Stadtgeschichte:Denkmalverein macht gegen Baumfällung mobil

Lesezeit: 2 min

Die Winterlinden an der Bahnhofstraße links und rechts neben der Bushaltestelle an der Hauptkreuzung sollen aus Sicherheitsgründen gefällt werden. Der Denkmalverein macht dagegen mobil. (Foto: Alexandra Vecchiato/oh)

Penzberg plant, drei Winterlinden an der Bahnhofstraße aus Sicherheitsgründen zu entfernen. Doch Bürger setzen sich für deren Erhalt wegen ihrer historischen Bedeutung ein.

Von Alexandra Vecchiato, Penzberg

Die Tage der drei Winterlinden an der Bahnhofstraße nahe der Penzberger Hauptkreuzung sind gezählt. Der Bauausschuss hatte im Frühjahr beschlossen, die Bäume noch in diesem Herbst zu fällen. Sie sollen krank sein, hieß es. Dagegen macht der Penzberger Denkmalverein mobil. Er fordert ein zweites Baugutachten. Denn zumindest an einer Linde, jener die direkt an der Ampel steht, soll eines der Opfer der Penzberger Mordnacht am 28. April 1945 erhängt worden sein. Ob es sich bei dem Baum tatsächlich um den ursprünglichen handelt, ist umstritten.

Wenn es um die Bäume in der Innenstadt geht, bleibt Streit nicht aus. Etwa 20 Jahre ist der Krach um die Kastanien her, die im Zuge der Innenstadtsanierung ersetzt wurden. Nun sollen drei Winterlinden, siebeneinhalb und neun Meter hoch, rechts und links neben dem Bushäuschen umgeschnitten werden. Vor allem der Baum direkt neben der Ampel soll stark geschädigt sein. Laut Untersuchung könnten Äste brechen oder der ganze Baum auf Straße oder Gehsteig stürzen. Im Bauausschuss war man sich mehrheitlich einig, alle drei Linden auf einmal zu fällen. Hardi Lenk (SPD) hatte darauf hingewiesen, dass es sich um sensible Standorte handle. Er betonte damals auch, dass es den originalen Baum, an dem Albert Grauvogel von den Nazis erhängt wurde, nicht mehr gebe. Die bestehende Linde wurde ihm zufolge erst später gepflanzt. Nach dem Baumgutachten, das 2005 während des Kastanien-Streits erstellt wurde, ist die Winterlinde circa 50 Jahre alt.

Vor der Linde direkt an der Ampel ist im Boden eine Tafel zur Erinnerung an die Opfer der Penzberger Mordnacht eingelassen. (Foto: Alexandra Vecchiato)

Dem widerspricht Max Kapfer vehement: "Penzberger Bürger können bezeugen, dass es diese Bäume sind, und dass sie seitdem nicht ersetzt wurden. Deshalb sind sie ein Denkmal und sollten so lange wie möglich erhalten bleiben." Mit Unterstützung des Penzbergers Arthur Weiglmeier möchte der Verein das Rathaus zum Umdenken bewegen. Umgehend habe man sich nach der Bauausschusssitzung schriftlich an Bürgermeister Stefan Korpan (CSU) gewandt, so Kapfer. Eine Antwort steht bis heute aus.

Abschubfinanzierung für Zweitgutachten

Aus Sicht des Denkmalvereins reicht es nicht aus, dass die städtische Baumkontrolleurin Anita Suttner die Winterlinden begutachtete. Erst in diesem Sommer hätte die Natur die Untersuchungsergebnisse Lügen gestraft. Bei dem Unwetter im Juli, während dem im Stadtgebiet reihenweise Bäume umgestürzt waren, blieben die "historischen Bäume" an der Bahnhofstraße stehen - obschon eine "zügig voranschreitende Fäule" ihre Standsicherheit gefährden solle. Kapfer und Weiglmeier fordern daher ein Zweitgutachten. Sie schlagen vor, die vereidigte Sachverständige Karla Melka-Müller aus Rosenheim damit zu beauftragen. Melka-Müller hatte 2005 die Kastanien in der Innenstadt begutachtet. "Ich vermute, das kostet um die 1500 Euro", sagt Kapfer. Diese Summe sollte die Stadt in die Hand nehmen. So viel müssten ihr die "historischen Bäume" wert sein. Der Verein leistet eine Anschubfinanzierung in Höhe von 400 Euro. Spenden sind erwünscht.

Kapfer verweist zudem auf eine Studie aus Spanien, die Daten aus 93 europäischen Städten auswertet. Sie kommt zum Ergebnis, dass der Kühleffekt einer 20 Jahre alten Linde mit dem Energieverbrauch von 21 Kühlschränken zu vergleichen sei. Der Kühleffekt einer 80 Jahre alten Linde "ist beinahe zehnmal so hoch und vergleichbar mit einem Energieverbrauch von 208 Kühlschränken", zitiert Kapfer.

Am Samstag, 30. September, wird der Penzberger Denkmalverein von 10 bis 13 Uhr einen Infostand am Stadtplatz vor den Linden aufbauen, um zu informieren und mit den Bürgern zu diskutieren.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: