Öffentlicher Nahverkehr:"Meilenstein für die Region"

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Für das Busfahren im Landkreis gilt von 10. Dezember an: ein Netz, ein Fahrplan, ein Tarif, ein Ticket für alle Verkehrsmittel. (Foto: Hartmut Pöstges)

Mit dem Beitritt des gesamten Landkreises zum MVV wird das System einheitlich und die Preise meist günstiger. So soll die Mobilitätswende gefördert werden.

Von Petra Schneider, Bad Tölz-Wolfratshausen

Der Stichtag ist bekannt: Am Sonntag, 10. Dezember, endet die Trennung des Landkreises in Nord und Süd beim Öffentlichen Nahverkehr. Denn ab diesem Fahrplanwechsel ist der gesamte Landkreis in den Münchner Verkehrs- und Tarifverbund (MVV) eingebunden. Der Regionalverkehr Oberbayern (RVO), der bisher die Buslinien im Südlandkreis bediente, ist raus. Ab dann gilt im gesamten Landkreis: ein Netz, ein Fahrplan, ein Tarif, ein Ticket für alle Verkehrsmittel. Durch diese Vereinfachung werden auch die Preise günstiger und der ÖPNV attraktiver. Das ist eine wichtige Voraussetzung, damit die Mobilitätswende Fahrt aufnimmt.

Seit 2020 der Landrat von Miesbach: Olaf von Löwis of Menar (69, CSU). (Foto: Manfred Neubauer)

Bei einem Pressetermin war Landrat Josef Niedermaier (FW) und seinem Miesbacher Kollegen Olaf von Löwis (CSU) die Freude anzumerken. Denn nach fünf Jahren harten Ringens werden nun die Landkreise Bad Tölz-Wolfratshausen, Miesbach, Rosenheim und die Kochelseebahn integriert. Folgen sollen Landsberg am Lech, Mühldorf und Weilheim-Schongau, 2026 dann Garmisch-Partenkirchen und Landshut. "Die Verbunderweiterung ist ein Meilenstein für die gesamte Region", sagte Niedermaier. "Ich bin unheimlich froh, dass wir das geschafft haben", betonte auch Löwis. Für ihn werde "ein Wunsch wahr".

15 bis 20 Prozent der Haushalte besitzen kein Auto

Die Bedeutung des ÖPNV für die Region machte Bernd Rosenbusch, Geschäftsführer beim MVV, anhand einiger Zahlen deutlich. 15 bis 20 Prozent der Haushalte besitzen kein Auto und sind auf den ÖPNV angewiesen. Ebenso 422 000 Pendler, die von außerhalb in den MVV-Raum kommen. Bisher hätten Fahrgäste dafür nicht selten drei Tickets lösen müssen: für den RVO-Bus zum Bahnhof, die Bayerische Regionalbahn (BRB) und die S-Bahn in München. "Wir sind eine mobile Region, aber wir hatten nicht das richtige Angebot." Im Jahr 2018 habe auch die Staatsregierung festgestellt, "dass das System nicht zukunftsfähig ist" und eine Überarbeitung angeregt. Das ist nun gelungen, auch wenn es "eine harte Nuss" gewesen sei und viel Geld koste, sagte Niedermaier.

Landrat Josef Niedermaier. (Foto: Harry Wolfsbauer)

So müssen Mindereinnahmen ausgeglichen werden, die Verkehrsunternehmen wie RVO oder BRB nun haben, weil die Ticketpreise gesunken sind. Bei der Schiene übernimmt der Freistaat 90 Prozent, den Rest der Landkreis. Bei den Bussen springt der Landkreis voll ein und schießt jährlich 240 000 Euro zu. Die große Abwägung sei immer: "Wie viel zahlt der Steuerzahler, wie viel der Nutzer", sagte Niedermaier. Für die Kunden ist die Abwägung gut ausgefallen. Denn durch den einheitlichen MVV-Tarif verringern sich die Fahrpreise in den allermeisten Fällen um acht bis neun Prozent, weil es nur noch einen Grundpreis gibt. Dazu kommen die Entfernungspreise, die auf der Basis des Münchner Zonensystems berechnet werden, das von sechs auf zwölf erweitert wurde. Der Landkreis Bad Tölz - Wolfratshausen wird in den Zonen zwei bis neun liegen. Der Preis richtet sich nach der Anzahl der befahrenen Zonen.

