außenraum einzulassen - und ein Teil des Kunstwerks zu werden. Gucklöcher laden beim "Himmelszelt" ein, ins Innere zu blicken, wo ein verspiegelter Boden das Firmament einfängt und so den Eindruck von Tiefe erzeugt. Auch das ein schönes Spiel, diesmal mit der Illusion.

Christina von Bitter, Jahrgang 1965, hat an den Kunstakademien in München und Berlin studiert und war Meisterschülerin bei Lothar Fischer. In ihrem Münchner Atelier entstehen ihre luftig-leichten und fantasievollen Arbeiten. Dafür wickelt sie Papier um ein Drahtgestell und verstärkt es mit Gips; mit der Zeit wachsen die Hüllen in die Höhe und breiten sich aus. "Sie sind robuster, als sie aussehen", sagt die Künstlerin und gibt zu, dass es aber manchmal ganz schön schwierig ist, sie wegen ihrer Größe zu transportieren. "Da brauche ich schon einen Bus."

Bei der Bildhauerei denken die meisten an schwere Rohstoffe, an Marmor oder Holz. Nicht unbedingt an Leichtgewichte wie Papier und Draht. Überholte Vorstellungen, findet von Bitter. "Seit Josef Beuys haben sich die Materialien doch schon verändert und sind vielfältiger geworden", erklärt sie. "Die Bildhauerei ist immer körperlich, aber nicht mehr unbedingt tonnenschwer."

"Seit Josef Beuys haben sich die Materialien doch schon verändert und sind vielfältiger geworden", erklärt Christina von Bitter. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Hospitanz bei Niki de Saint Phalle

Sie selbst hatte ihr künstlerisches Schlüsselerlebnis mit 22 Jahren, als sie die exzentrische Künstlerin Niki de Saint Phalle so lange bekniete, bis diese sich zu einer Hospitanz erweichen ließ. Drei Monate arbeitete von Bitter in Saint Phalles Tarotgarten in der Toskana. Die Fantasie-Ausstellung ist berühmt für ihre bunten, mit farbigen Mosaiken verzierten überlebensgroßen Skulpturen, von denen sich viele begehen lassen. Nicht nur die Raumerfahrungen, die sie dort machte, prägten Bitters eigenes Kunstverständnis tief. Auch die Willenskraft Saint Phalles hinterließ bleibende Eindrücke: "Sie hat ihr Ding durchgezogen und sich nicht beirren lassen, so verrückt das auch war."

Spielerisch sind auch viele der kleineren Arbeiten, die von Bitter für die Ausstellung "Raum im Raum" ausgewählt hat: Zeppeline, fliegende Häuser, Fallschirme, Musikinstrumente, Kaffeekannen und andere Dinge des Alltags, die ihrer Funktion entfremdet und zu Kunstwerken mutiert sind. Einen besonderen Reiz haben die Objektkästen mit Fotos. In Kloster Beuerberg auszustellen ist für die Künstlerin etwas Besonderes. "Ich habe sofort gespürt, dass dies ein Kraftort ist", sagt sie. "Beim Betreten verschwindet aller Stress und die Dinge rücken sich zurecht."

Kloster Beuerberg, Pavillon im Garten; Sonderausstellung "Raum im Raum"; Vernissage am Sonntag, 12. August, 16 Uhr, Einführung von Harald Eggebrecht; 19 Uhr Lieder- und Arienabend mit Simone Kermes und Daniel Heide; die Ausstellung ist bis 7. Oktober zu sehen: Mittwoch bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr

© SZ vom 09.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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