Oldtimer im Landkreis:Von Schrott zum Schmuckstück

Lesezeit: 3 min

Von Schrott... (Foto: privat/oh)

Ulrich Benning restaurierte mit der Hilfe von Spezialisten einen Porsche 356 aus dem Jahr 1964. Damit nimmt er an Rallyes teil und genießt die Landschaft des Isarwinkels.

Von Lorenz Szimhardt, Bad Tölz-Wolfratshausen

Wer vergangenes Wochenende im Landkreis unterwegs war, dem sind vielleicht die ungewöhnlich vielen Oldtimer auf den Straßen aufgefallen. Dass mehr alte Karossen als üblich durch die Landschaft des Isarwinkels getuckert sind, lag jedoch nicht nur am sonnigen Wetter und den warmen Temperaturen, sondern vor allem an diversen Oldtimer-Rallyes. Bei diesen ging es jedoch nicht, wie bei vielen anderen Rallyes, um Geschwindigkeit. Es handelte sich hierbei nämlich um sogenanntes Gleichmäßigkeitsfahren. An einem solchen Wettbewerb nahm auch Ulrich Benning teil. Der 71-Jährige fährt einen Porsche 356 aus dem Jahr 1964. Diesen hat er mit Hilfe von Spezialisten von Grund auf restauriert. Sozusagen "von Schrott zu Schmuckstück", wie Benning selbst sagt.

...zum Schmuckstück. (Foto: privat/oh)

Oldtimer seien schon lange eines seiner Hobbys. Bereits vor "Urzeiten", vor circa 30 Jahren, habe er einmal einen Porsche restauriert, sagt Benning. In den letzten 15 Jahren habe er sich dann noch intensiver mit dem Thema auseinandergesetzt. Seinen jetzigen Oldtimer - einen Porsche 356C deutscher Auslieferung - habe der frühere Lufthansa-Pilot 2014 von einem Bekannten gekauft. "Dieses Schrottding" in seinen jetzigen Zustand zu versetzen, habe ganze sechs Jahre lang gedauert, erzählt Benning. Eine solche Restauration "von Grund auf" habe er jedoch auch gewollt, denn "nur so weiß man, was man hat". Allein die Blecharbeiten hätten drei Jahre in Anspruch genommen. Bei diesen sei er durch einen Penzberger Karosseriebetrieb unterstützt worden.

Hier der Porsche während der Restaurierung. (Foto: privat/oh)

"Gewisse Sachen kann man einfach nicht selbst machen", merkt Benning dazu an. Dazu gehöre zum Beispiel auch das Lackieren des Autos oder das Beziehen der Sitze. "Man kann ja nicht einfach mit der Spraypistole in der eigenen Garage ein Fahrzeug lackieren", führt er weiter aus. "Da braucht man definitiv professionelle Hilfe". Die Restaurierung habe ihn alles in allem circa 110 000 Euro gekostet. Fehlende Teile habe er vor allem über das Internet oder die Classic-Abteilung von Porsche bezogen. Diese sei auf das Nachrestaurieren gewisser alter Teile spezialisiert. Darauf habe er jedoch nur zurückgegriffen, wenn bestimmte Teile des Schrott-Porsche nicht wieder herstellbar waren, sagt Benning. Wenn er mit seinem Schmuckstück unterwegs ist, zum Beispiel bei einer Rallye, lasse er besondere Vorsicht walten. "Da muss man schon aufpassen, das ist klar".

Nahaufnahme eines Schadens am Porsche vor der Restaurierung. (Foto: privat/oh)