Einmal Tölz-München und zurück: 16,80 Euro

Anders ist das innerhalb eines Gemeindegebiets: Dort gilt der Kurzstreckentarif von 1,90 Euro, unabhängig von der Anzahl der Zonen. Rosenbusch rechnete einige Beispiele vor. Kostete eine Einzelfahrt von Benediktbeuern zum Bahnhof Bad Tölz bislang 6,60 Euro, sind es nun nur noch 3,90 Euro. Hin - und Rückfahrt von Tölz zum Münchner Hauptbahnhof, die mit dem Bayern Ticket bislang 27,00 Euro kosteten, reduzieren sich mit einer MVV-Tageskarte auf 16,80 Euro. Kunden bräuchten keine Tarifkenntnisse, sagte Matthias Schmid, Fachbereichsleiter ÖPNV im Landratsamt. Denn mit der MVV-App, über die man Tickets buchen und bezahlen kann, würden automatisch die günstigsten Preise berechnet. Mit der App erhält man neben Fahrtenvorschlägen auch Echtzeitinfos, außerdem sind die CO₂-Einsparungen im Vergleich zum Pkw hinterlegt. Auch Streifenkarten gibt es digital. Weil aber viele Kunden nicht auf die analoge Version verzichten wollten, seien Entwerter aufgestellt worden, in den Bussen gibt es Handstempler. "Das ist ein bisserl oldschool", sagte Niedermaier, werde aber gewünscht. Wer nicht mit dem Handy buchen und zahlen will, kann dies weiterhin bei Kundencentern, an Fahrbahnautomaten oder den Busfahrern. Auch das 365-Euro-Ticket gilt nun im gesamten Verbundraum. Künftig bekommen berechtigte Schülerinnen und Schüler von den jeweiligen Sachaufwandsträgern, also Landkreis oder Kommunen, ein 365-Euro-Ticket und können im gesamten Verbundraum fahren.

Noch gibt es keine Lösung zwischen Bund und Ländern für die Fortführung des Deutschlandtickets über April des kommenden Jahres hinaus. (Foto: Boris Roessler/dpa)

Wie es mit dem Deutschlandticket weitergeht, ist bisher nicht klar. Nach aktuellem Stand wird es bis 30. April verlängert, sagte Rosenbusch. Aber trotz dieses günstigen Angebots sei die Verbundraumerweiterung sinnvoll. Denn 70 Prozent der verkauften Fahrkarten machten Streifenkarten, Einzelfahrten oder Tageskarten aus. Für "Selten-Fahrer" oder Kunden, die den ÖPNV regelmäßig, aber nicht täglich nutzten, sei ein einfaches, landkreisübergreifendes Tarifsystem nötig.

Die Isarcard S sei günstiger als das Deutschlandticket

Weitere Angebote sind die Isarcard S für Bezieher staatlicher Leistungen, die sogar günstiger sei als das Deutschlandticket. Außerdem könnten Kommunen Gästekarten anbieten, die kostenlose Fahrten mit dem ÖPNV enthielten. In Bad Tölz, Bad Heilbrunn, Benediktbeuern, Jachenau, Kochel, Schlehdorf und Lenggries werde dies bereits ermöglicht.

Neu ist ein Kombi-Skiticket, das in München an den MVG-Automaten gekauft werden kann und für die Skigebiete Brauneck, Spitzing und Sudelfeld gilt. Busse und Haltestellen im Südlandkreis würden nach der MVV-Eingliederung nicht farblich umgestaltet, sagte Rosenbusch. Lediglich die Busnummern würden verändert. Die früher vierstelligen RVO-Nummern werden auf drei Stellen reduziert; Busse fahren im Landkreis nun mit den Nummern 300 bis 399.

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