Musical:Sister Act unterm Sternenzelt

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Beim Geretsrieder Kulturherbst verzaubert Espen Nowacki das Publikum mit "Musical Moments". Tolle Stimmen, große Auftritte und ein paar frivole Scherze

Von Petra Schneider, Geretsried

Mit Trommelwirbel und einem "Willkommen, Bienvenue, Welcome", begrüßt Espen Nowacki das Publikum im Zirkuszelt. It's Showtime, da dürfen rotes Licht und stilechte Kostüme der Tänzerinnen im "Cabaret" nicht fehlen - zumal die meisten Herren nicht freiwillig gekommen seien, wie Nowacki vermutet. Da braucht es zumindest eine "erotische Entdeckungsreise", um sie bei Laune zu halten. Die drei Herren aus dem Publikum, die die Tänzer auf die Bühne des Festzelts holen, sind jedenfalls schon mal gut gelaunt. Der Bernd zum Beispiel, "komm mal her, du bist ja niedlich", flötet eine der Tänzerinnen. Auch die Beine werfen die drei wacker beim Cancan. Der Geretsrieder Kulturherbst ist bunt, am Mittwochabend gehört das Zirkuszelt den Musical-Fans.

Tolle Kostüme und eine männliche Nonne. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Auf dem Programm steht die Show "Musical Moments", die bereits vor zwei Jahren mit großem Erfolg in der Loisachhalle gezeigt wurde. Auch im Geretsrieder Zirkuszelt sorgt sie für Begeisterung - wenngleich die Ränge am Mittwoch nur dünn besetzt sind. "Urlaub vom Alltag" versprechen Nowacki und sein siebenköpfiges Ensemble aus ausgebildeten Sängern und Tänzern.

Und Spaß macht diese Reise durch 40 Jahre Musicalgeschichte tatsächlich. Die Choreografie stammt von Dominik Halamek, der in Geretsried und Wolfratshausen aufgewachsen ist. Der diplomierte Bühnentänzer und international erfolgreiche Luftakrobat wird mit großem Applaus begrüßt. Seit zehn Jahren tourt "Musical Moments" durch Deutschland, das Konzept kommt an: Musik und Tanz, Kostüme und Kleider wie aus rüschigen Mädchenträumen, farbiges Licht, viel Gefühl, flottes Tempo, Spaß und Slapstick. Keine Experimente, die Produktion setzt auf Bewährtes. Aus bekannten Musicals werden die Ohrwürmer extrahiert: Phantom der Oper, Blues Brothers, Evita, Grease, Cats, Starlight Express sind nur einige. Der Wiedererkennungswert ist hoch, das macht den Reiz der Show aus. Denn bei Hits wie "Shake a Tail Feather" muss man einfach mitsingen - und man soll, denn das Publikum einzubeziehen ist Teil des Konzepts.

"Musical Moments" unterhält das Publikum bestens. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Und so wird dann nicht nur geklatscht und gesungen, sondern getwistet, geshaked und die Hände zu einer Schwanzfeder am Allerwertesten geformt. "Jetzt alle die Haare schütteln", ruft Nowacki. "Und wer keine mehr hat - einfach die Achselhaare." Der Norweger ist ein professioneller Entertainer und ein toller Schauspieler mit Abschluss an der renommierten Guildford School of Acting. Eindrucksvoll zeigt sich das in den Szenen aus Tanz der Vampire, die zu den dichtesten des Abends gehören: Kapuzengestalten streifen durch die Zuschauerreihen, die Musik düster, die Kostüme dunkel. Ein Vampir mit langen Fingernägeln, den Nowacki als rastlos Suchenden spielt, der von einer "unstillbaren Gier" angetrieben wird. Andächtige Stille herrscht da im Publikum - aber nur kurz, denn gleich geht es weiter mit einer männlichen Nonne, "Schwester Roswitha", die mit einem albern-frivolen Scherz zum Musical "Sister Act" überleitet.

Die Musik kommt vom Band, gesungen wird live. Vor allem Nadine Hammer und Stefanie Kock überzeugen mit tollen Stimmen. Auch Dominik Halamek hat mit Judith Seibert einen großen Auftritt: "Dirty Dancing", die legendäre Hebefigur, großer Applaus. Beim Finale ist wieder Mitmachen angesagt: Rocky Horror Show, der Time Warp. Eine kleine Choreografie wird einstudiert, und los gehts, mit einem Jump to the left. Die Geretsrieder sind begeistert dabei, sie hüpfen und schunkeln zu Udo Jürgens und Abba, bis Nowacki das tobende Zelt nach drei Stunden einbremst: Thank you for the Music: "Jetzt schwenken wir die Arme wie Steppengras."

© SZ vom 12.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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