Vortragsreihe "Seitenblicke" in Ebenhausen:Klosterleben neu interpretiert

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Einblick in ein "Cluster", wie die einzelnen Wohngruppen im ehemaligen Kloster heißen. (Foto: Manfred Neubauer)

Die evangelische Gemeinde Ebenhausen zeigt, wie in Schlehdorf aus dem Anwesen eines Ordens zwei neue Projekte entstanden sind.

Von Arnold Zimprich, Schäftlarn/Schlehdorf

Wie kann ein aufgelassenes Kloster neu gestaltet werden, so dass das Wesen einer solidarischen Gemeinschaft gewahrt wird? Diese Frage hat die evangelische Kirchengemeinde Ebenhausen am Beispiel zweier Projekte in Schlehdorf beleuchtet. "Klosterleben neu übersetzt - zwei Genossenschaften denken Gemeinschaft neu" lautete der Vortrag, den Franziska Fruth, Sprecherin des Cohauses Schlehdorf, und Manfred Gassner, im Vorstand des Klosterguts Schlehdorf für die Finanzen zuständig, rund 30 interessierten Personen im Gemeindehaus präsentierten. Das Cohaus, die unter der Ägide der Wogeno München initiierte Genossenschaft für selbst verwaltetes, soziales und ökologisches Wohnen, sowie das Klostergut Schlehdorf haben sich viel vorgenommen - und bereits viel geschafft, wie im Laufe des Abends deutlich wurde.

Die in München ansässige Wogeno bietet Interessierten selbst verwaltete sozial-ökologische Wohnmöglichkeiten. 2020 wurde ein Großteil der rund 300 Räume umfassenden Schlehdorfer Klostergebäude an die Wogeno verkauft. Damals seien rund 20 Personen, die die Räumlichkeiten zum Teil nur zeitweise bewohnten, in das Cohaus eingezogen. Inzwischen zähle man rund 70 Menschen zwischen einem und 75 Jahren, die in unterschiedlich großen, individuell zusammengestellten Wohngruppen, sogenannten Clustern, leben. Den einzelnen Clustern stehen je nach Anzahl der Personen vier bis vierzehn Zimmer zur Verfügung, erläuterte Fruth, die Zimmergröße liege bei elf bis 30 Quadratmetern. Man müsse sich bewerben und zur Probe wohnen, ein Gremium entscheide nach bestimmten Kriterien, wer als neue Mitbewohnerin oder neuer Mitbewohner in Frage kommt.

Die am und im Kloster umgesetzten Projekte könne man als einen "Gegenpol zur Individualisierung" sehen, sagte Fruth. Allerdings müsse man sich auch regelmäßig abstimmen, denn "Mischnutzungen bergen Konfliktpotenzial". Gassner sagte, die Schwestern, die früher im Kloster lebten, hätten sich dreimal täglich zum Beten getroffen - "wir müssen erst Formen finden".

Das Cohaus ziehe Menschen an, die Gemeinschaft suchen, für Familien seien die Räumlichkeiten nur bedingt geeignet. "Es hallt über den ganzen Gang, wenn ein Kind schreit", sagte Fruth, "man muss einfach schauen, ob's passt. Man braucht Mut und den Willen, Dinge auszuprobieren."

Es habe von 2018 bis 2021 gedauert, "bis alles in trockenen Tüchern war". Zahllose Gänge zu Ämtern seien nötig gewesen, allein die Brandschutzbestimmungen im Cohaus umzusetzen, sei ein großes Thema gewesen. Wegen des Denkmalschutzes und der Baustruktur könne man zudem nicht auf alle Wünsche eingehen. "Einfach mal eine Mauer rausreißen, das geht bei uns nicht." Vorbehalte aus dem Ort gegenüber der Umnutzung des Klosters seien indes mit der Zeit abgebaut worden, so Fruth. "Wir wachsen immer mehr zusammen."

Gassner liefert einen kurzen Abriss der Geschichte des Klosters und zu den Missionsdominikanerinnen, die es für knapp 120 Jahre bewirtschaftet haben. 2018 zogen die damals 35 Schwestern aus; heute leben 20 von ihnen in einem neu gebauten Haus in Schlehdorf. Seit 30 Jahren habe es keine Novizin mehr gegeben, sagte Gassner. Man könne es nur als Glücksfall für die Schwestern bezeichnen, dass sich die Genossenschaften um die Liegenschaften des Klosters kümmerten. "Alles, was an kulturellem Erbe da ist, wollen wir fortführen", sagte der Finanzvorstand des Klosterguts. "Wir haben neben der Bewirtschaftung auch den Bildungsauftrag übernommen."

www.cohaus-schlehdorf.de; www.klostergut-schlehdorf.de

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