Die neue Baumschutzverordnung soll das Bewusstsein schärfen, macht es aber den Eigentümern in bestimmten Ausnahmefällen sogar leichter, Bäume zu fällen. Bisher durften Laubbäume nur bei einem Stammumfang von höchstens 60 Zentimetern und einer maximalen Größe von vier Metern gefällt werden. In der neuen Fassung fällt die Höhenbeschränkung weg. Gleiches gilt für Nadelbäume mit einem Umfang bis maximal 80 Zentimeter.
Für den Schäftlarner Bauamtsleiter Stefan Jocher ist das sinnvoll. Denn jetzt könnten Eigentümer beispielsweise hoch aufgeschossene Thujenhecken in Ausnahmefällen entfernen, ohne eine Genehmigung einzuholen. "Diese Nadelbäume sind ja nicht heimisch", sagt er. Auch der Fraktionssprecher der Grünen im Gemeinderat, Christian Lankes, wertet die am Mittwoch einstimmig verabschiedete Neufassung positiv. "Sinn und Zweck war, dass die Baumschutzverordnung wieder mehr ins Bewusstsein kommt, präsenter wird", sagt er auf Nachfrage.
Auf Antrag der Schäftlarner Grünen hatte die Gemeinde die seit 2000 geltende frühere Baumschutzverordnung gemeinsam mit der Unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt München überprüfen lassen. Als Grundlage der Neufassung dienten die Regelungen der Gemeinde Pullach mit Grünen-Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund. Für Lankes ist mit der Überarbeitung das Ziel erreicht. Die neue Fassung enthalte zwar keine Verschärfungen. Doch jeder sollte wissen, dass die Verordnung ein Werkzeug sei, das die Gemeinde einsetzen könne. Er sehe keine Aufweichung, sondern eine Anpassung.
Denn die alte Fassung hätten viele kaum noch ernst genommen. "Da standen auch noch D-Mark-Beträge drin. Das haben wir jetzt korrigiert." Der laxe Umgang mit den Regelungen solle durch die öffentliche Debatte verändert werden. Denn die Verordnung enthalte Verbote zum Schutz der Bäume. Um das dauerhaft ins Bewusstsein zu rufen, könnte sich Lankes vorstellen, dass der Text regelmäßig im Gemeindeblatt veröffentlicht wird. Er betont, den Grünen gehe es vor allem um den Erhalt wertvoller Laubbäume. Dass jemand durch Fällungen Fakten schaffe und dann verhandelt werde, solle verhindert werden.
Lankes nennt als Hintergrund für den Vorstoß der Grünen die Fällungen von 32 Spitzahornen und Linden in einer Allee in Ebenhausen zu Jahresbeginn. Der Eigentümer hatte die Bäume auf seinem Privatgrundstück zwischen Kreuzweg und Schlosserstraße radikal zugeschnitten. Bei jedem Exemplar war kaum mehr als der nackte Rumpf stehen geblieben. Die Empörung unter den Ebenhausern war groß. Allerdings ist die Baumschutzverordnung nach Einschätzung der Kommune für diesen Fall gar nicht gültig. Denn sie umfasst nur Bäume und als Ersatzpflanzung festgesetzte Gehölze innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile. Gleichwohl prüft die Untere Naturschutzbehörde im Landratsamt München den Fall. Mit einem Ergebnis rechnet eine Behörden-Sprecherin noch im Laufe des Sommers.