Kommunalwahl in Bad Tölz-Wolfratshausen:Freiwillige vor

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In den Kommunen stellen sich immer weniger Bürgermeisterkandidaten zur Wahl. Die Grünenin Dietramszell und Egling gehen deshalb einen ungewöhnlichen Weg: Sie suchen mit Steckbriefen nach Interessierten.

Von Petra Schneider, Dietramszell

Fachkräfte werden händeringend gesucht, und auch Bürgermeisterkandidaten sind rar. Denn bei der Kommunalwahl im März steht wohl der größte personelle Wechsel der Nachkriegszeit bevor. Der Bayerische Gemeindetag schätzt, dass es in mindestens der Hälfte, womöglich sogar in zwei Dritteln aller 2056 Städte und Gemeinden, einen Wechsel an der Rathausspitze geben wird. Auch in Dietramszell, wo die amtierende Bürgermeisterin Leni Gröbmaier (Bürgerliste Dietramszell) nach zwei Amtsperioden aus Altersgründen nicht mehr anritt. Sie wolle sich künftig mehr ihren sieben Enkeln widmen und verreisen, sagt die 63-Jährige. Lange gab es mit Josef Hauser von den Freien Wählern nur einen Bürgermeisterkandidaten, kürzlich hat die CSU Ludwig Gröbmaier ins Rennen geschickt. Er ist der Neffe der amtierenden Bürgermeisterin, aber nicht aus der gleichen Parteifamilie. Dem Ludwig traue sie das Amt "voll zu", sagt Leni Gröbmaier. Die Bürgerliste werde keinen eigenen Kandidaten stellen - nicht um des innerfamiliären Friedens willen, sondern weil sich niemand finden lässt. Bei den Grünen ist die Situation ähnlich. Mit Hubert Prömmer und Constanze Koob stellen die Grünen zwei Gemeinderäte. Aber einen Bürgermeisterkandidaten? Fehlanzeige. Keiner der acht Mitglieder des Ortsverbands Dietramszell/Egling will, weswegen sich Ortsvorsitzender Prömmer zu einer ungewöhnlichen Aktion gezwungen sah. "Bürgermeister gesucht", heißt es auf Steckbriefen, die zurzeit auf Anschlagtafeln in diversen Ortsteilen verteilt sind. Darauf findet sich ein kurzes Anforderungsprofil. So sollten Bewerber oder Bewerberinnen "überparteilich, engagiert und kompetent" sein. Dafür winke ein monatliches Bruttoeinkommen von 7100 Euro, ist zu lesen. "Damit die Leute sehen, dass der Job nicht schlecht bezahlt ist", sagt Prömmer.

Er fände es gut, wenn es in Dietramszell auch einen grünen Bürgermeisterkandidaten geben würde. Das Wählerpotenzial sei vorhanden, das habe das Ergebnis bei der Europawahl gezeigt: In Dietramszell hätten die Grünen hinter der CSU die zweitmeisten Stimmen geholt. Er selbst wolle aus Altersgründen nicht kandidieren, sagt der 63-Jährige. Auch Constanze Koob stehe nicht zur Verfügung; sie wolle sich gar nicht mehr für die Grünen aufstellen lassen. Die Aufstellungsversammlung findet erst im Januar statt, zehn bis zwölf Kandidaten würden sich für den Gemeinderat schon finden, ist Prömmer überzeugt. Drei Sitze hält er für realistisch.

Mit der Steckbriefaktion wolle sich der Ortsverband "provokativ ins Gespräch bringen", sagt Prömmer. "Dass die Leute sehen, dass die Grünen in Dietramszell noch aktiv sind." Eigentlich habe er den Aufruf auch im Gemeindeblatt veröffentlichen wollen. Aber die Bürgermeisterin habe abgewunken, weil das "Parteiwerbung" sei. Prömmer sieht das anders. "Das ist doch eine Stellenanzeige." Gemeldet habe sich bisher zwar niemand. Aber noch sei ja Zeit bis Mitte Januar.

© SZ vom 26.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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