Windkraft:Flaute in der Energiewende

Lesezeit: 2 min

Zusätzliche Mitarbeiterwohnungen für die Kreisklinik seien "dringend zu realisieren", sagt Landrat Josef Niedermaier. (Foto: Manfred Neubauer)

Der Regionalplan fürs Oberland schließt 95 Prozent der Flächen für Windkraftanlagen aus. Daran wird auch die Aufweichung der 10-H-Regel kaum etwas ändern.

Von Petra Schneider, Bad Tölz

Der Ausbau der erneuerbaren Energien soll beschleunigt werden, damit rückt die Windkraft stärker in den Vordergrund. Im Oberland ist nach derzeitiger Rechtslage aber kaum ein Windrad möglich: Denn der Regionalplan, der seit 2015 in Kraft ist und mögliche Standorte festlegt, schließt 95 Prozent der Fläche für Windkraftanlagen aus. Daran werde sich derzeit auch nichts ändern, hieß es bei der Ausschussitzung des Regionalverbands Oberland am Mittwoch.

Im April hat die Bundesregierung das Ziel ausgegeben, dass bis zum Jahr 2030 80 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energiequellen kommen und zwei Prozent der Landesflächen für die Windkraft vorgehalten werden sollen. Der Druck auf Bayern hat sich dadurch erhöht, denn im Freistaat ist der Ausbau der Windkraft durch die 10H-Regel praktisch zum Erliegen gekommen. Mitte Mai hat Ministerpräsident Markus Söder (CSU) den Bayerischen Energieplan vorgestellt, der zwar grundsätzlich an 10H und damit einem Mindestabstand von etwa zwei Kilometern zu Wohnbebauungen festhält, aber Ausnahmen möglich macht. Nur etwa ein Kilometer Abstand soll künftig in bestimmten Gebieten, wie Waldflächen, Industriegebieten, auf Truppenübungsplätzen oder entlang von Autobahnen und Bahnstrecken ausreichen. Spätestens binnen zwei Jahren sollen Vorranggebiete von allen regionalen Planungsverbänden ausgewiesen werden.

Im Verband Oberland, dem die Landkreise Bad Tölz-Wolfratshausen, Garmisch-Partenkirchen, Miesbach und Weilheim-Schongau angehören, ist bereits seit 2015, nach vierjähriger Vorarbeit, ein solcher Plan in Kraft. Geändert werde dieser durch die Aufweichung der 10H-Regel nun aber nicht, so der Tenor am Mittwoch. Denn erst müsse der Gesetzgeber aktiv werden. Das Kabinett habe zwar entsprechende gesetzliche Änderungen angekündigt, etwa bei der Bayerischen Bauordnung. "Bislang ist das aber nicht erfolgt", erklärte die Regionsbeaufragte Cornelia Drexl im Planungsausschuss. Man habe mögliche Vorrangflächen für Windkraftanlagen nach der Einführung von 10H nicht eingeschränkt, sagte Landrat Josef Niedermaier(FW), der Vorsitzender des Planungsverbands ist. Denn Kommunen hätten über eine Bauleitplanung geringere Mindestabstände festlegen können. Theoretisch, denn faktisch wurde davon nicht Gebrauch gemacht. "Seit Inkrafttreten des Regionalplans wurde keine Windkraftanlage in der Planungsregion verwirklicht", erklärte Drexl. Die potenziellen Flächen sind in der Region aber ohnehin begrenzt, auch ohne Berücksichtigung von 10H: Nur 4,8 Prozent der gesamten Fläche in den vier Landkreisen hat der Planungsverband als mögliche Standorte ausgemacht, davon wurden fünf Prozent als Vorrangflächen festgelegt. Konkret sind das rund 960 Hektar, verteilt auf sieben Gebiete. Das entspricht 0,24 Prozent der Regionsfläche.

Mehr ist in der Region Oberland unter der aktuellen Rechtslage kaum möglich. Denn der Gesetzgeber habe harte Tabukriterien definiert, sagte Drexl, etwa Landschaftsschutzgebiete, die gesamte Zone C des Alpenraums, Vogelschutzgebiete oder Naturwälder. Mit dem Ergebnis, dass 95 Prozent der Regionsfläche als Windkraftgebiete ausscheiden. Dazu kommen "weiche Ausschlusskriterien" des Planungsverbands, etwa Puffer bei den Abständen zu Siedlungen oder Wiesenbrüter-Areale. Wenn dann noch die Windhöffigkeit und mögliche Konflikte etwa in Bezug auf Denkmalschutz oder Landschaftsbild berücksichtigt würden, bleiben neben den Vorrangflächen noch mögliche, "weiße Flächen": Knapp 850 Hektar, das entspricht 0,21 Prozent der Regionsfläche.

Immerhin 96 Windräder seien rein rechnerisch möglich, sagte Niedermaier. Ohne eine Änderung der Rechtslage, vor allem in Bezug auf die harten Ausschlusskriterien, könne man am Regionalplan nichts ändern. "Das wäre purer Aktionismus", sagte Niedermaier. Der Peitinger Bürgermeister Peter Ostenrieder lieferte ein Beispiel aus seiner Gemeinde: Man habe eine Bauleitplanung für eine Windkraftanlage erstellt, die noch vor der 10H-Regel abgeschlossen gewesen sei. Gebaut wurde die Anlage mit einer Leistung von 36 Megawatt dennoch nicht. Der Grund: Eine Stellungnahme der Unesco zum Kulturerbe Wieskirche. Damit sei der gesamte Pfaffenwinkel "praktisch tot für Windkraftanlagen", schimpfte Ostenrieder. Er erwarte sich mehr Unterstützung seitens der Politik. "Denn was wiegt mehr, Denkmal-oder Klimaschutz?". Die Effizienz moderner Windräder habe sich verdoppelt, erklärte der Peitinger Bürgermeister. Investoren stünden aber dennoch nicht Schlange, weil das Image von Oberbayern im Hinblick auf die Windkraft "sehr negativ" sei. Einen Vorstoß gibt es nun aber: Im Juli will die Gemeinde Otterfing den Antrag für eine Windkraftanlage einreichen.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: