Senioren:Gesund, mobil, modern

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Kreisbildungswerk präsentiert Ergebnisse einer Bedarfsstudie für ein passgenaues Angebot für die Generation 60 plus

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Vor 50 Jahren sahen junge Leute einen 50-Jährigen als jemanden an, der langsam zum alten Eisen gehört, wer älter als 70 war, galt beinahe als Greis. Das hat sich mittlerweile geändert. Die Generation 60 plus ist in der Regel gesünder und mobiler, sie lebt auch länger als früher. In dieser Lebensphase starte man heutzutage noch einmal durch, "das ist wie die zweite Halbzeit bei einem Fußballspiel", sagt Andreas Käter, Geschäftsführer des Katholischen Kreisbildungswerks. Deshalb müssten auch Angebote wie Vorträge und Exkursionen, Sport und kreative Kurse, gesellige Cafés und Freizeiten an diese Altersgruppe angepasst werden. Von Studenten der Katholischen Stiftungsfachhochschule München ließ der größte Bildungsträger im Landkreis eine Bestands- und Bedarfserhebung zum Thema "Bildungsangebote für die Generation 60+" erstellen.

"Dazu braucht man erst einmal ein klares Bild vom Ist-Zustand", sagte Käter bei der Präsentation der Ergebnisse am Mittwoch im Tölzer Pfarrheim Franzmühle. Die Fragebögen der Studierenden wurden von 99 Senioren, 16 Seniorenbeauftragten der Gemeinden und zehn Vertretern von Einrichtungen wie Altenheimen oder ambulanten Diensten ausgefüllt und zurückgeschickt. Unter den Senioren war die Altersgruppe der 70- bis 80-Jährigen mit 35 Prozent am stärksten vertreten, gefolgt von den 60- bis 70-Jährigen mit 33 Prozent. 90 Prozent der Teilnehmer gaben an, noch mobil zu sein. Erreicht habe man also "die fitten Alten", sagte Professorin Dorit Singer von der Katholischen Stiftungshochschule. Die Ergebnisse der Umfrage seien zwar nicht repräsentativ, seien aber "auf Indizienebene aussagekräftig".

Als wichtig stuften Senioren, Beauftragte und Einrichtungen die Themenfelder Gesundheit und Prävention, Recht und Finanzen, Pflege und Wohnen ein. Allerdings fällt auf, dass sich unter den Senioren die 60- bis 70-Jährigen für solche Inhalte interessieren, während mit höherem Alter vor allem Geselligkeit und der Austausch mit anderen auf der Wunschliste nach oben rücken. Die Einrichtungen gaben auch "Sinnorientierung und Spiritualität" ein große Bedeutung, die Senioren selbst und die Beauftragten hingegen weniger. Die Frage, ob ihre Interessen derzeit von den Angeboten gedeckt werden, beantworteten fast zwei Drittel in der Gruppe der 99 Teilnehmer gar nicht oder mit "Weiß nicht". Mit einer kleinen Ausnahme: Was Internet und soziale Plattformen wie Facebook angeht, gaben immerhin 16 der Befragten an, dass das momentane Angebot ihren Bedarf nicht decke. "Das ist noch Handlungsspielraum da", sagte Student Daniel Dancs.

An neuen Medien sind die Senioren interessiert. Diese Neugier sei aber "zwiegespalten", sagte Studentin Juliane Kröger. Es komme darauf an, wie gut sie sich dann damit zurechtfänden. Wie Sophie Lettmair erläuterte, probierten die Befragten gerne technische Neuerungen aus, fühlten sich dann jedoch teilweise überfordert und seien genervt. Am meisten nutzen sie Smartphone und Internet, weniger Tablets. Im Gegensatz dazu stehen die Einschätzungen von Vertretern der Altenheime und anderer Einrichtungen: Sie gaben an, dass ältere Menschen die neuen Medien aus ihrer Sicht selten nutzten.

Aus den Fragebögen wollte Professorin Sing ursprünglich eine Bildungslandkarte für die Landkreis erstellen. Dazu sind die Resultate indes nicht ausreichend. Mit der Umfrage, die im Oktober 2017 begann und mangels Zeit im Schneeballsystem stattfand, erreichte man junge oder jung gebliebene Senioren. Für Professorin Sing wäre es der nächste Schritt, in einer weiteren Untersuchung an jene alten Menschen zu gelangen, die einsam zu Hause sitzen oder auch bildungsfern sind. Immerhin sei durch die Erhebung nun klar, dass das Interesse der Senioren an "hard facts" mit zunehmendem Alter abnehme, dafür weiche Faktoren wie die Teilnahme an Erzählcafés und am Generationendialog wichtiger würden. Und noch etwas: "Es ist ein großer Erfolg, wenn Bildung im Alter für die Gemeinden durch diese Studie sehr wichtig oder zumindest wichtig wird."

Als "wenig repräsentativ" kritisierte Dieter Höflich vom Seniorenbeirat des Landkreises die Bedarfserhebung. Wegen der geringen Rücklaufs gewähre sie nur "einen winzigen Einblick", sagte er. Für Christiane Bäumler vom Landratsamt stellt sich die Frage, ob der Begriff Seniorenbildung noch zeitgemäß ist. Viele aus dieser Altersgruppe seien technik-affin, sagte sie. Deshalb sollte man bei Angeboten "von Inhalten, nicht vom Lebensalter her kommen". Ursula Stiegler von der Caritas-Kontaktstelle "Alt & Selbständig" sagte, dass bei Vorträgen darauf zu achten sei, dass die Schrift via Beamer für ältere Menschen zu lesen sei. Zudem sollten sie ihre Bitte, lauter zu sprechen, nicht zwei, drei Mal vortragen müssen. "Sonst schalten sie ab und fühlen sich ausgegrenzt."

© SZ vom 04.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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