Nilpferddame Amanda:Das schönste Gefühl der Welt

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Bauchredner Sebastian Reich gelingt mit seiner Handpuppe Amanda, das Publikum in der Wolfratshauser Loisachhalle mit Witz und Selbstironie glücklich zu machen.

Von Benjamin Engel, Wolfratshausen

Was den Menschen glücklich macht, hat sich längst zum lohnenden Geschäftsfeld entwickelt. Das zeigt schon der boomende Markt der Ratgeberliteratur. Ob diese das Leben wirklich glücklicher macht, bleibt offen. Vielleicht hat Amanda die bessere Methode, indem sie einfach singt. "Glücklich ist, wer vergisst, was nicht mehr zu ändern ist", schmettert sie den Refrain aus dem berühmten Lied der Operette "Die Fledermaus" von Johann Strauß - und das Publikum in der Wolfratshauser Loisachhalle ist begeistert. Um die Besucher zum Lachen zu bringen und damit glücklich zu machen, braucht Sebastian Reich eigentlich nur mit Amanda auf die Bühne zu kommen. Das plüschige Nilpferd ist die Sprechpuppe des Würzburger Bauchredners, der durch seine Auftritte bei der Fastnacht in Veitshöchheim weit über Franken hinaus bekannt geworden ist.

In seinem neuen Programm "Glückskeks" macht sich Sebastian Reich auf die Suche nach dem erstrebenswertesten Ziel des Menschen. Zumindest während seines Auftritts in der Loisachhalle können die Besucher diesem Zustand nahekommen und ihre Alltagssorgen für etwas mehr als zwei Stunden vergessen. Dafür braucht der gelernte Bäcker und Konditor keine intellektuell ausdifferenzierte Glücksphilosophie.

Aus dem Off kündigt die Stimme von Wolfgang Krebs alias Horst Seehofer den Auftritt von Amanda und Sebastian Reich an - und der Streit ist programmiert. Denn die Ansage gefällt Amanda überhaupt nicht. Jetzt denke womöglich jeder sie seien verheiratet, mokiert sich das freche Nilpferd. Und darauf hat es keine Lust. "Ich werd' doch niemals 'nen Kerl heiraten, der mit Puppen spielt", erklärt Amanda. Bei so viel Selbstironie muss das Publikum einfach lachen.

Seit Sebastian Reich vor sieben Jahren erstmals in der im Fernsehen übertragenen Fastnachtssitzung aus Veitshöchheim aufgetreten ist, hat Amanda ein Eigenleben entwickelt. Wie er selbst bekennt, sei das Nilpferd einfach "immer da". Und das selbst abseits der Bühne - im Alltag bis hin zum Einkaufen. Gehe er durch die Fußgängerzone, höre er zwei Sätze fast immer, erzählt er. Entweder heiße es "Des is a" oder "Ja, wo isse denn".

Reich beginnt zu plaudern. Neulich habe er Amanda am Flughafen im Handgepäck gehabt. Die Zollbeamten hätten wissen wollen, was in seiner Tasche sei. Darauf habe er geantwortet, dass dort ein Nilpferd sei und Amanda gleich einmal rufen lassen: "Hilfe, ich bin gefangen." Darauf hätten ihn die Beamten sofort in einen separaten Raum abgeführt. "Ich bin als illegaler Tierschmuggler rein und als bekloppter Puppenspieler wieder raus."

Mit solchen Anekdoten macht der Bauchredner sein Publikum glücklich. Das bezieht er in die Show ein. So hat er auf jeden Stuhl extra eine Karte auslegen lassen, auf der die Gäste notieren sollen, was sie glücklich macht. Kurz vor und nach der Pause zieht er die Karten aus einer Box und liest vor. Zwei junge Besucher - Brüder - haben sich gegenseitig ein Selfie mit Amanda gewünscht. Das bekommen sie noch während der Show, weil Reich sie sofort auf die Bühne bittet. So einfach kann das Glück sein. Das ist übrigens bei Reich gar nicht so verschieden. Persönlich habe ihn das im Vorjahr erschienene Rezeptbuch "Amandas Backträume" glücklich gemacht, verrät er. Schließlich sei er gelernter Bäcker und Konditor.

Doch der Puppenfundus von Reich umfasst mehr als Amanda. "Herr Esel" taucht auf und erweist sich als plumper Party-Gag-Possenreißer. Was ein Cowboy ohne Pferd sei, fragt er und beantwortet das gleich selbst: "Ein Sattelschlepper, natürlich". Und auf dem Grabstein eines Bäckers stehe "Der Ofen ist aus". Das sind eher flache Witze. Das Publikum lacht dennoch begeistert mit. Dann sind da noch ein greisenhaft gealterter Liebesgott Amor mit klapprigem Körper und weißem Rauschebart, der der ewigen Single-Nilpferddame beim Verkuppeln hilft. Ein Höhepunkt ist der Auftritt von Marzipan-Glücksschwein Pig Nick. "Was mich ganz besonders traurig macht, ich habe noch nie Glück gebracht", singt es herzzerreißend und erinnert an die Unternehmen, für die es als Glücksbringer diente: Air Berlin, Volkswagen und den Münchner Fußballverein TSV 1860.

Allein schon, wie Reich seinen Figuren eine plastische Lebendigkeit verleiht und sie dann auch noch singen lässt, ohne dass eine Mundbewegung zu erkennen ist, kann faszinierend sein. Manchmal liegt das Glück in den scheinbar einfachen Dingen.

© SZ vom 19.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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