Die Sommermacher:Eismacher in dritter Generation

Die Sommermacher: Im Eiscafé Cristallo versüßt Maurizio Faganello seinen Gästen den Sommer. Einige Eissorten stellt er nach dem Rezept seines Großvaters her.

Im Eiscafé Cristallo versüßt Maurizio Faganello seinen Gästen den Sommer. Einige Eissorten stellt er nach dem Rezept seines Großvaters her.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Unter den Sonnenschirmen vor dem Eiscafé Cristallo in Wolfratshausen finden die Gäste an heißen Sommertagen kalte Erfrischung. Für Eismacher Maurizio Faganello steht die Qualität seines Produkts im Vordergrund.

Von Quirin Hacker

Maurizio Faganello geht durch die Tür, auf der "Privat" steht. Der Besitzer des Eiscafés Cristallo in Wolfratshausen führt durch seine Küche. Auf der großen Arbeitsfläche in der Mitte stehen frisch gebackene Kuchen. In den Gefrierschränken lagern Schalen mit Speiseeis. Den meisten Platz nehmen die großen Geräte für die Eis-Herstellung ein: In der Eiskochmaschine werden die Zutaten zunächst erhitzt, um Keime abzutöten, die heiße Masse kühlt dann ab und kommt in die Eismaschine, die gleich daneben steht. "Die funktioniert ähnlich wie die allerersten Speiseeismaschinen," sagt Faganello. Ein Zylinder dreht sich um ein Schabemesser. Während es friert, schließt das Eis Luft ein und sorgt dafür, dass es nicht zu fest wird. "Sehr vereinfacht ausgedrückt, ist Eis gefrorene Flüssigkeit mit Luft gemischt", so Faganello. Seit sein Vater das Cristallo 1989 gegründet hat, arbeitet er in dem Café im Obermarkt. Der Eismacher in dritter Generation ist stolz darauf, einige Sorten nach dem Rezept seines Großvaters zuzubereiten.

In einer Schale Zitroneneis stecken dreieinhalb Kilo Zitronen

gepresste ZitronenObwohl sich sein Eis mehrere Wochen halte, achte er darauf, dass das es innerhalb von zwei Tagen verbraucht sei, sagt Faganello. Frisch schmecke es am besten. Der Fruchtanteil seiner Sorten liege bei 30 bis 35 Prozent, gesetzlich sind nur 20 Prozent vorgeschrieben, damit man die kalte Süßigkeit "Fruchteis" nennen darf. In einer Schale Zitroneneis stecken dreieinhalb Kilo gepresste Zitronen. Er selbst esse gerne feines Essen, deshalb wolle er auch seinen Kunden etwas Gutes anbieten, so der Café-Inhaber. Die Kunst bestehe darin, das Eis cremig zu machen. Das gelinge entweder durch natürliche Mittel oder mit Chemie. Auf die künstlichen Zusatzstoffe, die das Eis voluminöser oder besonders geschmeidig machen, verzichtet er aber nach einigen Angaben. Für Faganello gilt: Je natürlicher die süße Speise hergestellt ist, desto besser schmeckt sie. Gutes Eis ohne künstliche Zusatzstoffe erkenne man daran, dass es nicht in der Schale aufgetürmt sei, sagt er. Ohne stabilisierende Zusatzstoffe würde es in sich zusammenfallen. Lediglich in die Pfefferminz-Sorte mische er grüne Lebensmittelfarbe, "weil die Leute es gewohnt sind, dass Pfefferminz grün ist."

