Prozess:Vermieterin greift Mieter an

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Gericht verurteilt die 71-Jährige nach einer Pfefferspray-Attacke

Von Benjamin Engel, Gaißach

Pfefferspray-Attacke nach Streit zwischen Mieter und Vermieterin: Eine heute 71-jährige Gaißacherin sieht Ende März, wie ihr 41-jähriger Mieter und dessen Freundin sein Auto in der Tenne neben dem Bauernhaus reparieren. Das passt ihr nicht. Sie fotografiert ihn. Als der Mann ihr folgt, greift sie zum Pfefferspray. Aus kurzer Distanz sprüht sie ihm ins Gesicht. Sie behauptet, aus Notwehr gehandelt zu haben. Im Hintergrund schwingen weitere Streitigkeiten mit. Das Wolfratshauser Amtsgericht hält die Notwehr-Begründung für vorgeschoben und verurteilt die Rentnerin - zu einer Bewährungsstrafe wegen gefährlicher Körperverletzung.

Die Frau sagte, dass ihr Mieter öfter an seinem Jeep in der Tenne herumgeschweißt habe. Sie habe ihn ermahnt, das zu lassen, weil dort Stroh und Heu lägen, er habe sie nur verhöhnt. Sie habe ihn abmahnen und zum Beweis fotografieren wollen. Sie sei zum Auto gegangen, da sei er auf einmal mit einem 30 Zentimeter langen Schraubenschlüssel in der erhobenen Hand hinter ihr gestanden. Reflexhaft habe sie ihn mit Pfefferspray besprüht.

Ihr Mieter sagt, in der Tenne nur seinen Jeep für Lackieren abgeklebt zu haben. Geschweißt habe er noch nie, ein Gerät besitze er gar nicht. Er habe auch keinen Schraubenschlüssel in der Hand gehalten. Nach der Attacke habe er nichts mehr gesehen. Die Freundin bestätigte seine Schilderung.

Das Verhältnis zwischen Mieter und Vermieterin war schon länger gestört. Er beschuldigte sie, mehrmals in seinen gemieteten Stall eingebrochen zu sein, den Müll vor seine Haustür gekippt zu haben und Weiteres. Sie machte Gegenvorwürfe. Wegen Streitigkeiten mit Mietern - etwa wegen Beleidigung und Nötigung - war sie schon öfter verurteilt worden.

Laut ihrem Anwalt stand Aussage gegen Aussage. Er forderte Freispruch. Richter Helmut Berger hielt die Aussagen der Zeugen für glaubwürdiger. Er hielt der Rentnerin vor, den Schraubenschlüssel vor der Polizei nicht erwähnt zu haben. Er verurteilte sie zu einer einjährigen Bewährungsstrafe. Sie muss 1800 Euro an den Verein "Bürger für Bürger" zahlen. Doch die Verhandlung könnte noch ein Nachspiel haben: Die Rentnerin hatte erklärt, auch von der Freundin des Richters angegriffen worden zu sein. Darum könnte die Staatsanwaltschaft eine Verleumdungsklage anstrengen.

© SZ vom 27.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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