Dass er an einem Gleichmäßigkeitsfahren und keinem Gleichmäßigkeitsrennen teilnimmt, ist Benning besonders wichtig. "Man fährt ja nicht auf einer Rennstrecke, um Spitzenzeiten zu erreichen, wie in der Formel 1". Stattdessen sei, wie der Name es vermuten lässt, die Gleichmäßigkeit für das Abschneiden entscheidend. Diese werde durch sogenannte Wertungsprüfungen ermittelt. Diese Prüfungen fänden auf sehr wenig befahrenen Straßen oder Wirtschaftswegen, auf denen normal nur Traktoren fahren, statt, sagt Benning. Die Prüfung beginne an einem Schild und ende an einer Lichtschranke. Die dazwischenliegende Strecke, meist zwischen 100 und 150 Meter, müsse man dann in einer vorgegebenen Zeit zurücklegen. Die Abweichung von dieser Zielzeit werde von der Lichtschranke in Hundertstelsekunden gemessen - je geringer die Abweichung desto besser, erklärt Benning. Am Ende würden schließlich die Abweichungen addiert und somit der Gesamtsieger ermittelt.

Ganz Oldschool: Das Lenkrad mit Holzkranz sowie zeitgemäßes Radio und Armaturen nach der Restaurierung. (Foto: privat/oh)

"Das ist schon sehr schwer", meint Benning. Man müsse das selbst einfach einmal ausprobieren: 50 Meter, zum Beispiel von einem Leitpfosten zum nächsten, und zehn Sekunden Zeit - nicht eine Sekunde mehr oder weniger. "Da bekommt man dann glaube ich ein ganz gutes Bild davon, wie schwierig das Ganze ist". Es gebe jedoch auch noch andere Formen der Wertungsprüfung - so zum Beispiel das Halten einer bestimmten Geschwindigkeit über eine gewisse Strecke. Auch bei dieser Prüfung sei die Abweichung von Zielwert und tatsächlichem Wert, hier Geschwindigkeit, entscheidend.

Gleichmäßigkeitsfahren ist Teamarbeit - "ohne Beifahrer geht das nicht"

Eine weitere Schwierigkeit solcher Oldtimer-Rallyes ist die Navigation: Die Streckenführung der Rallye sei nämlich nur in einem sogenannten Roadbook niedergeschrieben, erzählt Benning. Anhand der Zeichen und Hinweise, die das Buch preisgibt, müsse dann der richtige Weg gefunden werden. Dies sei eine der Aufgaben des Beifahrers oder der Beifahrerin. "Das ist eine Teamarbeit, ohne Beifahrer geht das nicht", sagt Benning. Er fahre mit seiner Ehefrau Christina zusammen. Diese Zusammenarbeit im Team macht für Benning dabei den Reiz aus. Aber auch das "Drumherum" bei solchen Veranstaltungen und die Streckenführung selbst begeistern den Oldtimer-Fan.

Ulrich und Christina Benning: Sie übernimmt als Beifahrerin die Navigation, damit er sich voll auf das Fahren konzentrieren kann. (Foto: privat/oh)

Die Kritik an solchen Oldtimer-Rallyes aus Umweltgründen könne er nur bedingt verstehen. "Oldtimer sind eine historische Sache", sagt Benning. Damit würde man die Vergangenheit am Leben halten. Außerdem würden mit solchen Autos maximal 1500 Kilometer jährlich zurückgelegt, da sie keine Fahrzeuge des täglichen Gebrauchs seien. "Wenn wir dann mit so etwas anfangen, müssen wir überall Hand anlegen", führt er weiter aus - im Sinne von: wer A sagt, muss auch B sagen. Dann dürften keine Motorräder mehr fahren und auch über das Fliegen müsse definitiv stärker diskutiert werden, meint Benning. "Da kommt man dann von einem ins andere". Mit seinem Porsche, der auf 100 Kilometern im Schnitt circa zehn Liter Benzin verbraucht, fahre er - wie die meisten anderen Oldtimer-Fahrer - auch nicht das ganze Jahr, sondern nur von April bis Oktober mit Saisonkennzeichen.

Die Innenausstattung aus rotem Leder. (Foto: privat/oh)

In diesem Zeitraum ist Benning mit seinem Schmuckstück besonders gerne hier im Landkreis unterwegs. Seine Lieblingsstrecke führt vom Sylvensteinspeicher in Richtung Lenggries und anschließend nach Bad Tölz. "Das ist schon echt eine sehr schöne Strecke, vor allem landschaftlich", sagt der Oldtimer-Fahrer.

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