Oberbayern:Wie sexy darf eine Türklinke sein?

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Die Stadt stört sich an diesem Türgriff zum Dessous-Laden. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Bad Tölz streitet gerade über den Türgriff eines Reizwäsche-Herstellers. Man fürchtet gar Zustände wie auf der Reeperbahn.

Kolumne von Klaus Schieder

Meist sind es bloß Marginalien, die der Bauausschuss des Tölzer Stadtrats behandelt: die Veränderungssperre für das Alpamare-Areal zum Beispiel, ein neuer Kreisverkehr, ein altes Sanatorium, das der Besitzer verfallen lässt. So was eben, eher fade. Zum Themensortiment gehören obendrein die geplanten Häuserblöcke mit sauteuren Eigentumswohnungen, mit denen die immer gleichen Bauträgerfirmen zu ihrem Gedeih halb Tölz zukleistern, wobei ihre Vertreter stets wie personifizierte Ausrufezeichen den Sitzungen beiwohnen.

Am Dienstag wurde es aber wirklich mal interessant: Da ging es um einen Türgriff. Wer jetzt meint, nicht richtig gelesen zu haben, dem sei es wiederholt: einen Türgriff! Der ziert den Eingang einer niederländischen Niederlassung für Hasenoveralls und Dessous in der Marktstraße und zeigt eine rosafarbene Schleife, vermutlich in Analogie ähnlicher Ornamentik auf dem Bund von Damenslips. Damit erlebt Tölz beinahe schon so was wie einen Skandal.

Das geht nun wahrlich nicht in einer konservativen Flaniermeile mit ihren Trachtenläden, Banken und Cafés, wo Denkmalschutz und kommunale Werbeanlagensatzung paragrafenmäßig derart verschlungen sind, dass selbst Schriftgröße und Farbe des Namensschilds auf einem Briefkasten vorgeschrieben sind. Noch dazu hängt der Rosaschleifengriff so hoch, dass der Kunde förmlich mit der Nase darauf gestoßen werde, wie Stadträtin Andrea Grundhuber (Grüne) kritisierte.

Auf Brusthöhe wäre gewiss besser und würde passgenau zur Ware passen. Nur jemand wie Robert Paintinger (FWG), der sich orientierungslos durch städtische Verordnungen schlägt wie durch Kleiderständer im Schlussverkauf, fragte nach, warum sich die Stadträte über einen Türgriff unterhalten müssen. Nun ja: Weil der Dessous-Hersteller nicht die Chuzpe hatte, eine leicht bekleidete Dame in blinkender Leuchtreklame auf dem Griff anzubringen. Darüber hätte es kaum eine Debatte gegeben. Ob solcher Reeperbahn-Reminiszenz hätten Stadt und Landratsamt bestimmt die Polizei alarmiert.

© SZ vom 12.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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