Nazi-Widmung:Streit um den "Wenzberg"

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Die Straße in Icking ist dem Architekten Paul Wenz gewidmet, der im Ort SA-Truppführer gewesen sein soll. Bürger fordern eine Umbenennung.

Von Claudia Koestler, Icking

In Icking ist ein Streit über eine Hauptstraße entbrannt, die einem Nationalsozialisten gewidmet ist: der Wenzberg, benannt nach dem 1939 verstorbenen Architekten Paul Wenz. In einem Bericht der Süddeutschen Zeitung kam ans Licht, dass Wenz wohl nicht nur mit den Nazis sympathisierte: Er soll SA-Truppführer in Icking gewesen sein, seine Frau Else Wenz-Viëtor Frauenschaftsleiterin. Eine Verbindung zum Dritten Reich, die in der Gemeinde offenbar in Vergessenheit geraten war, nun aber für Empörung und den Ruf nach Umbenennung sorgt.

Der Ickinger Christoph Kessler, der als Veranstalter hochkarätiger klassischer Konzertreihen bis zu seinem Rückzug 2016 das kulturelle Leben in der Region prägte, hat dazu einen offenen Brief an die Gemeinde geschrieben. Darin entsetzt er sich, dass der Straßenname in den Nachkriegsjahren beibehalten wurde - "ohne Reflexion?", fragt er. Die Gemeinde Icking sei über diese nicht geänderte Namensgebung "dem Geist vergangener unseliger Nazizeiten und deren Repräsentanten leider verhaftet geblieben". Doch die Widmung der Straße, die eine Verbindung zwischen S-Bahnhof, Kinderkrippe, Schulgelände sowie Wohngebieten darstellt, sei "nicht geeignet, unsere jetzige freiheitliche und Grenzen überwindende Kultur zu verdeutlichen". Für ihn ist die Namensgebung ein "Relikt der Achtung von vergangenen Nazigrößen in unserer Gemeinde". Dies sollte Icking und dessen Rat nicht weiter mittragen, schreibt er. Kessler fordert deshalb, "dass der Nazi-Vergangenheit an solch einer zentralen Straße Ickings ein Ende gesetzt wird".

Der Wenzberg verbindet S-Bahnhof, Kinderkrippe, Schulgelände und Wohngebiete. (Foto: Hartmut Pöstges)

Erst 2014 hatte der Gemeinderat der Isartalgemeinde unter anderem Adolf Hitler, Paul von Hindenburg und Ritter Franz von Epp die Ehrenbürgerschaft aberkannt. Die Gemeinderäte sprachen damals von einer moralischen Verpflichtung. Bürgermeisterin Margit Menrad (UBI) erklärt nun auf Nachfrage, dass ihr die Verbindung des Architekten Wenz und seiner Ehefrau zu den Nazis bislang nicht bekannt gewesen sei. Die Rathauschefin verweist auf den Gemeindearchivar Peter Schweiger. Dieser wiederum bestätigt, "dass zumindest noch die alten Ickinger von Wenz' Verbindung zu den Nazis wussten". Seines Wissens sei er aber "eher eine kleine Nummer" gewesen. Dennoch habe er sich "schon gewundert, warum das Thema so spät erst hochkocht". Schweiger geht aber davon aus, dass außer dem Wenzberg keine weiteren Straßen in der Gemeinde nach Nationalsozialisten benannt und damit ähnlich historisch belastet sein dürften.

Menrad will das Problem nun aufarbeiten und eine mögliche Umbenennung mit den Gemeinderäten besprechen, zuvor aber die Anlieger des Wenzbergs befragen. "Das wird also nicht mehr auf die Agenda der nächsten Sitzung kommen", sagt sie.

Eine Umwidmung sei allerdings meist "ein zweischneidiges Schwert", gibt Schweiger zu bedenken. Denn sie sei mit Unannehmlichkeiten für die Anlieger verbunden, etwa wenn sie sämtliche Adressen ändern müssten. "Wir müssen die Sache pragmatisch angehen und sachlich mit dem Thema umgehen", fordert Schweiger. Ihm zufolge gründe nun der Historische Verein eine Arbeitsgemeinschaft, um die Verbindung des Ickinger Architekten zu den Nazis aufzuarbeiten und somit die Gemeinde in ihrem künftigen Umgang mit der Person Wenz zu unterstützen.

© SZ vom 05.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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