Neue Strategie:Raiffeisenbank streicht jede elfte Stelle

Lesezeit: 2 min

Die Vorstände Manfred Gasteiger (l.) und Hansjörg Hegele. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Nach der Fusion der Häuser in Bad Tölz und Miesbach soll die Zahl der Mitarbeiter sinken - ohne Kündigungen.

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Wer sein Konto bei der Raiffeisenbank Tölzer Land hat, kann Kreditkarte, IBAN-Nummer, Schecks und Überweisungszettel erst einmal behalten: Die Fusion der Raiffeisenbanken Bad Tölz und Miesbach soll für die Kunden kaum zu spüren sein. Der Zusammenschluss beider Häuser zur Raiffeisenbank Oberland eG ist jetzt beschlossene Sache. Die Vertreterversammlung in Tölz billigte diesen Schritt am Montag mit 86 Prozent der Stimmen, in Miesbach gab es am Dienstag sogar 100 Prozent Zustimmung. Durch die Vereinigung wolle man "die Unabhängigkeit und Sicherheit der Raiffeisenbanken im Oberland wahren", sagte Hansjörg Hegele, Vorstandsvorsitzender in Tölz.

Andernfalls hätte die Gefahr einer Zersplitterung bestanden: Miesbach wäre womöglich zum Standort Rosenheim-Chiemsee gekommen, Bad Tölz zur Raiba Münchner Land. "Uns war es wichtig, den Banken-Standort im Oberland zu sichern", sagte der stellvertretende Vorstandsvorsitzende Manfred Gasteiger. Weil die Raiffeisenbank Oberland in Miesbach größer ist als jene in der Kurstadt, behält sie ihren Namen und ist das übernehmende Institut. Der juristische Sitz ist allerdings in Tölz. Die wenigen Abweichler in der Tölzer Vertreterversammlung könnten damit laut Hegele vielleicht gegen die Schließung der Filialen in Deining und Lochen im vorigen Jahr protestiert haben. Mit der Fusion werde aber die Wettbewerbsfähigkeit gestärkt, der Liquiditätsfaktor optimiert und die Digitalisierung leichter bewältigt.

Die neue Raiffeisenbank Oberland wird künftig knapp 260 Mitarbeiter haben. In Bad Tölz sind es bisher 161, davon 56 Teilzeitbeschäftigte und neun Auszubildende. Durch die Fusion sollen 25 Vollzeitstellen wegfallen. Dies soll ohne Kündigungen geschehen. 20 Mitarbeiter würden demnächst altersbedingt ausscheiden, so Hegele. Weitere 20 müssen sich darauf einstellen, in Miesbach anstatt in Bad Tölz - oder umgekehrt - zu arbeiten. Am Geschäftsstellennetz soll sich nichts ändern. 2017 wurde erst die neue Filiale in Egling mitsamt zwei dahinter liegenden Doppelhaushälften für 1,7 Millionen Euro eingeweiht. Die fusionierte Raiffeisenbank hat zusammengerechnet eine Bilanzsumme von 1,1 Milliarden Euro, ein Kundenanlage-Volumen von 1,3 Milliarden Euro und ein Gesamtbetriebsergebnis von 8,6 Millionen Euro. Wie Gasteiger erklärte, steige die Kreditvergabe-Grenze mit der Vereinigung von 3,8 auf mehr als elf Millionen Euro. Damit müsse ein junger Unternehmer, den man als Kunden habe, nicht noch eine Zweit- oder Drittbank hinzunehmen, sobald er mit seiner Firma erfolgreich sei. Die Bilanz der Raiffeisenbank Tölzer Land für 2016 bezeichnete Hegele als zufriedenstellend. Die Bilanzsumme stieg um zehn Prozent auf 424 Millionen Euro, das Kreditvolumen um 22 Prozent auf 360 Millionen, das Anlage-Volumen um 47 Millionen auf 584 Millionen Euro.

Allerdings macht den Raiffeisenbanken die Niedrigzinspolitik des EZB-Präsidenten Marion Draghi schwer zu schaffen. Den kleineren Banken werde ein Rückgang der Profitabilität um 25 Prozent bis zum Jahr 2020 prognostiziert, sagte Gasteiger. Die Zinserträge in Tölz sanken 2016 von knapp 9,6 auf 8,8 Millionen Euro. "Die Margen und Einlagen im Kreditbereich sinken extrem, wir sind ja keine Investmentbanker und spekulieren nicht an den Finanzmärkten", so Gasteiger. Durch Draghis Politik hätte die Tölzer Raiffeisenbank auch dann eine halbe Million Euro verloren, wenn sie das ganze Jahr geschlossen gewesen wäre. Minus-Zinsen berechnet sie gleichwohl nur Kommunen. Das sei weder für Privat- noch für Firmenkunden beabsichtigt, sagte Gasteiger und fügte vorsichtig "derzeit nicht" an.

Die Fusion ist für Andreas Strohm der Schlussakkord in seinem Berufsleben. Der stellvertretende Vorstandsvorsitzende, der in Altersteilzeit geht, kam 2002 von der Münchner Bank zur damaligen Raiffeisenbank Dietramszell-Thanning. Die Gründung der Raiba Tölzer Land mit dem Neubau auf der Flinthöhe, die Fusion mit der Raiba Isarwinkel in Lenggries, jetzt der Zusammenschluss mit Miesbach - Strohm hatte viel zu tun. In seinem Büro mit Blick auf die Berge sei er oft bis spätnachts gesessen, so Gasteiger. Mit seinem "weit überdurchschnittlichen Einsatz" habe Strohm das Haus in Bad Tölz geprägt und hinterlasse große Fußstapfen.

© SZ vom 18.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: