Prozess:"Merkwürdiges Geschäftsgebaren"

Lesezeit: 1 min

Mutmaßliche Schwarzarbeit bringt 36-Jährigen vors Amtsgericht

Von Benjamin Engel, Wolfratshausen

Ein Rechtsanwalt gab den Zollbehörden einen Tipp: Der heute 36-jährige Angeklagte aus dem Tölzer Landkreis soll in seinen Baufirmen Schwarzarbeiter beschäftigt haben. Im Oktober 2014 kontrollierten die Ermittler deshalb eine Baustelle in München. Nach Angaben eines Zollbeamten stießen sie dort auf vier ausländische Arbeiter, von denen keiner sozialversicherungspflichtig gemeldet war, außerdem fehlte eine Arbeitserlaubnis für Deutschland. Weitere Untersuchungen folgten: Demnach soll der Angeklagte zwischen Februar 2013 und April 2015 Arbeitnehmer nicht gemeldet oder das Entgelt zu niedrig angegeben haben. So entgingen den Sozialversicherungsträgern rund 103 000 Euro, weswegen sich der Mann am Wolfratshauser Amtsgericht verantworten muss.

Der Verteidiger stritt im Namen seines Mandanten die Vorwürfe ab. "Er war kein faktischer Geschäftsführer", erklärte der Rechtsanwalt. Dritte hätten die kaufmännischen Geschäfte der drei Baufirmen geführt. Zudem kritisierte er die Hochrechnungen des Zolls und der Rentenversicherung für die Schwarzlöhne scharf. "Die ist meiner Ansicht nach nicht richtig." So seien pro Mitarbeiter Stundenlöhne von 30 Euro angenommen worden. Für Asphaltierungsarbeiten komme er auf wesentlich höhere Verrechnungssätze von 100 Euro in der Stunde. Insgesamt gehe es also um wesentlich weniger Arbeitsstunden und damit niedrigere Beträge an Schwarzlöhnen. Verdoppele man bei den Berechnungen den Unternehmerlohn seines Mandanten von derzeit 30 Euro pro Stunde, bleibe kein Schwarzlohn mehr übrig.

Wie ein Zollbeamter aussagte, ergäben sich die durchschnittlich zugrunde gelegten Stundenverrechnungssätze in Höhe von 30 Euro aus allen gefunden Rechnungen mit Angaben von Stundenentgelten. Die etwa für Asphaltierungsarbeiten angesetzten Pauschalbeträge seien nicht berücksichtigt.

Für die als Zeugen geladenen Kunden einer der Baufirmen war eines klar: Der Angeklagte wirkte ihrem Eindruck nach wie der Chef der Firma. Einige schilderten ein aus ihrer Sicht merkwürdiges Geschäftsgebaren. So habe der Angeklagte Auftragsangebote ohne Angaben von Arbeitsstunden oder anfallendem Material abgegeben oder Barzahlung verlangt. Der Prozess wird fortgesetzt.

© SZ vom 14.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: