Pupplinger Au:Pralinen aus Kuhmilch

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Sie sind vom Aussterben bedroht: die Murnau-Werdenfelser-Rinder. Ein Weideprojekt soll das Überleben der Tiere sichern - und dem Verbraucher Leckereien bieten.

M. Weiss

Eine Murnau-Werdenfelser Kuh ist ein Verlustgeschäft: Das traditionelle Rind liefert weit weniger Milch und Fleisch als moderne Züchtungen. Dafür kommt die Kuh im Gegensatz zu Hochleistungskühen jedoch ohne Kraftfutter aus, und durch ihre Robustheit, Genügsamkeit und das geringere Gewicht ist sie die ideale Kulturlandschaftspflegerin. Das sollen sechs Mutterkühe mit ihren Kälbern derzeit in der Pupplinger Au unter Beweis stellen, indem sie durch Beweidung den Magerrasen erhalten. Förderer sehen in dem Weideprojekt des Isartalvereins eine Überlebenschance der vom Aussterben bedrohten Rinderrasse - jetzt wird an einem Finanzierungsmodell gearbeitet.

Pupplinger Au: Ein Weideprojekt soll das Überleben der Murnau-Werdenfel-Rinder sichern. (Foto: Manfred Neubauer)

Auf etwa 800 Euro Einkommen pro Kuh und Jahr verzichtet ein Milchbauer, der Murnau-Werdenfelser Tiere hält, schätzt Rolf Deeg. Bis zu seiner Pensionierung setzte er sich im Zentrum für Umwelt und Kultur (ZUK) in Benediktbeuern für die Erhaltung der Rasse ein, jetzt tut er es ehrenamtlich.

Vor den wenigen Bauern, die noch Murnau-Werdenfelser halten, hat er großen Respekt. "Hut ab, das sind echte Idealisten", sagt er anerkennend. Schließlich liefert eine Murnau-Werdenfelser nur etwa ein Drittel der Milch, die eine Hochleistungskuh produziert. Und ihre Kälber erreichen nur zwei Drittel des Schlachtgewichts anderer Rassen.

Zwar enthält die Milch der Kühe besondere Proteine und ergibt einen würzigen Käse. Auch das Fleisch gilt als besonders schmackhaft - so nahm die Organisation Slow Food das Tier im Jahr 2005 in die "Arche des Geschmacks" auf. Aber um eigene Murnau-Werdenfelser-Produkte herzustellen und zu vermarkten, ist die Zahl der Tiere noch zu gering: Nur eine Handvoll Milchbauern in der Region hält diese Rasse; insgesamt produzieren sie zu wenig Milch, als dass ein eigener Käse sich für eine Käserei lohnen würde.

Rolf Deeg lässt sich davon nicht entmutigen. Wann immer er einen Anlass sieht, für die Sache der Murnau-Werdenfelser einzutreten, macht er mit einem Tankwagen die Runde und sammelt die Milch der Traditionsrinder ein. 600 bis 700 Liter Milch bekommt er so zusammen, daraus macht der Allgäuer Günther Rauch in seiner mobilen Kleinkäserei reinen Murnau-Werdenfelser Käse. "Eine größere Käserei kommt nicht in Frage, das lohnt sich erst ab 2000 Litern", sagt Deeg.

Aus dem Rahm lässt Deeg in Bernried Pralinen herstellen. Für das Fleisch der alten Kühe hat er ebenfalls eine Verwertung gefunden: Ein Penzberger Metzger macht daraus Salami. Zur offiziellen Präsentation des Weideprojekts in der Pupplinger Au ließ Deeg sogar Murnau-Werdenfelser Sahneeis herstellen.

Es könnte also sehr angenehm sein, sich für den Artenschutz einzusetzen. Ein Käse- oder ein Salamibrot zur Brotzeit, am Nachmittag ein paar Pralinen, und schon ist zwar nichts für die Linie, aber umso mehr für die Erhaltung der bedrohten Nutztierrasse getan. Aber damit sich das finanziell lohnt, müssten weit mehr Bauern diese Rinder halten. Und bevor das geschieht, müsste die Haltung erst wirtschaftlich werden - die Katze beißt sich also in den Schwanz. Rolf Deeg hat daher ein anderes Modell im Sinn: "Ich tendiere dazu, die Tiere nicht über Fleisch und Käse, sondern über die Landschaftspflege zu fördern", sagt er. Sprich: über Weideprojekte wie das in der Pupplinger Au.

Die Kulturlandschaft auf Weiden und Almen sollte seiner Ansicht nach mit den Tieren erhalten werden, die sie geschaffen haben. Für die Dienstleistung der Kühe sollte der Verbraucher bezahlen, der auch von den Landschaften profitiert. Vorbild könnte ein Modell wie das der "Kühe zum Mieten" in Österreich und der Schweiz sein: Mit einem monatlichen Beitrag finanziert man eine Kuh und erhält dafür Milch- oder Fleischprodukte. Für den Vertrieb ist mit dem Geltinger Dorfladen bereits ein Partner gefunden - jetzt gilt es, die Details auszuarbeiten. Bereits im September soll das Konzept stehen. Bis dahin wird auch klarer sein, wie sich das Weideprojekt in der Pupplinger Au bewährt.

© SZ vom 02.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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