Der Eismacher ist stolz darauf, dass sein Beruf in der Familie Tradition hat. Als Kind half er im Laden seines Vaters in Chieming am Chiemsee aus. Seine Familie kommt aus Longarone in Venetien, einem Ort in den Dolomiten. Schon bevor es Speiseeismaschinen gab, hätten die Bewohner von Longarone Schnee aus den Bergen mit Sirup gemischt und sonntags nach der Kirche an die Kinder verteilt, erzählt Faganello. Noch heute findet in Longarone die internationale Messe für Speiseeis statt. Ein großer Teil der Familien, die nach dem Krieg in Deutschland Eisdielen eröffneten, kam laut Faganello aus dieser Gegend. Longarone sei deshalb abseits der Eissaison im Winter voll von Menschen, im Sommer aber wie ausgestorben. Auch sein Großvater zog 1958 nach Deutschland und plante, eine Eisdiele zu eröffnen. Bei der Katastrophe von Longarone im Jahr 1963 kam er jedoch ums Leben. Damals ging ein Erdrutsch in den Vajont-Stausee ab und löste eine Flutwelle aus, die das Dorf vollständig zerstörte. 1964 eröffneten sein Vater und sein Onkel gemeinsam ihre erste Eisdiele in Waldkraiburg, nach den Plänen des verstorbenen Großvaters. Im 1989 gegründeten Eiscafé Cristallo war Maurizio Faganello von Anfang an dabei. Inzwischen hat er geheiratet, seine Frau und einer der Söhne arbeiten ebenfalls im Laden.

Die Sommermacher: Auch nach 33 Jahren hat Maurizio Faganello noch immer Spaß an der Gastronomie. Die familiäre Stimmung und die Begegnungen mit den Kunden im Café sind ihm wichtig.

Auch nach 33 Jahren hat Maurizio Faganello noch immer Spaß an der Gastronomie. Die familiäre Stimmung und die Begegnungen mit den Kunden im Café sind ihm wichtig.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Die familiäre Stimmung im Café hilft ihm, auch in Stresssituationen einen kühlen Kopf zu bewahren, wie er sagt. An heißen Tagen stehen Mary und er selbst oftmals 14 Stunden pro Tag im Café, das sechs Tage in der Woche geöffnet ist. "Sommer ist die Hauptzeit. Wenn die Sonne scheint, dann hast du Lust auf Eis. Dann müssen wir auch leisten," sagt Faganello. Das Schwere an dem Beruf sei der Druck, wenn viel Andrang herrsche und die Kunden wenig Geduld mitbrächten. "Die Leute haben keine Zeit oder sind schlecht aufgelegt. Viele sind aus privaten Gründen frustriert und tragen das dann hier rein." Trotzdem findet er auch nach 33 Jahren Spaß daran, das Eiscafé gemeinsam mit seiner Familie zu führen. Die zwischenmenschliche Begegnung sei das, was ihm an der Gastronomie gefalle, so der Eismacher.

Dass der Preis für eine Kugel Eis ständig steigt, bedauern nicht nur die Gäste im Eiscafé, sondern auch der Besitzer. Ob Eiszutaten, Kaffee, Likör, Waffel oder Becher - sämtliche Preise seien in letzter Zeit gestiegen. "Je nachdem, wie viel Du ausgibst, musst Du rechnen und die Preise erhöhen", sagt Faganello. Dabei versuche er einen gesunden Mittelweg zwischen eigenem Einkommen und niedrigen Preisen zu finden: "Mein derzeitiger Preis für eine Kugel Eis ist schon sehr auf Kante kalkuliert." Mehr als zwei Euro für eine Kugel zu verlangen, findet er aber trotz der derzeit hohen Lebensmittelpreise nicht gerechtfertigt.

Von Weihnachten bis Ende Januar schließt das Eiscafé Cristallo. Für Faganello und seine Familie bedeutet dies Zeit, sich zu entspannen. Oft fahren sie dann nach Longarone, wo ein Teil der Familie wohnt. "Mein Herz ist immer noch zu 100 Prozent italienisch," sagt der Eismacher. Dennoch fühle er sich in Wolfratshausen beheimatet, anders als sein Vater und Großvater, die sich stärker in Richtung Longarone orientierten. In der Auslage warten die alten Eissorten seiner Familie neben neuen Kreationen, bereit in Waffel oder Becher den Sommer zu versüßen.

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